Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
Kofferraum zu holen.
„Das wird mein Vater schon richtig angeordnet haben“, ergänzte Julia und musterte Frank mit einem flüchtigen Blick aus ihren hübschen grünblauen Augen.
„Und wie war es so?“ versuchte sich Frank an einer Konversation.
„Wie war es wo so?“ fragte die junge Frau zurück und strich sich durch die wenigen Strähnen, die nicht in ihren Pferdeschwanz am Hinterkopf eingebunden waren und ihr ins Gesicht fielen.
„Ja, da, wo ihr ward.“, sagte Frank verlegen.
„Gut!“ erhielt er als verdammt kurze Antwort der Frau.
„Ist der Mann. äh .John. Engländer?“ schob Frank nach.
„Nein, und er mag keine Engländer“, hörte er von Julia. „John ist Ire. Rede mit ihm nicht über England oder gar über Engländer!“
„War ja nur 'ne Frage“, murmelte Frank und schaute an seiner Gesprächspartnerin vorbei.
„Gut, da jetzt alle Fragen gestellt sind, könnt ihr uns ja vielleicht beim Ausladen helfen“, empfahl die junge Frau Wilden, strich sich erneut durch ihre blonden Haarsträhnen und deutete auf den Kombi hin.
„Klar, wird erledigt!“ antwortete Alf und sah Frank bestimmend an.
In den nächsten Wochen hatten Frank und Alf alle Hände voll zu tun. Nicht nur notwendige Arbeiten an ihrem neuen Heim hielten sie auf Trab, sondern Wilden fielen auch immer neue Dinge ein, die die zwei im ganzen Dorf zu erledigen hatten.
Herr Kohlhaas lernte nach und nach mehrere der anderen Dorfbewohner kennen und konnte insgesamt behaupten, dass ihn die meisten zumindest halbwegs leiden konnten. Einige begegneten ihm aber nach wie vor noch mit großem Misstrauen und vermieden allzu tiefgehende und informative Gespräche mit dem jungen Mann. Dass er allerdings in einer Holozelle gesessen hatte, rang vielen in seiner Umgebung eine Mischung aus Mitleid und Respekt ab.
Julia Wilden, die er zugegeben optisch keinesfalls abstoßend fand, schien seine Gegenwart wohl nicht sonderlich zu suchen. Er bekam sie kaum zu Gesicht, auch wenn er ungewöhnlich oft bei Spaziergängen durch das Dorf den Weg an Herrn Wildens Haus vorbei nahm, obwohl es in einer Nebenstrasse lag.
„Sie sieht zwar gut aus, aber sie ist halt „Misses Wichtig“, die Tochter des großen Chefs.“ dachte er sich manchmal.
„Hält sich für was Besseres und scheint mir nicht übermäßig zu vertrauen.“
Und in der Tat: Julia Wilden, wie auch der junge Sven gehörten zu der Gruppe von Dorfbewohnern, die dem Kontakt mit ihm eher unterschwellig aus dem Weg gingen als ihn zu suchen. So kam es Frank jedenfalls vor.
Aber er bemühte sich, das Verhalten dieser Leute zu verstehen. Man kannte ihn nicht und nur durch Glück und Zufall war er an diesen seltsamen Ort gekommen. Was sollte er jetzt erwarten? Es wäre wohl für alle die sichere Liquidierung angeordnet worden, wenn er sich als Schwätzer oder Sicherheitsrisiko erwiesen hätte. Die Angst vor dem unbekannten Neuling schien also nicht ungerechtfertigt.
Alfred Bäumer jedenfalls hatte Frank bereits ins Herz geschlossen und auch Thorsten Wilden, dem Boss, schien er nicht unsympathisch zu sein, da dieser bei jeder Gelegenheit auf ihn einredete und ihm die Weltgeschichte von den Kulturgründungen der Indogermanen, über Alexander den Großen bis hin zur Gegenwart erklärte. Manchmal allerdings auch alles gleichzeitig.
„Man hätte Wilden gut für die Umerziehungsstunden in der Holozelle einspannen können, nur dass er die gegenteiligen Thesen vertritt. So viel hat selbst der Sprachcomputer nicht geredet“, sagte Frank einmal scherzhaft zu Alf.
Dieser verehrte den ehemaligen Unternehmer aufgrund seines universalen Wissens über Politik und Geschichte bis ins Mark, musste allerdings bei dieser Bemerkung auch schmunzeln.
So vergingen die Tage, Wochen und Monate in einer gewissen Eintönigkeit. Oft waren einige der Dorfbewohner für längere Zeiträume fort und ab und zu verließ eines der drei kleinen Transportflugzeuge seinen Standort, um irgendwo hin zu fliegen und erst Tage später wieder zurück zu kehren.
Die Flugzeuge wurden gut versteckt unter getarnten Planen oder in großen, alten Scheunen. Es war zwar nicht illegal, sie zu besitzen, da sie ja ordnungsgemäß registriert worden waren, aber auch hier ließ man lieber größere Vorsicht walten und versteckte sie so gut es ging.
Frank und Alf arbeiteten jedenfalls wie die Verrückten, um ihr Haus bewohnbarer zu machen. Tapeten wurden über viele Umwege besorgt, da es im Umkreis von vielen Kilometern keine Läden mehr gab,
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