Beuteschema: Thriller (German Edition)
immer er sonst noch getan hat, der Mann hat uns das Leben gerettet und wahrscheinlich das von ein paar Millionen Menschen dazu. Kommt mir eher vor, als müsste ich ihm danken.«
In diesem Augenblick erschien eine Bedienung. » Was kann ich Ihnen bringen?«, fragte sie Nick.
» Ich nehme einen Kaffee und ein Butterbrötchen«, antwortete er.
Die Bedienung sah Claire an. » Noch etwas Kaffee?«
» Nein, aber kann ich eine Portion Vanilleeis haben?«
» Kommt sofort«, sagte die Kellnerin und eilte davon.
Nick sah sie amüsiert an. » Vanille, hm?«
» Ich war nie jemand, der Risiken einging«, gab Claire zu. » Vor dieser ganzen Geschichte, meine ich.«
» Also, Sie haben um diese Unterredung gebeten. Was haben Sie auf dem Herzen?«
» Todd Quimby«, sagte sie kurz und knapp und sah ihm in die Augen.
Er nickte. » Ich habe mich schon gewundert, wann es zur Sprache kommt.«
» Er war nie ein Killer. Er war ein Opfer«, sagte Claire.
» Ich weiß«, erwiderte Nick und fragte sich, was er nach Claires Ansicht tun könnte.
» Quimby sollte nicht für all das verantwortlich gemacht werden, was passiert ist. Der Mann war seelisch krank.«
Nick beugte sich über den Tisch und sprach leise und ruhig. » Und wenn wir es jemandem sagen, sperren sie uns ein und schmeißen den Schlüssel weg. Deshalb haben wir diese Sicherheitsstufe. Damit die Bundespolizei eine rechtliche Handhabe hat, uns zum Schweigen zu zwingen.«
» Ich verstehe, dass wir nichts öffentlich tun dürfen«, versicherte ihm Claire. » Aber ich wünschte, es gäbe einen Weg, ihm das Etikett › Serienmörder‹ zu nehmen.«
Nick dachte einen Moment darüber nach und hatte plötzlich eine Idee. » Es muss nichts sein, was man sofort bemerkt, oder?«
» Woran denken Sie?«, fragte Claire voll Hoffnung.
» Ich bin immer noch dabei, die Akten über alle sieben Morde zu schließen, die man Quimby zur Last legt«, sagte er. » Das Justizministerium will, dass sie unter Verschluss kommen, aber ohne dass die Sache zu ihnen zurückverfolgt werden kann. Deshalb lassen sie uns Detectives in Manhattan die Drecksarbeit für sie machen.«
» Wie lange werden die Akten unter Verschluss sein?«
» Zwanzig Jahre, glaube ich«, erwiderte Nick.
» Inwiefern hilft uns das?«
» Ehe ich die Akten abliefere, kann ich einen internen Vermerk des Detective-Büros in jeder einzelnen verstecken, in dem Sedgwick als der Mörder genannt wird.«
» Werden Sie Schwierigkeiten bekommen?«
» Wahrscheinlich nicht«, sagte Nick. » Niemand wird die Akten lesen, bevor sie versiegelt werden, und dann dauert es zwanzig Jahre, bis sie wieder geöffnet werden.«
Für ihn schien es in Ordnung zu sein. Claire sah ihn an.
» Es ist nicht perfekt«, sagte Claire. » Aber es ist besser als nichts.« Sie hielt inne und trank einen Schluck von dem Kaffee, der ihr nicht mehr schmeckte. » Danke.«
» Keine Ursache.«
» Was werden Sie machen, nachdem Sie die Polizei verlassen haben?«, fragte Claire.
» Ich werde mir etwas für einen blinden Ex-Polizisten suchen«, antwortete Nick. » Vielleicht einen Beraterjob. Wir werden sehen…« Er grinste und fügte hinzu: » Wie man so sagt…«
Claire konnte nur bewundern, wie er die Zukunft akzeptierte, die ihn erwartete. » Ich wollte Ihnen nur sagen…«, begann sie und zögerte plötzlich.
Aber Nick hatte ihre Gedanken erraten. » Ich weiß, es wird nicht so einfach werden, wie ich es hinstelle. Aber wenn ich Hilfe brauche, weiß ich, wen ich anrufen muss«, sagte er, und wieder war dieses schelmische Grinsen da.
Claire lächelte. » Jederzeit.«
Das Klackern von Claires Absätzen auf dem fleckigen Betonboden von Rikers Island hallte von den schmutzig braunen Betonsteinwänden wider. Es erinnerte sie an ihren ersten Tag mit Paul Curtin hier, und sie wusste noch sehr genau, wie sie sich gefühlt hatte– nackt, eingeschüchtert, sich bei jedem Schritt bewusst, dass sie sich nirgendwo verstecken konnte. Heute jedoch war alles völlig anders.
» Und es geht Ihnen auch wirklich gut?«, fragte Dr. Fairborn, die neben ihr ging.
» Absolut«, sagte Claire.
Sie warf einen Blick zu ihrer neuen Mentorin, die überraschend wenig vampirhaft gekleidet war, mit einem geschmackvollen blauen Kostüm, gedämpftem Lippenstift und Augen-Make-up, das sie aussehen ließ, als sei sie tatsächlich von dieser Welt. Claire kannte den Grund für diese Verwandlung: Sie wollte verhindern, dass sie Patienten ablenkte, oder– noch schlimmer–
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