Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
Büro.
Frank und Alf wurden ein wenig nachdenklich. Woher wusste der Japaner von der Sache in Paris? Wer hatte ihm erzählt, dass sie den Gouverneur des Verwaltungssektors „Europa-Mitte“ umgelegt hatten?
„Wilden! Es war Wilden!“, schoss es durch Franks Hirn. „Er hat Masaru Taishi davon erzählt und dieser hat es Takeuchi in dem Telefongespräch gesagt!“
Nach einigen Nachfragen bestätigte der General, dass er alles durch Taishi erfahren hatte. Die Sache war damals sogar im japanischen Fernsehen gewesen.
Wilden hatte wohl wieder einmal mit ihnen geprahlt, diesmal bei seinem alten Geschäftsfreund aus Japan. Die vorbildliche Geheimhaltung, von der er immer sprach, war das jedenfalls nicht. Und ihre japanische Kontaktperson hatte sie auch nicht auf die Paris-Geschichte angesprochen.
Was Herr Wilden wohl gesagt hatte?
Vielleicht: „He, Masaru! Ich schicke dir ganz prominenten Besuch nach Japan!“
Aber wie auch immer, der General hier in Sapporo wusste es und war augenscheinlich ganz begeistert. Es fehlte nur noch, dass er sie um Autogramme anbettelte.
Takeuchi beruhigte sich jetzt langsam wieder, stellte sein ununterbrochenes Grinsen ein und wurde etwas sachlicher.
„The Japanese army wants you for a special mission. You will leave Sapporo and go back to Tokyo !”, erklärte der Oberbefehlshaber.
„What mission?”, fragte Bäumer.
„They will tell you everything in Tokyo . You will leave Sapporo tomorrow! Good luck!”, sagte Takeuchi nur.
Damit war das Gespräch beendet, der japanische General wirkte wieder autoritär und entschlossen, schüttelte ihnen kurz die Hände und verschwand dann in einem anderen Raum.
Die beiden Freiwilligen gingen wieder zurück zum Lager. Nicht dass sie sonderlich unglücklich waren, Sapporo zu verlassen, aber was war das für eine Spezialmission, von der General Takeuchi gesprochen hatte?
Frank hielt plötzlich an, kratzte sich am Kopf und blickte zu Alf herüber.
„Sag mal, Alter … Wer ist denn eigentlich Rambo?“
Alf stutzte und zuckte mit den Schultern: „Rambo? Keine Ahnung!“
An diesem Abend lief Frank Kohlhaas ein letztes Mal durch die dunklen Strassen Sapporos. Der Soldat ging fast bis in die Innenstadt. Er wollte eine Zeitlang allein sein und hatte Alfred gesagt, dass er spätestens um 22.00 Uhr wieder zurück sei.
Es regnete und vereinzelt kamen sogar schon Schneeflocken vom finsteren Nachthimmel herab. Die Kälte schnitt durch den Stoff seiner Kleidung, aber Frank lief trotzdem immer weiter gerade aus.
Sapporo, die Metropole mit ihren ursprünglich etwa 2,5 Millionen Einwohnern, kam ihm heute wie leergefegt vor. Viele der ehemals schönen Häuser waren stark beschädigt und irgendwo weiter entfernt schlugen wieder Bomben ein.
Der junge Freiwillige war trotz des Lobes von General Takeuchi an diesem Abend niedergeschlagen und wehmütig.
„Was mache ich hier überhaupt?“, fragte er sich ständig selbst. „Japan halten, Sapporo halten, den Straßenzug halten?“
In einem Hauseingang neben ihm erkannte er eine japanische Frau, die in Wolldecken eingewickelt war und ihr Kind im Arm hielt. Sie sang ein schön klingendes Lied in ihrer Sprache. Frank hielt kurz an und drehte sich zu ihr um. Die Frau lächelte, wirkte jedoch vollkommen abgemagert und kränklich. Kohlhaas gab ihr ein kurzes Lächeln zurück und trottete weiter durch die Straßen.
Als er zu einer der größeren Einkaufstraßen kam, konnte er Männer erkennen, die Leichen aus den Trümmern der Häuser herauszogen und sie wie Feuerholz zu großen Haufen aufschichteten.
Der Anblick war schrecklich und Frank hielt sich die Hände vors Gesicht, um dieses Bild nicht weiter ertragen zu müssen. Er hatte in den letzten Tagen ausreichend tote Menschen gesehen, doch die vielen Leichenhaufen gingen selbst ihm an die Substanz.
„Ist es das alles wert?“, fragte er sich und ging zurück in Richtung des Maruyamaparks.
„Würde die Welt, wenn ich sie formen könnte, wirklich eine bessere sein?“, bohrte es in seinem Kopf.
Es war bedrückend wie die vorher so schöne und beeindruckende Stadt jetzt aussah. Überall lagen Trümmer und ein Ende des Wahnsinns war nicht abzusehen.
„Nur damit sich euch Japan wieder unterwirft? Nur damit eure Weltmacht nicht gefährdet wird, vergießt ihr so viel Blut und schafft solches Leid?“, grübelte er vor sich hin.
„Ich weiß gar nicht, ob ich euch noch aufhalten will. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Wenn ich ein Held bin, wie
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