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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Macher!«
    »Na und? Jackson, es gibt immer mehr nicht umgestellte Kinder! Die brauchen Ärzte!«
    Wieder sah er im Geist das erschöpfte Gesicht des Arztes im Holo, den Sicherheitsschild rund um die Klinik und die Nutzer, die Jacksons Wohnhaus attackiert hatten, als Theresa allein daheim war. Trotz seiner Schwäche für die unbezähmbare Lizzie hatte er persönlich keineswegs den Wunsch, unter Nutzern zu praktizieren. Dafür hatte er nicht studiert.
    »Aus Mitleid zu handeln ist deutlich schwieriger, als es nur zu verspüren, nicht wahr?« sagte Vicki. »Aber auch viel befriedigender, auf lange Sicht. Glauben Sie mir, ich weiß es.«
    »Bisher habe ich noch nicht erlebt, daß Sie dachten, Sie würden etwas nicht wissen«, warf er trocken ein.
    Vicki lachte. »Sie haben recht.« Sie beugte sich zu ihm und küßte ihn.
    Das traf Jackson völlig unerwartet. Was machte sie da? Gewiß küßte sie ihn nicht nur deshalb, weil er wegen eines Nutzer-Kindes Tränen vergossen hatte… oder doch? Sie schien gar nicht dieser… doch dann verließ ihn jeder vernünftige Gedanke. Ihre Lippen waren weich, zarter als Cazies Lippen, und sie war größer und weniger gepolstert rundum als Cazie. Ihr Mund legte sich kurz auf den seinen, zog sich zurück und kehrte wieder. Jackson zog sie an sich, und ein elektrischer Schlag durchfuhr seinen Torso, ein Blitzschlag, der von seinem Mund ausging, durch die Brust hinabfuhr und mit einem scharfen, genußreichen Stoß in seinem Penis endete. Er drückte sie fester an sich.
    Vicki befreite sich aus seinen Armen. »Machen Sie sich ein paar Gedanken wegen der Klinik«, sagte sie. »Zwischen Ihren anderen Verpflichtungen natürlich. Da kommt sie.«
    Jackson wurde sich gewahr, daß eine Alarmklingel schrillte – schon die ganze Zeit, ohne jedoch seine Aufmerksamkeit zu erwecken. Und über das Geräusch hinweg hörte er Cazie schreien: »Jackson! Ich weiß, daß du hier irgendwo bist! Jack, zur Hölle, ich will mit dir reden!«
    Vicki lächelte. Sehr bedächtig zog sie den Vorhang zur Seite und rief: »Hier herüben, Cazie! Hier sind wir!«
    Cazie schritt aufrecht durch das lächerliche Gewirr schäbiger Möbel. Mit einem Blick erfaßte sie die Situation: Jackson neben Vickis Bett, Vicki, die mit einer Hand elegant den Vorhang zur Seite hielt, Jacksons erhitztes Gesicht und Vickis listige Miene. Wie erstarrt blieb Cazie stehen.
    »Wir sind hier fertig«, gurrte Vicki. »Wir sehen uns später, Jackson.« Sie zwinkerte ihm zu.
    Jackson hatte Angst, Cazie in die Augen zu sehen.
     
    1. April. Wahltag. Ein nasser Tag. Als Jackson in einem stickigen Verschlag des Stammesgebäudes im Distrikt Willoughby erwachte, hörte er den Regen auf das Dach trommeln.
    Er hatte nicht vorgehabt hierzubleiben. Doch am Vortag war er in ein Sperrfeuer aus RoboKameras und Reportern geraten, von denen zwei versucht hatten, ihn gegen die Hauswand zu drücken, um ihn zu identifizieren. Sie waren nahe genug gewesen, um seine GenMod-Augen zu bemerken. Er hatte sie abgeschüttelt und sich ins Gebäude geflüchtet, wo Lizzie darauf beharrte, daß er die Nacht beim Stamm verbringen sollte, wenn er nicht erkannt werden wollte. Vicki war zu einem anderen Stamm unterwegs. Das war Jackson ganz recht so.
    Er lag auf der harten Matratze aus nicht konsumierbarem Material und starrte in dem Halbdunkel auf zwei Wände aus SchaumStein, eine aus altem Blech mit Stützen aus abgebrochenen Stuhlbeinen und eine aus einem selbstgewebten graubraunen Vorhang. An der Blechwand hing ein Stoffbild, auf dem in lavendelblauem und scharlachrotem Garn die handgestickten Worte WILLKOMMEN, FREMDER standen. Daraus schloß Jackson, daß man ihn im Gästezimmer des Stammes untergebracht hatte.
    Er stand auf, streckte sich, schlüpfte in seine Hose und folgte dem allgemeinen Morgenlärm zum Zentrum des riesigen Gebäudes.
    »Morgen!« trällerte Lizzie. Ihre schwarzen Augen funkelten. Sie war zum Ausgehen gerüstet und trug Wanderstiefel. Dirk lag in einem türkisfarbenen Plastikkasten, der auf dem Boden stand, und versuchte mit seinen dicken kleinen Fäusten seine Zehen zu erreichen. »Heute ist der große Tag!«
    »Wo ist Shockey?« fragte Jackson. Er wünschte sich inständig eine Tasse Kaffee, die er nicht bekommen würde.
    »Beim Frühstück. Wie alle anderen, die sich nackt in den Nachrichten sehen möchten. Sind Sie hungrig?«
    »Nein«, log Jackson.
    »Gut. Jetzt wäre nämlich ein günstiger Zeitpunkt, Sie von hier wegzubringen, ehe die Reporter

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