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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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widerlegt, du würdest die Kinder von ihr entfremden.«
    »Ja, aber …«
    »Wenn du damit Recht hast, dass sie schon dabei ist, Anklagepunkte gegen dich zu sammeln, musst du höllisch aufpassen, mein Freund. Gezielte Entfremdung der Kinder ist ein schwerer Vorwurf, den man nicht so leicht ausräumen kann. Die Kinder sind sauer auf Mom, und sie behauptet, du steckst dahinter. Wie willst du beweisen, dass das nicht stimmt? Das kannst du gar nicht. Außerdem bist du viel zu Hause, es ist also noch leichter vorstellbar, dass da was dran sein könnte. Das Gericht wird in dir einen gefrusteten Ehemann sehen, der möglicherweise neidisch ist auf seine berufstätige Frau.« Er hielt eine Hand hoch. »Ich weiß, ich weiß, dass da nichts dran ist, Jack, aber man kann es leicht behaupten, mehr will ich nicht sagen. Und das wird ihr Anwalt. Vor lauter Neid hast du die Kinder gegen sie aufgebracht.«
    »Das ist ausgemachter Schwachsinn.«
    »Natürlich. Das weiß ich doch.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Geh zu einem guten Eheberater. Wenn du keinen kennst, ruf bei mir in der Kanzlei an. Barbara kann dir ein paar gute Adressen nennen.«
    Ich rief Julia an, um ihr zu sagen, dass Ellen für ein paar Tage kommen würde. Natürlich erreichte ich sie nicht, bloß ihre Mailbox. Ich hinterließ ihr eine längere Nachricht, in der ich alles erklärte. Dann ging ich einkaufen, weil Ellen zu Besuch kam und wir ein paar Vorräte mehr brauchten.
    Ich schob gerade meinen Einkaufswagen durch den Supermarkt, als ich einen Anruf aus dem Krankenhaus erhielt. Es war wieder der bartlose Assistenzarzt. Er wollte sich nach Amanda erkundigen, und ich sagte, dieser Bluterguss sei so gut wie verschwunden.
    »Schön«, sagte er. »Freut mich zu hören.«
    Ich fragte: »Was ist mit dem Kernspintomogramm?«
    Der Arzt sagte, die Ergebnisse der Tomografie seien unerheblich, weil das Gerät defekt gewesen sei und Amanda gar nicht untersucht habe. »Wir sind sogar unsicher, was von den Ergebnissen der vergangenen Wochen zu halten ist«, sagte er. »Das Gerät war offenbar schon länger dabei, allmählich den Geist aufzugeben.«
    »Wie das?«
    »Es ist korrodiert oder so. Jedenfalls sind sämtliche Speicherchips pulverisiert.«
    Ich dachte an Erics MP3-Player, und es lief mir kalt den Rücken runter. »Wie kann denn so was passieren?«, fragte ich.
    »Die einleuchtendste Erklärung ist die, dass aus den Leitungen in der Wand Gas ausgetreten ist, vermutlich in der Nacht, und zu der Korrosion geführt hat. Zum Beispiel Chlorgas, das könnte solche Schäden verursachen. Komisch ist bloß, dass nur die Speicherchips kaputt waren. Die anderen waren in Ordnung.«
    Die Dinge wurden von Minute zu Minute seltsamer. Und kurz darauf steigerte sich das Ganze noch, als Julia anrief und heiter und beschwingt verkündete, sie komme schon nachmittags nach Hause, und zwar so frühzeitig, dass sie mit uns zu Abend essen könne. »Ich freue mich auf Ellen«, sagte sie. »Warum kommt sie?«
    »Ich glaube, sie braucht mal ein bisschen Tapetenwechsel.«
    »Na, für dich ist es bestimmt auch schön, dass sie für ein paar Tage da ist. Eine Erwachsene im Haus.«
    »Das kannst du laut sagen«, erwiderte ich.
    Ich wartete auf eine Erklärung, warum sie nicht nach Hause gekommen war. Doch sie sagte nur: »He, ich muss Schluss machen, Jack, bis später dann …«
    »Julia«, sagte ich. »Moment noch.«
    »Was denn?«
    Ich zögerte, suchte nach Worten. Ich sagte: »Ich hab mir gestern Nacht deinetwegen Sorgen gemacht.«
    »Wirklich? Warum?«
    »Weil du nicht nach Hause gekommen bist.«
    »Schatz, ich hab dich doch angerufen. Ich war draußen im Fertigungswerk und kam nicht mehr weg. Hast du denn deine Nachrichten nicht abgehört?«
    »Doch …«
    »Und von mir war keine dabei?«
    »Nein. Keine.«
    »Tja, das versteh ich nicht. Ich hab dir eine Nachricht hinterlassen, Jack. Ich hab zuerst zu Hause angerufen und hatte Maria am Apparat, aber sie konnte nicht, du weißt schon, es war zu kompliziert … Also hab ich dich anschließend auf dem Handy angerufen und dir eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen, dass ich bis heute Morgen im Werk festsitzen würde.«
    »Na ja, ich hab sie jedenfalls nicht bekommen«, sagte ich, bemüht, nicht beleidigt zu klingen.
    »Tut mir Leid, Schatz, aber überprüf das mal. Ich muss jetzt wirklich Schluss machen. Wir sehen uns heute Abend, ja? Küsschen.«
    Und sie legte auf.
    Ich überprüfte mein Handy noch einmal. Es war keine Nachricht angezeigt.

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