Bettys Horrortrip
weder verloren, noch aus der Hand gegeben. Ich vermute, daß etwas anderes geschehen ist, an das wir beide nicht denken.«
»Dann bleiben wir bei den Traumgestalten.«
»Es ist die einzige Möglichkeit.« Ich kam wieder auf die Göttin zu sprechen und wollte wissen, ob Betty nicht doch ihren Namen gehört hatte oder man ihr den Platz beschrieben hatte, an dem sie sich aufhielt.
»Nichts von dem. Überhaupt nichts, John. Es ist alles falsch gelaufen. Ich habe viel erlebt, aber ich tappe im dunkeln. Wir werden die Spur erst in der Nacht aufnehmen können, wenn ich eingeschlafen bin und ich von diesen Träumen verfolgt werde.«
»Bist du sicher?«
»Nein, nicht direkt, aber ich hoffe es und wünsche es mir, denn jetzt habe ich dich bei mir. Ich will nicht unbedingt von einem Beschützer sprechen, aber du bist eine Person, die Neutralität mitbringt, und du wirst mich erleben können. Ich möchte auch, daß du Fragen stellst. Vielleicht kann ich sie sogar beantworten – während meiner Alpträume.« Sie wollte eine Antwort haben und schaute mich an. »Was sagst du dazu, John? Könnte es so ablaufen?«
»Ich hoffe es.«
Sie holte tief Luft.
»Spaß wird es mir natürlich nicht machen«, sagte sie leise, »aber darüber will ich nicht nachdenken. Die Nacht wird kommen, und damit auch…«
»Wir könnten uns ja ablenken«, schlug ich vor.
»Ja? Wie denn?« Betty zeigte sich irritiert.
»So toll deine Wohnung auch ist, Betty, aber ich habe in der Nähe einige Lokale gesehen, in denen man wohl etwas essen kann. Oder hast du keinen Hunger?«
Betty erschrak regelrecht. »Himmel, das habe ich ja ganz vergessen«, erging sie sich in Selbstvorwürfen. »Ich denke nur an mich. Natürlich können wir etwas essen. Du kannst dir sogar aussuchen, ob die indonesisch, indisch, chinesisch oder…«
»Irgendwas, was auch dir schmeckt.«
»Ich bin da nicht verwöhnt.«
»Aber wir gehen, nicht?« Mit einem Ruck stand ich auf, und auch Betty erhob sich.
»Klar, ich muß mir nur noch etwas überziehen.« Im Flur hing ein kurzer Mantel. »Wenn du willst, kannst du dich in der Wohnung umschauen, John…«
Als wir vor der Wohnung standen, schloß Betty van Steen die Tür ab.
Drei verschiedene Schlösser mußten bewegt werden. Ich schaute zu, und Betty sah zufrieden aus, als sie mit ihrer Arbeit fertig war.
»Jetzt, John, möchte ich von dir wissen, wer diese Tür noch aufbrechen kann, ohne daß man etwas hört.«
»Wohl niemand«, erwiderte ich.
»Eben. Das ist genau das, was ich meine.« Sie nickte, drehte sich um und ging zum Lift.
***
Das Lokal lag in derselben Straße, auf derselben Seite, war ziemlich eng, so daß es schon einem Tunnel ähnelte, denn seine Länge war außergewöhnlich.
Trotz der relativen Enge standen an den Wänden die kleinen Tische, zu denen jeweils vier Stühle gehörten. Die Tische und die Stühle bestanden aus dunkel gebeiztem Holz, deren Sitzflächen mit rotem Stoff bezogen waren, der schon ziemlich dünn geworden war.
Wir konnten uns im hinteren Teil einen Tisch aussuchen. Im vorderen Bereich war alles besetzt. Hier hockten Einheimische und Touristen. Ich sah viele Menschen mit asiatischem Einschlag, denn hier gab es auch indonesisches Essen, vor allen Dingen aber Käse, worauf ein Plakat an der Wand in großen Buchstaben hinwies.
Ich überließ Betty die Auswahl des Tisches. Sie nahm Platz und konnte an mir vorbei zum Eingang sehen. Es dudelte leise Musik. Ich hatte den Blick frei auf den dunklen Tresen, auf dem wie ein blitzendes Gebilde eine Espresso-Maschine stand. In dieser Umgebung wirkte sie so, als wäre sie von einem Besucher vom anderen Stern vergessen worden.
Zwei große Speisekarten legte uns die freundliche Bedienung auf den Tisch.
Ich bestellte bei der Mandelaugenschönheit zunächst eine große Flasche Wasser, dann schaute ich mir an, was die Karte zu bieten hatte.
Es war so einiges, und sicherlich stammte das meiste aus der Tiefkühltruhe und wurde nur in der Mikrowelle ›aufgewärmt‹, was mir in diesem Fall egal war, denn ich hatte Hunger.
Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Schließlich entdeckte ich ein scharfes Gericht, das aus gebratenen Nudeln bestand, Schweine- und Putenfleisch sowie Gemüse.
»Was möchtest du?« fragte ich Betty, als ich die Karte sinken ließ und sie mir nicht mehr den Blick auf die Frau nahm.
»Nichts.«
»Ach. Warum denn nicht.«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Bist du zu nervös?«
»Auch das.«
»Du solltest trotzdem eine
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