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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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bedienen, Briefe für dich schreiben, und wenn's sein muß, sogar Diktat von dir aufnehmen», meinte ich.
    Mary nahm mein Angebot gern an, und so machte ich in den nächsten Wochen stets ein wenig früher Feierabend bei mir im Büro und war kurz nach fünf Uhr im Sendegebäude.
    Am ersten Abend stand die Türe zu Marys Büro ein wenig offen, als ich kam, und ich sah durch den Türspalt Dorita an Marys Schreibtisch sitzen und etwas auf der Maschine schreiben. Ich erklärte der Telefonistin im Vorraum, daß ich Anrufe für meine Schwester entgegennehmen würde, und ging dann energisch auf Marys Türe zu. Als ich eintrat, saß Dorita in einem Sessel und las unschuldig in einer Zeitschrift.
    «Guten Abend», sagte ich kurz. «Hat Mary Sie gebeten, herzukommen?»
    «Nein, Mr. Ajax bat mich, vorbeizugehen und zu fragen, ob ich irgendwie behilflich sein könnte.»
    «Wenn Sie sich nützlich machen wollen», erwiderte ich, «dann schreiben Sie diese Liste auf der Maschine ab, während ich diesen Stoß von Telefonmeldungen durchgehe.»
    «Ich kann nicht Maschine schreiben», erklärte Dorita.
    Ich wandte mich um und sah sie ungläubig an. Sie erwiderte meinen Blick lächelnd und zündete sich eine Zigarette an. In diesem Augenblick läutete das Telefon, und eine Frau wollte wissen, ob Mary ihre Kuh als Preis für die Verlosung brauchen könne. Ich erwiderte, daß ich darüber keine Auskunft geben könne, und bat die Frau, am nächsten Tag nochmals anzurufen. Kaum hatte ich aufgehängt, schellte es wieder, und als Mary dann kam, hatte ich Dorita und ihre neue Lüge ganz vergessen und versuchte gerade krampfhaft, einen Betrunkenen abzuwimmeln, der bei der Weihnachtsfeier unbedingt den Weihnachtsmann spielen und jetzt schon proben wollte, aber nur, wenn ich mich auf seinen Schoß setzte. Mary machte kurzen Prozeß mit dem Betrunkenen, drückte Dorita einen Stapel Karten zum alphabetischen Ordnen in die Hand und gab mir mehrere Briefe zum Beantworten. Wir arbeiteten bis nach acht Uhr, und Dorita behielt wieder die ganze Zeit ihre Handschuhe an.
    Auf dem Heimweg fragte ich Mary, ob sie sich bei Mr. Ajax nach Dorita erkundigt habe. «Ach, mein Gott, das habe ich wieder vergessen. Sag mal, hat der Mann wegen der Zuckerstengel angerufen?»
    «Ja, und er macht sie in allen Farben», erwiderte ich. «Gehen wir zu Andy und reden wir mit ihm wegen Dorita, Mary. Es steckt etwas Böses in der Person, ich kann mir nicht helfen. Woher hat sie alle diese Pelzmäntel, und wieso färbt sie sich die Haare jeden Tag anders?»
    «Wenn's stimmt, daß ihr Onkel eine große Nummer bei Scotland Yard und ihr Vater Direktor der Pinkerton Agentur ist, dann lassen sich sowohl die vielen Pelzmäntel wie die wechselnde Haarfarbe erklären. Wahrscheinlich hat sie eine Menge Perücken und solches Zeug.»
    «Laß dich doch nicht dumm machen, Mary», versetzte ich ärgerlich. «Wir leben doch nicht mehr in den Tagen Sherlock Holmes! Und außerdem glaube ich kein Wort von dem Onkel bei Scotland Yard und dem Vater bei Pinkerton.»
    «Ehrlich gesagt, glaube ich ihr auch nicht. Sie ist eine verrückte Person, die wahrscheinlich einen Amateurkurs für Detektive besucht. Hat der Mann wegen der Autobusse für den Transport der Invaliden telefoniert?»
    «Nein, ich habe ihm ausrichten lassen, daß du ihn morgen früh um zehn Uhr anrufen wirst. Mary, ich glaube, ich verabrede mich morgen mittag mit Andy und erzähle ihm von Dorita. Als Vorsichtsmaßnahme. Falls irgend etwas passieren sollte.»
    «Was soll passieren? Was meinst du damit?»
    «Ich weiß nicht, aber ich habe ein sonderbares Gefühl bei der Person. Du hast nicht da unten im Lagerhaus mit ihr gearbeitet. In dieser Dorita steckt etwas Teuflisches.»
    «Wir haben fünfundzwanzig Fahrräder gestiftet bekommen. Ist das nicht fabelhaft?»
    «Kommst du morgen mittag mit, wenn ich mich mit Andy treffe?»
    «Ich muß zur Stadthalle gehen, aber ich werde versuchen, euch um zwölf Uhr zu treffen», versprach Mary.
    Andy hörte sich unseren Bericht über Dorita aufmerksam an. Dann mußten wir ihn in sein Büro begleiten und die ganze Geschichte in Anwesenheit seiner Sekretärin wiederholen, die Wort für Wort niederschrieb. «Als Vorsichtsmaßnahme würde ich empfehlen, täglich zu notieren, was diese Dorita sich leistet. Und diese Notizen könnt ihr mir allabendlich einschicken», schlug Andy vor.
    «Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, kann ich dir sagen», versicherte ich Mary, als wir die Straße hinuntergingen.

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