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Bettler und Hase. Roman

Bettler und Hase. Roman

Titel: Bettler und Hase. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuomas Kyrö
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ich, was soll ich damit meine Zeit totschlagen … globales Phänomen, armer Teufel und so weiter. Aber ich bin quasi hängengeblieben. Verdammt! Vatanescu! Du bist die ganze Zeit aufrecht gegangen. Mit gerader Gräte. Mit geradem Sinn. Auf geradem Weg. Oder?«
    Ich wurde getrieben.
    Ich ging vorwärts, um nicht stehen zu bleiben.
    Sonst hatte meine Reise keinen Sinn.
    »Immer wenn du irgendwo warst, hast du dein Ding hundertprozentig stilsicher durchgezogen!«
    Ich versuchte zu überleben.
    Ich wollte Stollenschuhe.
    »Kein einziges Mal bist du in Faulheit oder Egoismus verfallen! Du hast den Nationalpark gerettet! Du hast Korruption aufgedeckt!«
    Das war keine Absicht.
    Es tut mir leid.
    »Du hast offengelegt, wie starr das Beschäftigungssystem ist und wie verknöchert das Sozialhilfeverfahren! Wir hier im hinterletzten Norden können die Wahrheit schon vertragen, allerdings muss sie quasi hintenrum und aus dem Mund eines Ausländers kommen.
    Simo Pahvi aß von seiner Pizza zuerst den Rand und bewegte sich zügig dem abschließenden Höhepunkt entgegen, dem Zentrum, wohin die Suomi-Fleischwurst vor ihrem Esser floh. Herrlich floss die kalte Milch durch die Speiseröhre in den Magen.
    »Ich schnappe dich, bevor die Nachmacher dich mir vor der Nase wegschnappen. Zum Glück brauchen die für ihre Pläne immer eine Werbeagentur. Mir reicht eine Zigarettenschachtel.«
    Simo Pahvi verteilte Tabasco und Parmesan auf seiner Pizza und setzte das Lächeln eines großen Hundes auf.
    »Die Sozialisten, die Bürgerlichen, die Christlichen, die Baum-Umarmer – alle hecheln ständig hinterher.«
    Seine breite Visage sah aus, als wäre sie mit der Bratpfanne bearbeitet worden, ohne dass dabei mehr Schaden entstanden war als ein noch breiteres Grinsen. Fettige Haare, ein Stöpsel als Nase, kurz: ein gewöhnlicher, sorgloser Mann, der mit seinem Aussehen niemand anderen übertreffen, sondern einer von ihnen sein wollte.
    »Ich muss alles geben, weil in den anderen nichts steckt.«
    Das verstehe ich nicht.
    »Gerade du verstehst das! Ich ziehe eine Bagage hinter mir her, die nicht mal die Ruder in die Dollen kriegt!!!«
    Sprichst du in Gleichnissen?
    »Wenn es nur so wäre! Der Bauch ist voll, aber es ist noch Essen übrig, also strecke ich den Arm aus, und die anderen fressen mir aus der Hand. Wenn ich die Faust schließe, bleiben sie hungrig. Das verstehst du doch auch?«
    Sprichst du konkret?
    »Ich rede in Gleichnissen.«
    Entschuldigung, Herr Simo, aber was hat das mit mir zu tun?
    »Vatanescu, ich will nicht, dass meine ganze Arbeit umsonst war. Du musst mir helfen! Ich brauche dich!«
    Brauchst du einen Chauffeur?
    »Warte, ich habe mir Notizen gemacht.«
    Simo Pahvi zog aus der Innentasche seiner Jacke mehrere aufgefaltete und vollgekritzelte Zigarettenschachteln heraus. Die richtige Schachtel fand er schließlich in der Gesäßtasche seiner Hose.
    »Hier. Du kommst von außerhalb, so wie Ahtisaari. Du bist sanft wie Pater Mitro. Und das Kaninchen erst!«
    Das Kaninchen saß auf einer Pizzaschachtel und aß Fleischwurst. Vatanescu legte ihm die Hand auf den Rücken und kraulte es im Nacken.
    »Allein wärst du bloß ein furchterregender Lumpenkerl. Und das Kaninchen wäre nichts als ein verdächtiger Krankheitsherd.«
    Nun schaute Simo Pahvi seinem Gegenüber zum ersten Mal wirklich fest in die Augen. Nun verstand Vatanescu zum ersten Mal, was Pahvi meinte, nun erschloss sich ihm die diamantharte Logik in den Worten des Dicken.
    »Aber zusammen seid ihr knuffiger als Pater Mitro! Scheibenhonig, ihr seid wie Tschäplin und der Bub! Da kriegt sogar ein ausgewachsener Mann feuchte Augen … Und genau das ist es, Vatanescu. Du bringst die Leute zum Weinen und zum Lachen. Du bist findig und wirst mit allem fertig. Ein Jedermann! Du bist kein Fuchs und kein Schlawiner. Und du stiehlst nicht, auch wenn du dir mal kurz das Auto von dem Schweden ausgeliehen hast.«
    Esko Sirpale schaute über den Rückspiegel auf Vatanescu und nickte. Der Mann war ihr nächstes gemeinsames Projekt. Sie hatten es zu zweit geplant und würden es zu zweit umsetzen, so wie Simo Pahvis Wahlkampagnen.
    »Wer fähig ist, die Leute zum Weinen und zum Lachen zu bringen, der steht vor einem offenen Tresor«, sagte Pahvi. »Der kann mit einer Stimmflut rechnen. Die Verbindung von Weinen und Lachen gibt den Menschen Glauben und Hoffnung! Und daraus besteht das Leben. Aus Träumen, Glauben, Hoffen. Die Politik muss das erkennen, und sie muss versprechen, alles

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