Bettys Horrortrip
sie, »wirklich toll.« Sie starrte in das leere Geneverglas und sagte dann: »Es sind keine Falten, John, das habe ich dir schon gesagt. Obwohl ich eine Frau bin, die auch auf ihr Äußeres wert legt, hätte ich statt der Wunden lieber Falten.«
»Wie könnte man sie dir denn zugefügt haben?« wollte ich wissen.
»Wenn ich näher darüber nachdenke, könnte man einen dünnen Draht genommen und…«
»Später, John, später.«
»Wie du willst.« Ich schaute zu, wie sie abrupt aufstand, mir verkrampft zulächelte und dann sagte: »Warte auf mich, John, ich bin gleich wieder zurück. In den Kühlschrank brauchst du nicht zu schauen. Ist nicht viel drin. – Ich gehe nämlich nicht gerne einkaufen.« Dann hatte sie das Zimmer schon verlassen.
Ich wartete ab und hörte, wie sie das Lummerland-Lied sang.
Anscheinend wollte sie mir dokumentieren, daß sie sich durch meine Anwesenheit schon viel besser fühlte. Dann schlug sie die Tür zu. Betty war in einem anderen Zimmer verschwunden, um dort etwas zu erledigen.
So hatte ich Zeit, über gewisse Dinge nachzudenken. So fragte ich mich, ob alles stimmte, was sie mir berichtet hatte. Fast alle Menschen träumten des Nachts, da bildete ich keine Ausnahme. Ich kannte auch Menschen, die sehr intensiv träumten, und ich wußte von einigen, die Träume schrecklich plastisch erlebten, wobei aus den Träumen plötzlich Realität wurde, was nicht an ihnen lag, sondern an fremden Mächten, die mit den Träumenden oder Schlafenden spielten. So ähnlich mußte es bei Betty van Steen abgelaufen sein. Auf keinen Fall glaubte ich daran, es bei ihr mit einer Spinnerin zu tun zu haben, die mir irgend etwas vormachen wollte. Nein, dahinter steckte mehr, viel mehr, und zugleich so etwas Intensives, daß ihr Leben davon beeinflußt worden war.
Hauchdünne Schnitte im Gesicht.
So etwas gab es. Spinnenfäden zum Beispiel. Es lag schon etwas zurück, da hatte ich einen derartigen Fall in Irland erlebt. Es war durchaus möglich, daß sich so etwas wiederholte, aber in Irland hatten die Kräfte des Landes Aibon zugeschlagen.
Wieder klappte die Tür.
Diesmal nicht so laut.
Dann hörte ich die leichten Schritte der Frau. Die Tür zum Wohnraum hatte sie nicht ganz geschlossen. Sie zog sie völlig auf, ging den nächsten Schritt und stand auf der Schwelle.
Meine Augen weiteten sich. Betty van Steen sah aus, als hätte sie gerade eine Dusche genommen, aber in ihrem Haar schimmerte kein Tropfen Wasser. Sie hatte ein helles Badetuch um ihren Körper geschlungen, nicht verknotet, sondern hielt es an der Brust zusammen.
Wollte sie mich verführen?
Die Szene war schon filmreif. Dennoch wollte ich an eine drehbuchgemäße Verführung nicht glauben.
Wäre dies der Fall gewesen, hätte Betty einen anderen Gesichtsausdruck gezeigt. Sie schaute mich schon starr an, kam noch weiter vor und ließ das Badetuch los.
Das Tuch fiel nach unten, und ich bekam große Augen.
Bis auf einen winzigen Slip stand Betty van Steen nackt vor mir!
***
Wahrscheinlich wartete sie darauf, daß ich ihr etwas sagte. Ihr ein Kompliment machte – oder mehrere –, denn Betty war schon ein Rasseweib, das eben zeigte, was sie hatte. Ich aber verhielt mich nicht so, sondern blieb zunächst schweigend sitzen. Auch Betty sagte nichts.
Sie stand so, daß sie vom aus beiden Fenstern fallendem Licht getroffen wurde. Dabei blieb ihr Gesicht ernst, als wäre sie ein Modell, das vor einem Maler posierte.
Mir wurde heiß. Ja, die Waffen einer Frau! Betty setzte sie ein.
Trotzdem erkannte ich, daß sie durchtrainiert war, wie jemand, der viel Zeit in einem Fitneß-Studio verbrachte.
Mein Lächeln wirkte etwas verlegen. Ich hob auch die Schultern. Dann sagte ich: »Ich denke, es ist nicht der richtige Augenblick. Sonst hätte ich nichts dagegen, doch deshalb bin ich nicht hergekommen. Bitte, Betty, zieh dich an, ich bin ein Mann!«
»Es soll keine Verführung sein, John, eher eine Demonstration.« Ihre Stimme klang etwas belegt, das Lächeln wirkte aufgesetzt. »Es hat etwas mit dem Fall zu tun«, erklärte sie beim Näherkommen, »und ich möchte, daß du mich anschaust. Du kannst ruhig die Lampe neben dir einschalten.«
Dazu mußte ich an einem kleinen Band ziehen. Ein weißer Pilz erhellte sich, der Lichtschein erwischte mich und wenig später auch Betty van Steen.
Sie war dicht neben mir stehengeblieben. Ich brauchte nur meine rechte Hand etwas nach rechts zu bewegen, um ihre Schenkel berühren zu können.
Ihr Gesicht
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