Bettys Horrortrip
Kleinigkeit essen. Eine Frühlingsrolle oder etwas in dieser Richtung.«
Sie lächelte und erklärte mir, daß sie meine Besorgnis irgendwie rührend fand.
»Ich bin jetzt ein Stück für dich verantwortlich, denke ich.«
»Danke, John.« Bettys Augen fixierten mich.
Die Flasche und zwei Gläser wurden auf den Tisch gestellt, und wir konnten die Bestellung aufgeben. Das Mädchen lächelte noch breiter und hüpfte davon.
»Auf was stoßen wir an?« fragte ich.
Betty überlegte. Sie legte dabei ihren Kopf schief. »Bestimmt nicht auf meine Träume, John.«
»Doch. Und zwar darauf, daß sie gut ausgehen.«
Sie wiegte den Kopf. »Wenn du das so siehst, will ich mich nicht sperren, aber ich kann nicht daran glauben.«
»Ich werde bei dir sein.«
»Das ist gut, toll, aber ich frage mich, ob das etwas bringt. Helfen kannst du mir nicht. Ich bin davon überzeugt, daß ich noch mehr Wunden bekommen werde. Die sind überall, die sind nicht aufzuhalten. Die sind gefährlich und unsichtbar. Die Toten kommen, so hat man es mir gesagt. Aber das ist falsch. Sie hätten von den Totengeistern sprechen sollen, denn sie haben mich besucht.«
»Durch diese Göttin.«
»Nur durch sie.« Betty rollte mit den Augen. »Ich rege mich schon wieder auf. Die Göttin ist unsichtbar. Sie kann uns beobachten, sie wird eingreifen, wenn sie es für möglich hält. Mittlerweile glaube ich daran, daß es andere Welten gibt. Zumindest Traumwelten, und sie wird uns aus dieser Welt hervor unter Kontrolle halten.«
»Spürst du das?«
»Nein, John, aber ich kann es mir vorstellen.«
»Noch sind es Theorien.«
»Natürlich. Kannst du dir vorstellen oder kannst du mir erklären, wie mächtig eine derartige Person ist?«
»Nein.«
»Gibt es denn Personen, die einen Kontakt mit dem Jenseits haben? Kennst du welche?«
»Ja.«
»Dann wäre es also möglich, daß wir von der geheimnisvollen Person beobachtet werden?«
»Möglich ist vieles, Betty, nur spüre ich es nicht. Zumindest mich umgeht sie. Ich weiß nicht, wie es mit dir ist, aber…«
Sie hob eine Hand, und ich schwieg. »Ich spüre sie, John.« Betty hatte mir die Worte über den Tisch hinweg zugeflüstert, und ich bekam eine leichte Gänsehaut.
»Bildest du dir das nicht ein?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich kann sie spüren. Ich merke, daß sie in meiner Nähe ist.«
»Woran?«
»An der innerlichen Veränderung. In mir steigt etwas hoch, das ich kaum erklären kann. Es ist ein Druck, es ist Furcht. Ich komme mir hier vor wie in einer Zelle. Daß ich so ruhig sitze, ist gespielt. Am liebsten würde ich das Lokal hier verlassen.«
»Sollen wir gehen?«
»Nein!« Betty winkte fahrig ab. »Laß uns ruhig hierbleiben. Ich muß mich den Problemen stellen.«
»Hast du das schon öfter erlebt?«
»Ja, aber nicht am Tag. Es ist so, als wollte sie mir zeigen, zu was sie fähig war.« Sie blickte an mir vorbei, um sich die anderen Gäste anzuschauen, nur konnte sie niemanden entdecken, vor dem sie hätte Angst haben müssen.
Neben uns befand sich ein Fenster. Die Scheibe bestand aus einem etwas dunkleren Glas, wir konnten nicht hinausschauen. Nur im oberen Drittel lag sie frei, und hinter dem Glas sah ich die graue Mauer eines Hauses, das wohl zu einem Hinterhof gehörte.
Betty wurde immer unruhiger. Ihre Hände rutschten über die rote Decke auf dem Tisch. Der Atem ging schwer. Schweiß schimmerte auf ihrer Stirn. Ich ließ Betty nicht aus den Augen und beschäftigte mich bereits mit dem Gedanken, von hier zu verschwinden, aber als ich sie darauf ansprach, schüttelte sie den Kopf.
»Warum willst du denn bleiben?«
»Ich will mich ihr stellen.«
»Was ist, wenn sie zu stark ist?«
»Du bist doch bei mir.«
»Richtig.«
»Kannst du mir helfen?«
»Ich will es versuchen.«
»Und wie?«
»Moment.« Tatsächlich hatte ich eine Idee gehabt. Ich mußte sie rasch in die Tat umsetzen, denn Bettys Zustand veränderte sich. Sie wurde immer unruhiger, sie schaute nach rechts und links, aber dort war niemand zu sehen. Trotzdem flüsterte sie: »John, es ist wie in der Nacht. Ich spüre sie. Sie haben mich gefunden. Ich brauche nicht mal zu schlafen.«
Daß ich mein Kreuz hervorgeholt hatte, das hatte sie gar nicht mitbekommen. Sie sah es auch noch nicht, weil meine Faust es verdeckte. »Sind sie in dir?«
Betty wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. »Ja oder nein. Ich weiß es nicht so genau. Es ist alles anders geworden. Nicht so wie immer, auch nicht so wie in der
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