Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
definierte Herkunft, in sich zerrissen und haltlos. Eine Kreatur ohne eigene Kultur, ohne höheren Geist und ohne Identität — den idealen Sklaven eben.
Weltfrieden in Ivas?
„Nicht schon wieder diese Ronald-Miller-Scheiße!“ stöhnte Alf am nächsten Morgen als er vor einem Laptop saß und die neuesten Nachrichten aus aller Welt abfragte. Auf einer Internetseite, die offiziell mit einem Sperrvermerk versehen war und für brave Normalbürger eigentlich nicht zugänglich sein sollte, sah er die Gedenkfeier für den von iranischen Freischärlern entführten und erschossenen Soldaten der internationalen GCF-Truppe in New York.
Natürlich war das Video über offizielle Fernsehsender weltweit ausgestrahlt worden, aber die verbotene Internetseite ergänzte es durch eine Reihe von Hintergrundinformationen und ließ seinen Inhalt so etwas anders erscheinen als es sich die Medien des Systems wünschten.
Der Weltpräsident drückte vor laufenden Kameras einige Krokodilstränen heraus, die an seiner kräftigen Nase entlang kullerten und dankte dem jetzt nicht mehr so unbekannten Soldaten für seinen Kampf gegen den Terrorismus, für Menschenrechte und den Weltfrieden.
Der Fernsehbericht zeigte Ronald Millers weinende Witwe, sein neugeborenes Baby und seine Tochter im Kindergarten. Die Reportage über seine süßen Kinder ging fast eine ganze Stunde. Die Tochter erzählte, dass sie gerne Bilder mit Wachsmalstiften malte, ihren Hamster liebte und dann wurde sie beim Weinen um ihren Vater in Großaufnahme präsentiert.
Der Weltpräsident besuchte sie im Kindergarten, bemühte sich, betroffen zu schauen und erklärte der Kindergärtnerin, wie wichtig es war, jetzt den Krieg gegen islamische
Fanatiker und abtrünnige Tendenzen in aller Welt zu verstärken.
„Die sollten ruhig einmal erwähnen, dass sie Teheran vor neun Jahren mit Nuklearwaffen dem Erdboden gleich gemacht haben!“ keifte Alf wütend und schlug fast seinen Laptop kaputt. „Darüber könnte man sicherlich auch ein paar gute Videoberichte mit weinenden Kindern drehen!“ Er wandte sich Frank zu: „Damals sind über eine Million Menschen, Frauen und Kinder, getötet worden. Die GCF hat sie einfach ausradiert, um ein Exempel zu statuieren!“ „Weiß ich noch.“, gab sein Wohngenosse zurück.
„Ach, Scheiße. Diese Drecksmedien. Diese Geistesvergifter würde ich mit Freude alle abknallen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte!“ spie er zornig heraus.
„Was soll's. Das ist halt die übliche Propaganda“, sagte Frank und ging in die Küche. „Reg dich nicht auf, sonst klappst du irgendwann mal um.“
Bäumer schimpfte noch eine Weile vor sich hin und folgte Frank. Er stellte sich vor seinen Mitbewohner und hob den Zeigefinger.
„Heute kommt John aus Minsk wieder“, sagte er. „Wir müssen mit Wilden reden, damit er uns sagt, wo wir ab jetzt wohnen können.“
„Ich mit dir wohnen? Dann kriegst du Fernsehverbot!“ erwiderte Frank mit einem Lächeln.
„Schnauze, ich bin geladen, Alter!“ zischte Alf zurück, grinste hämisch und machte ein paar spaßhafte Boxbewegungen in Richtung seines Gesprächspartners.
Das Gespräch mit dem Anführer der Gruppe war kurz und sachlich. Wilden erklärte den beiden, dass sie in
Zukunft in ein noch leer stehendes Haus am anderen Ende des Dorfes ziehen konnten. Es war eine Bruchbude sondergleichen, aber wenigstens hatte es einen alten Ofen und es gelang sogar, der Baracke nach einigen Anstrengungen Strom zu verschaffen.
Frank und Alf kehrten zu ihrer provisorischen Bleibe zurück und trafen auf einen vielleicht 45 J ahre alten Mann in einem Strickpullover, der Kisten aus einem lädierten, weißen Kombi auslud. Bei ihm war eine verdammt gut aussehende junge Frau mit langen blonden Haaren, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte.
John und die Frau näherten sich den beiden.
„Ach, wen haben wir denn da? Gestatten, John Thorphy“, stellte er sich vor.“
„Julia Wilden“, fügte die Blondine hinzu und lächelte.
„Alfred Bäumer, wir kennen uns ja noch nicht“, entgeg- nete Alf.
„Ah.. .Frank Kohlhaas“ schickte dieser in die Runde.
John Thorphy hatte einen stark englischen Akzent, was die Frage nach seiner ursprünglichen Herkunft aber nur oberflächlich klärte.
„Wir haben bei dir gewohnt. Nochmals vielen Dank. Wir sind gerade aus dem Knast befreit worden“, erläuterte Alfred.
„Kein Problem“ stellte John fest und machte sich weiter daran, Kisten aus seinem
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