Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
hasse.“
„Dann bist du bei uns richtig!“ setzte Alf dazwischen und starrte mit wütendem Blick auf seine Teetasse.
„Und dann?“ hakte Frank erneut nach.
„Dann.dann war ich weiter aktiv. Nachdem die Red- Moon- Gruppen weltweit verboten wurden, machten wir im Untergrund weiter. Schließlich wurde ich bei einer illegalen, spontanen Demonstration, die ich mit einem meiner Bekannten organisiert hatte, Ende 2025 festgenommen und kam in Haft. Es begann meine Zeit in „Big Eye“ und ich kann froh sein, dass sie anderes belastendes Material bei der Hausdurchsuchung damals nicht gefunden haben, sonst wäre ich sicherlich liquidiert worden“.
„Was für Material?“ fragte Kohlhaas.
Alfred Bäumer blickte ihn an. „Du fragst ganz schön viel für einen, der gestern noch auf der Nase gelegen hat. Ist doch egal. Das hätte mich jedenfalls den Kopf gekostet. Und auch so habe ich neun Jahre Haft wegen der Spontandemo kassiert. Das hätte ich niemals ausgehalten. In meiner Zeit als Aktivist der Red-Moon-Gruppen lernte ich auch ein paar von den schrägen Vögeln aus diesem schönen Dörfchen kennen. Die hatten mir vor Jahren schon gesagt, dass ich hierhin mitkommen sollte und machten sich selbst nach und nach in Richtung Baltikum auf.
Ich aber wollte nicht aufgeben, in meiner Heimat zu kämpfen, sie wieder von diesem Wahnsinn zu befreien.
Heute sage ich mir, dass es dumm war, so lange zu warten. Ich hätte schon seit Jahren „Europa-Mitte“ den Rücken kehren und mit den anderen nach Litauen abhauen sollen. Der Feind ist im Westen mittlerweile viel zu stark“.
„Na, jetzt bist du ja hier. Und ich auch. Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können. Soll „Europa-Mitte“ doch zum Teufel gehen“, zischte Frank und wischte sich einige Teetropfen von der Lippe.
„Wir dürfen es nicht zum Teufel gehen lassen! Es ist unser Land! Nein, wir sind hier nicht im Urlaub. Wir verlagern nur den Kampf. Aufgegeben wir erst, wenn uns die Maden in unseren Gräbern zerfressen!“ fauchte Alfred und krallte sich in den alten Holztisch.
Frank war verdutzt und beobachtete seinen Tischpartner, der sich mit einer aggressiven Handbewegung die Teekanne schnappte, erstaunt. „Wir sind hier nicht im Urlaub!“ Frank wunderte sich über diese Aussage, die sein neuer Hausgenosse da mit so viel Leidenschaft losgeschleudert hatte. Was meinte Alf damit?
Erneut schlief Frank Kohlhaas überdurchschnittlich gut und fest. Er hatte sich scheinbar erstaunlich gut regeneriert in dieser kurzen Zeit. Manchmal fühlte er sich sogar richtig euphorisch.
„Ich fürchte nicht einmal mehr den Teufel!“ dachte er sich dann und lächelte stolz in sich hinein.
Doch so einfach war es nicht. Die Nachwirkungen der Holozelle waren weit tückischer, als er dachte und sie waren noch immer da, tief in den dunklen Ecken seines Verstandes verborgen. Dort lauerten sie und planten hervorzubrechen, um Franks Seelenfrieden im Schlaf zu erdrosseln.
So wie die Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen meist in Wellen und Schüben wiederkommt, so war es auch mit dem mentalen Schrecken, den die Holozellen- Gehirnwäsche hinterließ. Nur weil dieser sich eingegraben hatte und in seiner befestigten Stellung auf das Signal zum Sturmangriff wartete, hieß es noch lange nicht, dass er abgezogen war. Aber in diesen ersten Tagen seiner neu gewonnen Freiheit hatte der Geflohene erst einmal seine Ruhe.
Der Regen prasselte auf das Wellblechhüttenvordach des kleinen Schuppens vor Franks Fenster und das unermüdliche Geräusch schaffte es, ihn schließlich wach zu machen. Es war schon nach zehn Uhr an diesem nassen Morgen und der junge Mann wälzte sich genervt zur Seite, als Alf plötzlich in der Tür stand und ihn ansprach: „Guten Morgen, steh bitte auf. Wilden ist hier und möchte dich unbedingt sprechen!“
Der ältere Dorfchef saß in der Küche und nippte an seiner Kaffeetasse. Er begrüßte Frank freundlich und bat ihn nach einem schnellen Frühstück mit zu ihm zu kommen. Irgendwie war Frank die Situation unangenehm, doch er wollte keinen Ärger und verließ mit Wilden das Haus.
„Folge mir einfach!“ sprach der ergraute Anführer der Dorfgemeinschaft, der an diesem Tag einen langen grauen Mantel und einen Hut mit schmaler Krempe trug.
Der Regen hatte die schlammigen Strassen des Dorfes durchgeweicht und Frank watete durch den Dreck, der irgendwie autoritär und imposant wirkenden Gestalt hinterher. Nach einem kurzen Fußmarsch durch mehrere
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