Bettler 03 - Bettlers Ritt
Sache schon hundertmal gesagt hat. »Einen Systemexperten, um Suchprogramme, Datenorganisation und Algorithmen zu erstellen. Was Sie nicht haben können, ist ein Systemexperte, der in den Unterlagen einer Privatfirma herumschnüffelt, es sei denn, Sie haben ausreichende Beweise für einen Vertragsbruch seitens der Firma Kelvin-Castner, um einen Gerichtsbeschluß zu erwirken. Ich habe Ihnen schon erklärt, Jackson, daß Sie solche Beweise nicht haben.«
Nein. Alles, was er hatte, war der Ausdruck in Cazies Augen, für den er in all den Jahren der Beobachtung einen sechsten Sinn entwickelt hatte. Aber das gehörte nicht zu den Dingen, die zu einem Gerichtsbeschluß führten. Es führte nur zur Wahrheit.
»Sollte hingegen«, fuhr Winterton in seiner pedantischen Art fort, von der Jackson annahm, daß sich dahinter die Instinkte eines Weißen Hais verbargen, »Ihre fachliche Prüfung der angebotenen Daten im Verein mit jener des Systemexperten ausreichende Gründe für den Verdacht zutage fördern, daß Kelvin-Castner der vertraglich zugesicherten Offenlegung nicht nachkommt, dann liegt eine gerichtliche Aufforderung zur Vorlage der fraglichen Beweismittel durchaus im Bereich der Möglichkeiten.«
Also nahm auch Winterton an, daß das Gebäude das Gespräch aufzeichnete. Seine Worte waren eine Warnung an Castner.
Die Wand erhellte sich, und ein Holo von Thurmond Rogers erschien; er hatte ein liebenswürdiges Lächeln auf den Lippen. »Jackson! Welch eine Freude, daß du endlich vorbeigekommen bist, um dir ein persönliches Bild von unseren Fortschritten zu machen!«
»Ich glaube nicht, daß es bei der Freude bleibt«, erwiderte Jackson. »Das ist mein Rechtsanwalt Evan Winterton. Ein Systemexperte ist schon unterwegs von New York, zusammen mit zwei medizinischen Fachberatern. Wir werden uns deine Daten sehr sorgfältig ansehen, um uns zu versichern, daß alles hier vertragsgemäß abläuft.«
Rogers’ blieb standhaft bei seinem Lächeln. »Aber gewiß, Jackson. Eine Routinesache, wenn so viel auf dem Spiel steht, nicht wahr? Du bist uns herzlich willkommen.«
»Dann laß uns rein.«
»Nun ja, Jackson, das hier ist eine Hochsicherheitsanlage der Bio-Gefahrenstufe vier. Es gibt hier einen geschlossenen Luftkreislauf, das weißt du, und wir haben uns an die U.S.-Dekontaminationsvorschriften für Betriebsanlagen der Gruppe A zu halten. Niemand vom Forschungspersonal hat seit Beginn des Projekts das Gebäude verlassen. Wenn man drin ist, bleibt man drin. Aber Alex Castner hat in einem offen zugänglichen Teil von Kelvin-Castner eine Abteilung mit kompletten Computeranlagen für dich reservieren lassen. Die Räume sind äußerst komfortabel. Wenn du jetzt also bitte meinem Holo folgen willst…«
»Nein«, sagte Jackson. »Mein Team wird die komfortablen Räume benutzen, aber ich komme rein. In die Labors.«
Thurmonds Gesichtszüge bekamen einen gewichtigen Ausdruck. »Jackson, das ist nicht empfehlenswert. Ganz besonders nicht, wo doch deine Schwester so krank ist und anfällig für Infektionen. Sie ist nicht umgestellt, oder? Cazie hat mich darauf aufmerksam gemacht. Das Neuropharm ist in seiner gegenwärtigen Form zwar nicht übertragbar, aber es gibt keine Garantie, daß eine Version davon nicht mutieren könnte oder sogar mit Absicht so beschaffen ist, daß sie durch direkten Kontakt übertragen wird.«
»Ich komme rein«, sagte Jackson. »Es steht in meinem Vertrag.«
»Dann kann ich dich nicht aufhalten«, sagte Rogers.
Aus dem Fehlen jeglichen Zögerns schloß Jackson, daß diese Möglichkeit bereits vor seiner Ankunft durchdiskutiert worden war. Wenn er darauf besteht, dann müssen wir ihn dem Gesetz nach einlassen, hatte irgend jemand entschieden: Castner oder die Firmenanwälte oder die entsprechende Software für Rechtsfragen.
»Aber du mußt natürlich die ganze Dekontaminationsprozedur auf dich nehmen und dazu die Quarantäne, bevor du das Gebäude wieder verlassen kannst. Wenn Sie beide jetzt dem Holo folgen wollen, dann werde ich Sie zu Ihren respektiven Korridoren führen…«
Das Holo erstarrte.
Im selben Moment klingelte Wintertons ComLink. »Code-eins-Anruf, Mister Winterton, ich wiederhole, Code-eins-Anruf…«
»Sprechen Sie«, sagte Winterton. »Über Kabel, bitte.«
Erst da bemerkte Jackson den dünnen isolierten Draht, der sich diskret aus Wintertons Kragen zu seinem linken Ohr schlängelte. Die Code-eins-Anrufe seiner Firma mußten massiv verschlüsselt ankommen, doch sobald das
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