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Bettler und Hase. Roman

Bettler und Hase. Roman

Titel: Bettler und Hase. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuomas Kyrö
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Wohltäter und wünschte ihnen das Allerbeste für ihr restliches Leben. Eine Pfote des Kaninchens ragte aus dem Tragetuch, die jungen Leute ergriffen sie der Reihe nach.
    Eines dürft ihr nie vergessen, Kinder: Habt Respekt vor allem, was ihr kriegen könnt.
    Die jungen Leute setzten ihre Reise mit dem Taxi fort, Vatanescu blieb allein zurück, zog den Naturführer von Ming aus der Jackentasche und schlug darin das Kapitel »Beeren« auf.

    Mikko Maukas, Eisenbahner in der dritten Generation, war damit beschäftigt, den Autoreisezug aus Helsinki zu entladen. Die Autos, die er von den Waggons herunterfuhr, wurden Jahr für Jahr größer, immer protziger wurden die City-Geländewagen, die von kleinen, sorgfältig geschminkten Frauen gelenkt wurden. Auf den Nummernschildern konnte man sämtliche Länder Europas lesen. Ab und zu war auch mal ein Bauunternehmer aus der hiesigen Region dabei, der im Süden billigere Deckenpaneele eingekauft hatte. Inzwischen hatte sich Maukas an die Touristen aus dem In- und Ausland gewöhnt, auch an ihre Automatikgetriebe und die üblichen Fragen. Gibt es hier Rentiere? Kann man mit Pfund oder Dollar zahlen? Darf man im Zug und im Flugzeug Rentiere mitnehmen, und wo kann man welche schießen? Warum spricht hier keiner Französisch? Mikkos Antwort bestand in dem Schmunzeln, das einem Mann des Nordens von Geburt an mitgegeben wird und das von Genervtheit bis Verliebtsein alles bedeuten konnte. Und da kam auch schon wieder einer von diesen Touristen oder Geldmenschen auf Mikko Maukas zu, in Winterklamotten, mit zwei Plastiktüten in der Hand. Manchmal versuchten sie bewusst, arm auszusehen, die Reichen, so wie dieser eine Möbelhausbesitzer, dachte Maukas. Wie hieß er noch?
    Vatanescu fragte, wo man hier Preiselbeeren und Blaubeeren finden könne. Mikko Maukas schaute den Geldmenschen an, der überhaupt nicht zu seiner Definition eines Beerenpflückers passte. Er fragte sich, warum der Kerl in Gleichnissen sprach. Warum sollte sich ein Autozug-Entlader mit kulturellen Besonderheiten auskennen? Beeren wurden von Schlitzaugen und Russen gepflückt. Das hatte nichts mit Rassismus zu tun, präzisierte Mikko, aber das sprach sich einfach leichter aus als »Philippine« oder »Ukrainer«. Die kamen im Lieferwagen hier an und trugen als Arbeitsklamotten genau solche Schlabbertrainingsanzüge, wie Mikko sie im Sommer bevorzugte. Die geldige Bagage wiederum, zu der allem Anschein nach der Mann gehörte, der jetzt vor ihm stand, wurde normalerweise von Mikkos Bruder vom Flughafen in Kittilä abgeholt. Anschließend fuhr man sie in der Gegend herum, zu ehemaligen, derzeitigen oder künftigen Bergwerken und Minen. Wollte man ein anständiges Trinkgeld haben, musste ein Internetanschluss da sein, Mineralwasser in spitz zulaufenden Flaschen und ein Ladegerät für den Laptop mit allen möglichen USB -Verbindungen.
    Mikko Maukas fragte Vatanescu, welches Fahrzeug ihm gehöre. War es der Volvo XC 90 , der noch auf dem Waggon stand? Jener für städtische Verhältnisse irrsinnig große Heffalump, der viel zu wenig Bodenfreiheit hatte, um im echten Gelände etwas zu taugen? Warum nicht, wenn man es sich leisten konnte, sein Ego mit so etwas zu stärken.
    Nein, ich meine echte Beeren. Wegen der Stollenschuhe.
    Mikko Maukas fuhr das silberne Auto vom Waggon, ließ den Motor laufen und nahm Vatanescus Unterschrift auf dem Übergabeformular entgegen. Vatanescu sagte nichts, sondern setzte sich einfach ans Steuer.
    Am Fahrersitz befanden sich Regler für die Lendenwirbelsäule, fürs Gesäß und für die Seele. Aus dem Radio kam sanfte klassische Mittagsmusik, und im Handschuhfach lag die Zulassung auf den echten Eigentümer. Thomas Weissbier aus Göteborg. Das hieß, dass Vatanescu bald das internationale Verbrechen, die finnische Polizei und die obere schwedische Mittelklasse auf dem Hals hatte.
    Er nahm die Automatikschaltung in Augenschein, fand den Buchstaben D und ließ den Wagen vom Bahngelände gleiten. Es sollte noch eine Stunde dauern, bis man Thomas Weissbier in seinem Schlafwagenabteil weckte.

Vatanescu ließ das große Auto über die leere Straße gleiten, betrachtete die niedrigen Häuser und die ganze spärlich besiedelte Gegend überhaupt. In diesem Land lagen die Lebensmittelgeschäfte grundsätzlich einander gegenüber, stellte er fest, in großen Städten genauso wie in abgelegenen Dörfern und mittelgroßen Ansiedlungen. Einer der Läden gehörte zur Kette mit dem S, der andere zu der mit

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