Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
die solche Artikel führten, und es wurden zumindest die wichtigsten Räume neu tapeziert. Ähnliche Schwierigkeiten taten sich auch bei den Baumaterialien auf, die man behelfsweise oft von den anderen leerstehenden Häusern nehmen musste, beispielsweise noch intakte Ziegel für das lädierte Dach.
Es war jedenfalls eine lange und mühselige Arbeit, bei der sich die beiden Männer immer mehr anfreundeten. Nach wie vor gab es nur im Hauptraum des Hauses einen brauchbaren Holzofen, der schon sehr alt sein musste und den beiden wurde etwas mulmig, wenn sie an den kommenden Winter des Jahre 2028 dachten.
Gegen Ende des Monats Juli meldeten sich aus unerklärlichen Gründen auch Franks Schlafstörungen zurück, ja er hatte regelrechte Alpträume, in denen das gleißende Licht der Holozelle wiederkehrte und auch Herr Irrsinn wieder vorstellig wurde. In den Träumen redete dieser sogar manchmal und Frank wunderte sich, dass seine Stimme so hoch und hell war.
Oft weckte Bäumer ihn auf, wenn er um sich schlug oder im Schlaf redete. Es war seltsam. Gerade jetzt, wo die Ruhe, ja im Vergleich zu der Zeit in „Big Eye“ sogar die Idylle schlechthin eingetreten war, kamen die bösen Erinnerungen zurück. Wenn man meinte, eine schreckliche Zeit hinter sich gelassen und überwunden zu haben, kehrten die Schmerzen und Probleme unerwartet zurück und forderten ihre Aufmerksamkeit ein.
Eines Tages, es war mittlerweile August geworden, stand HOK am frühen Morgen vor der Haustür und fragte Alf nach Frank. Dieser saß in der provisorisch eingerichteten Küche und kam bald selbst an die Tür.
„Morgen, Frank...Komm bitte sofort mit!“ begrüßte ihn HOK mit betretener Miene.
„Was ist?“ fragte Frank mit einen unbehaglichen Gefühl im Bauch.
„Schnell! Komm erst einmal mit mir! Bitte!“ drängelte der Computerfachmann und strahlte dabei eine unheilvolle Atmosphäre aus.
Unruhig und schweigend gingen die beiden zu HOKs Haus und Frank beachtete kaum die warme und helle Herbstsonne, die das kleine Dorf wohlig einhüllte. HOK rannte sofort in seinen unaufgeräumten Arbeitsraum und setzte sich vor den flackernden Bildschirm seines Rechners.
„Setz dich hin“, bat er Frank freundlich.
„Bleib bitte ruhig bei dem, was ich dir jetzt sage.“ sagte HOK und sah traurig zu Frank hinüber.
„Was ist denn los?“ fragte Frank mit einer Mischung aus Ungeduld und tiefer Sorge, den HOKs Miene ließ nichts Gutes erahnen.
„Ich habe deinen alten Scanchip untersucht. Das ist nicht persönlich gemeint, aber das ist eine Anweisung von Wilden bezüglich jeder Person, die neu in dieses Dorf kommt. Es ist eine Sicherheitsmaßnahme: Der Scanchip wird auf verdächtige Subdateien und Querverweise hin untersucht. Ich habe mich in einen internen Datenserver eingeloggt und nicht öffentliche Informationen studiert, die über jeden Bürger im Sektor „Europa-Mitte“ automatisiert oder durch behördliche Stellen und Mitarbeiter gesammelt werden.
Die Subdateien, die der betreffende Bürger niemals in seinem Leben zu Gesicht bekommt, außer er hat einige Programme so zurecht programmiert und umgeschrieben, wie ich es die letzten zehn Jahre getan habe, und sich in endloser Arbeit durch diverse regierungsinterne Daten- bänke gefressen, beinhalten viele Informationen über dessen Leben.“
„Aha.“ erwiderte Frank mit komplettem Unverständnis.
„Ein gewöhnlicher Scanchip besitzt etwa 500 interne Subdateien und Querverweise, die der Besitzer natürlich nicht lesen kann, weil sie nur von offiziellen Stellen abgerufen werden können“, erklärte HOK hastig.
Franks Gehirn wurde wieder einmal mit Fachbegriffen der Computersprache gequält, obwohl sich HOK nach Möglichkeit bemühte, alles für den Laien verständlich auszudrücken.
„Die Subdateien eines jeden Scanchips enthalten eine Fülle von Daten, zum Beispiel:
- Verhaltensanalyse am Arbeitsplatz
- Gesundheitszustand und gesundheitliche Risiken für die weitere ökonomische Verwertung des Bürgers
- Einkommen
- Konsumverhaltensstatistik
- Soziale Verträglichkeit
- Subversive Aussagen am Telefon und in Gesprächen
- Familienmitglieder und Verwandte
- Verhalten im Bezug auf Medien und Werbeangebote
- Religiöse Ausrichtung
- Freunde und Bekannte (inklusive der Kontaktintensität und Häufigkeit)
- Sexuelles Verhalten, usw.
Es gibt noch Hunderte weiterer Unterpunkte und Details, die ich dir hier jedoch ersparen möchte“, unterbreitete HOK.
„Und jetzt? Hab ich was
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