Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
gemacht?“ wollte der verunsicherte Frank wissen.
„Nein!“ antwortete HOK knapp. „Für uns geht es um einige Unterpunkte. Etwa ob da steht: „IZSS“ (Informationszuträger für staatliche Stellen) oder „EBG“ (Empfänger behördlicher Vergünstigungen) — was heißen würde, dass du ein Spitzel bist oder mal warst.“
„Was soll der Scheiß!“ giftete Frank HOK entgegen. „Ich habe mit so etwas nichts zu tun!“
„Dein alter Scanchip ist sauber, keine Sorge“, beruhigte ihn HOK. „Das ist auch nicht die Sache“, fuhr er fort. „Wir müssen hier nun einmal vorsichtig sein und diesen Prozess musste jeder über sich ergehen lassen!“
„Dann wollt ihr hier auch euren eigenen Überwachungsstaat „Ivas“ einführen, oder wie?“ knurrte Frank wütend.
„Nein, wollen wir nicht!“ gab HOK zurück und schien sich irgendwie auch ertappt zu fühlen.
„Ich habe mir die Querverweise bezüglich deiner Familienmitglieder und Verwandten angesehen. Tut mir leid, das gehörte nicht zu meiner Aufgabe und ich muss mich dafür entschuldigen“, murmelte HOK kleinlaut und blickte verlegen auf seine Tastatur.
„Und dann gegen die Weltregierung kämpfen! Die sind vielleicht auch nur neugierig und spionieren aus lauter Langeweile die Leute aus“ herrschte ihn Kohlhaas beleidigt an.
„Ja, es tut mir leid. Wirklich!“ versuchte HOK seinen erbosten Mitstreiter zu beruhigen.
„Leider ist mir da etwas Schreckliches aufgefallen:
Rainer Kohlhaas ist dein Vater, nicht wahr? Und Martina Günther, geborene Kohlhaas, deine Schwester, nicht wahr?
Nico Günther dein Neffe.?“
„Was ist mit ihnen?“ fragte Frank mit aufgerissenen Augen.
„Die Scanchips von Rainer Kohlhaas und Martina Günther sind als „stillgelegt“ ausgezeichnet. Ihre Bürgernummern werden demnächst neu vergeben “ sprach HOK leise, mit einem Kloß im Hals.
„Was?“ spuckte Frank heraus.
„Beim Scanchip deines Vaters ist ein Inhaftierungsvermerk seit dem 09.04.2028 eingetragen, seit Anfang Juni 2028 ist er schließlich „stillgelegt“ worden. Als Zusatz steht da die Fußnote „OSDBA“ (Offizielle Stillegung durch behördliche Anordnung) und weiter „BA“ (Bürger ausgeschaltet). Er ist liquidiert worden!“ brachte HOK heraus.
„Wie?“ schrie Frank wie vom Blitz getroffen.
„Gleiches gilt für deine Schwester. Auch sie wurde erst inhaftiert und später liquidiert. Dein Neffe...“ weiter kam HOK nicht.
„Was? Was ist mit Nico?“ brüllte ihn Frank mit starrem Entsetzen in den Augen an. „Was ist mit ihm?“
„Er ist hier als „Waise in staatlicher Obhut“ verzeichnet. Er lebt also noch“, fuhr er fort und versuchte Franks Gefühlsausbruch irgendwie abzuschwächen.
Doch es hatte keinen Sinn. Der junge Mann taumelte und sank auf den Stuhl zurück. Er rang nach Luft und versuchte, die Klauen des Schreckens, die ihm die Kehle zudrückten und ihm seinen Atem nahmen, abzustreifen, doch es gelang ihm nicht. Innerhalb von wenigen Sekunden fiel er in ein schwarzes Loch der Verzweiflung und stürmte weinend aus dem Haus des Informatikers.
Da waren wieder der Schrecken und die Angst, die ihn in den letzten Monaten bis auf die gelegentlichen Alpträume gnädig verschont hatten. Sie waren wieder da, in alter finsterer Größe und sie schienen bleiben zu wollen.
Die nächsten Tage verstrichen und Frank verließ kaum mehr seinen Schlafraum. Alf versuchte, ihm zu erklären, dass die Inhaftierung von Verwandten und Familienmitgliedern vom System dazu genutzt wurde, untergetauchte Straftäter aus der Reserve zu locken, damit sie sich durch Anrufe, die grundsätzlich abgehört wurden, auffindbar machten oder sich gar zu Besuchen hinreißen ließen. Doch Frank schrie ihn nur an, zu verschwinden.
Jetzt kamen die unruhigen Nächte wieder und der Schrecken, den die Holozelle in seinem Geist entfacht hatte, kam nun Arm in Arm in trauter Eintracht mit dem neuen Horror in der Dunkelheit zurück.
Wieder dachte der junge Mann daran, seinen Eltern und seiner Schwester in das Jenseits nachzufolgen und seine hoffnungslose Existenz endlich zu beenden, doch Alf baute ihn immer wieder auf und kümmerte sich um ihn, wenn es zu schlimm wurde.
Als der September den Herbst über Ivas brachte, wurde Frank eines Nachts von einem sehr merkwürdigen Traum heimgesucht. Er konnte sich am nächsten Morgen, als er wieder mit schlimmen Kopfschmerzen aufwachte, nicht mehr ganz an jedes einzelne Detail erinnern, aber die meisten Bilder blieben ihm im
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