Bettys Horrortrip
dann aus.
Ich schwieg. In der momentanen Lage war es das beste.
Ich wollte auch, daß sich Betty an die neue Lage gewöhnte, denn auch sie war mit den eigenen Gedanken beschäftigt. Schließlich preßte sie die Knie zusammen und legte ihre Hände flach darauf. »Du hast alles gesehen, John. Entschuldige, aber ich habe keine andere Chance gesehen, als mich vor dir auszuziehen. Es war so am besten.«
»Natürlich«, entgegnete ich, und mir ging dabei soviel durch den Kopf.
Sie lächelte mich an. »Dann nimmst du es mir nicht übel?«
»Warum, ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte.« Ich sagte es und zwinkerte ihr zu.
»Das war wichtig.« Sie räusperte sich. »Die Schnitte verteilen sich auf meinem ganzen Körper. Sie sind mir allesamt während des Schlafs zugefügt worden. Es ist nicht so gewesen, daß jemand mit einer Rasierklinge vor mir gestanden und mich attackiert hätte, das auf keinen Fall. Es geschah etwas völlig anderes, mit dem ich nicht zurechtkam.«
»Du meinst die Toten?«
»Ja.«
»Lebende Tote?«
Mit dieser Nachfrage kam Betty nicht zurecht. Sie gab mir keine Antwort und wartete darauf, was möglicherweise noch alles kommen würde.
Aber ich schwieg, so sah sie sich gezwungen, sich mit meiner letzten Frage auseinanderzusetzen.
»Lebende Tote?« wiederholte sie. »Kann man dazu nicht auch Zombies sagen?«
»Ja.«
»Und die sollen mich besucht haben?«
»Das ist noch nicht sicher«, sagte ich, »aber auch nicht unmöglich.«
»Doch!« widersprach sie mir. »Es ist unmöglich, denn lebende Tote hätten in meine Wohnung einbrechen müssen, doch das ist nicht geschehen, wie ich dir schon einmal sagte. Hier wurde nicht eingebrochen. Es war nichts beschädigt, es gab keine Spuren – nur an mir selbst.«
»Ich gehe davon aus, Betty, daß du dir die hauchdünnen Schnitte nicht selbst zugefügt hast.«
»Richtig«, erwiderte sie und zog sich erst vor meinen Augen fertig an.
»Auf eine derartige Idee käme ich gar nicht. Hätte auch keinen Sinn. Wäre ja idiotisch!«
»Akzeptiert. Nur mußt du mir erklären, warum du davon gesprochen hast, daß die Toten kommen.«
Sie schwieg. Dann sah sie mich an. Ihr Blick wirkte glasig, als hätte sich die Seele aus ihrem Körper entfernt und nur mehr eine Hülle zurückgelassen. »Die Frage ist wirklich gut, John, sie hat auch eine Antwort verdient, und ich will dir sagen, daß ich es im Traum gehört habe.«
»Moment, Betty, das hieße ja, daß die Toten irgendwie zu dir gesprochen haben.«
»Ja, John, stimmt. Die Botschaft kam von ihnen. Was sie sagten, wußte ich nicht, aber sie haben mit mir Kontakt aufgenommen und mir erklärt, daß sie die Toten sind.«
»Welche?«
»Wenn ich das wüßte«, murmelte sie und starrte ins Leere. »Ich kann mir das nicht erklären.«
»Betty«, sagte ich mit eindringlicher Stimme. »Es muß da ein Motiv geben. Nichts passiert ohne Grund, glaub mir das. Nichts geschieht wirklich grundlos.«
Sie widersprach heftig. »Aber meine Erlebnisse sind einfach zu abstrakt und unwirklich, als daß ich diese Erklärung akzeptieren könnte.«
»Mußt du aber. Es soll nicht eingebildet klingen, wenn ich dir sage, daß ich Erfahrungen besitze. Auch wenn die Dinge noch so irreal sind, es gibt gewisse Gesetze, an die sich die Personen oder die Wesen aus anderen Welten halten. Dazu gehören eben die Motive. Etwas anderes kann ich dir leider nicht sagen. Das mußt du akzeptieren.«
»Wenn du meinst…«
»Das meine ich, Betty. Bitte, ich bin gekommen, um dir zu helfen. Daß du diese Erlebnisse gehabt hast, liegt zu fast hundert Prozent an dir. Du mußt etwas getan haben, das, sage ich mal, das Jenseits regelrecht aufgewühlt hat.«
»Aber was denn?«
»Ich weiß es nicht. Du solltest mal in deiner Erinnerung graben, Betty.«
»Das ist schwer.«
»Darf ich dich direkt fragen?«
»Bitte.«
»Welchen Beruf übst du aus?«
Ich war darauf gespannt, was sie sagen würde. Viele Menschen antworten spontan, andere wiederum sind da nicht so flott, sie denken erst nach und wundern sich, warum der andere überhaupt diese Frage gestellt hat. Wahrscheinlich gehörte Betty van Steen zur letzten Sorte, denn sie sagte zunächst einmal nichts, wich aber meinem Blick aus.
Ich ließ ihr Zeit. Als aber nach einer Minute noch keine Antwort erfolgt war, unterbrach ich die Stille zwischen uns. »Ist dieser Job so ungewöhnlich, Betty?«
»Ja und nein«, gab sie zu.
»Darf ich ihn wissen?«
Sie schaute mich an. Ich erwiderte ihren Blick
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