Beutewelt 03 - Organisierte Wut
Obdachlosen und Bettlern, welche sich kein Dach über dem Kopf leisten konnten und auch keine Aussicht mehr auf einen Broterwerb hatten.
So erging es großen Teilen Europas, aber in Osteuropa war es am schlimmsten und so wuchs eine Welle des Unmuts in der Bevölkerung heran, wie sie vorher noch nie da gewesen war.
Zudem wurde seit Beginn des neuen Jahres eine weitere Steuererhöhung durchgesetzt, um die ständig leeren Kassen des Sub-Verwaltungsbezirks „Baltikum-Weißruss-land“ wieder kurzzeitig aufzufüllen. Ein großer Teil der Gelder wurde allerdings für das Abtragen von Schulden an den „Global Bank Trust“, die internationale Bank des Weltverbundes, aufgewendet und war genau so schnell wieder ausgegeben, wie er eingenommen worden war.
So bildete sich langsam ein Nährboden für Unruhen, doch von Artur Tschistokjow war noch immer nichts zu sehen. Er blieb nach wie vor irgendwo im Untergrund und scheute die Öffentlichkeit aus verständlichen Gründen. Stattdessen verfasste er ein Buch mit dem Titel „Der Weg der Rus“, in dem er seine wichtigsten politischen Ziele, aber auch Biographisches, zu Papier brachte. Der junge Mann schrieb in dieser Zeit wie ein Besessener und bald brachte es sein Werk auf über 1.200 Seiten.
Artur Tschistokjow war entschlossen wieder zu kommen. Die Verfolgungswelle und die brutale Zerschlagung seiner Organisation hatten ihn nur kurzzeitig demoralisiert, dann folgte er wieder seinen Visionen von einem freien Russland und sein fanatischer Wille ließ ihn nicht mehr ruhen.
Seine Eltern und sein älterer Bruder waren inzwischen, nach einer langen Zeit in Haft, im Zuge der letzten großen Liquidierungswelle von den Schergen der Weltregierung ermordet worden. Das hatte er mittlerweile herausgefunden. Es war zu Beginn des Jahres passiert.
Scheinbar hatte man sie überhaupt nur so lange leben lassen, weil die Behörden hofften, dass er sich vielleicht doch eines Tages wegen ihnen aus seinem Versteck hinauswagen würde. Doch das hatte er nicht getan und somit sahen die Mächtigen keine Veranlassung mehr, sie nicht zu liquidieren.
Artur Tschistokjows Hass wuchs in diesen Wintermonaten ins Unermessliche und ihm wurde immer deutlicher bewusst, dass auch sein Leben nur noch mit dem Erfolg seiner Bemühungen Sinn machte. So fasste er den felsenfesten Entschluss, jetzt endgültig mit allen Konsequenzen zu kämpfen und zu siegen – oder zu fallen.
Frank, Alfred, Wilden und Sven warteten in HOKs Arbeitszimmer jetzt schon eine halbe Stunde sehnsüchtig auf das Klingeln des Handys. Heute Morgen hatte sich Artur Tschistokjow bei dem fülligen Informatiker auf einer gut verschlüsselten Leitung gemeldet und nach Herrn Wilden gefragt. HOK hatte erklärt, dass er den Dorfchef erst holen müsse und der Rebellenführer versprach, dass er sich um 13.00 Uhr wieder melden würde.
„Wir haben jetzt Ende Februar. Wo hat der Kerl die ganze Zeit gesteckt?“, fragte Frank die anderen.
„Er hatte sich verdrückt. Das war auch das einzig Richtige. Wir sollten froh sein, dass die Behörden nicht auf Ivas aufmerksam geworden sind“, antwortete der Dorfchef und starrte mit gierigen, aufgerissenen Augen auf das Display des Handys vor ihm. Die Uhr zeigte jetzt 13.20 Uhr, das Display leuchtete hell auf und ein Klingeln zerriss die erwartungsvolle Stille.
„Ja?“ Wilden nahm den Anruf mit unterdrückter Rufnummer entgegen.
„Ich bin es, Thorsten!“
„Ha, ha! Du lebst! Wo warst du die ganzen Monate?“
„Ich war versteckt. Ich kommen nach Ivas. Morgen!“
„Super! Wir freuen uns alle auf dich. Wann kommst du?“
„15.00 Uhr ich bin bei dir.“
„Gut, bis morgen!“
Der ältere Herr legte auf und strahlte die anderen glücklich an. Frank klopfte ihm sanft auf die Schulter und stieß einen Freudenschrei aus.
„Ich danke Gott, dass er noch lebt!“, bemerkte Kohlhaas erleichtert und strahlte.
„Wenn sie ihn erwischt hätten, dann wäre das schon im Fernsehen gekommen. Meinst du nicht auch?“, sagte Alf.
„Das ist wohl wahr! Mensch, was bin ich froh!“, stieß Frank aus und ballte die Faust wie ein Olympiasieger.
Artur Tschistokjow verneigte sich höflich und zwinkerte Frau Wilden, welche ihm die Tür geöffnet hatte, zu. Dann kam er die Treppe herauf und ging ins Arbeitszimmer des Dorfoberhauptes, wo ihn ein Dutzend Männer freudig begrüßte.
„Ich bin noch da. Zurück aus den Exil!“, scherzte der Russe.
„Wo warst du denn?“, erkundigte sich Frank.
„In Nähe von
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