Beutewelt 03 - Organisierte Wut
und?“, gab Artur grimmig zurück.
„Und Minsk?“, hakte Kohlhaas nach.
„In Minsk wir werden nicht demonstrieren. Das ist zu gefährlich! Auch nicht in die andere ganz große Städte, wie Wizebsk und so weiter …“
Artur erläuterte weitere Einzelheiten seines Vorhabens. Er wollte die Macht der Behörden tatsächlich zuerst in den ländlicheren Regionen auf die Probe stellen. Wilden fand die Idee gut und lobte die Entschlossenheit des jungen Politikers. Frank und Alfred waren allerdings noch immer nicht ganz von Arturs Plänen überzeugt.
Am 03.05.2034 begann Tschistokjow mit einem ersten Protestmarsch in Verkhnedvinsk, einer verschlafenen Kleinstadt mit kaum 15.000 Einwohnern im äußersten Norden Weißrusslands. Über 2.000 Anhänger konnte er dort versammeln, welche seiner fast zweistündigen Rede lauschten. Der Zuspruch in der Bevölkerung war enorm und der Politiker wurde von vielen tatsächlich wie ein Befreier gefeiert und bis auf eine kleine Anzahl von filmenden Polizisten ließ sich die Staatsgewalt nicht blicken. Es war ein erster Erfolg.
Eine Woche später nahmen sich die Anhänger der Freiheitsbewegung der Rus die Stadt Disna vor. Sven und die anderen jungen Leute hatten bereits einen Tag vor der Kundgebung Flugblätter rund um die Kleinstadt verteilt und sich bei den Bauernfamilien, welche hier um ihre wirtschaftliche Existenz kämpften, viele Sympathien verschafft. Dann folgte eine Kundgebung mit etwa 800 Leuten. Frank und Alfred waren diesmal auch mit dabei.
Auch hier verlief alles ruhig, denn die wenigen Polizisten ließen es offenbar auf keine Straßenschlacht ankommen.
Zwei Wochen später gab es Demonstrationen in Kobylnik und Dokshitsky im Nordwesten des Landes. Die Massenversammlungen wurden gleichzeitig durchgeführt und eine leitete Artur selbst. Die andere organisierte Michail Tcherezov aus Minsk.
Insgesamt nahmen an beiden Veranstaltungen über 3.000 Menschen teil. In Kobylink kam es diesmal zu ersten Auseinandersetzungen mit zwei Hundertschaften der regionalen Polizei. Ein Beamter und drei Demonstrationsteilnehmer wurden erschossen und mehrere verletzt. Anschließend gab es einige Verhaftungen.
Anfang Juni führte Artur Tschistokjow noch eine letzte Demonstration durch Lepel, eine heruntergekommene Kleinstadt im Süden von Wizebsk. Frank und Alfred begleiteten den Demonstrationszug von etwa 1.000 Männern und Frauen diesmal als bewaffnete Ordner. Es verlief alles ruhig und die Rus ernteten erneut viel Zuspruch bei den Einwohnern der Stadt.
Nach jener letzten Veranstaltung für diesen Monat zog sich der Anführer der Freiheitsbewegung zuerst einmal für ein paar Wochen zurück und arbeitete weiter am inneren Aufbau seiner Organisation.
Gelegentlich tauchte er in dieser Zeit auch unangekündigt in Ivas auf und besprach diverse Dinge mit Wilden. Der rastlose Rebellenführer hatte mittlerweile eine neue, geheime Druckerei für seine Zeitung eingerichtet und brachte das Blatt mit Wildens finanzieller Hilfe in einer beeindruckend hohen Auflage heraus.
Seine Bewegung hatte sich in den letzten Monaten gut erholt und war stark angewachsen. Alle neuen Mitglieder wurden jetzt endgültig dazu verpflichtet, bei öffentlichen Auftritten in grauem Hemd und schwarzer Hose zu erscheinen, um die Einheit der Rus zu demonstrieren. Schließlich brachte Tschistokjow sogar sein in den letzten Wintermonaten verfasstes Buch, „Der Weg der Rus“, endlich in gedruckter Form heraus.
Er verkaufte es nicht nur an seine Getreuen, welche es ihm förmlich aus der Hand rissen, sondern verschickte es auch anonym, in gedruckter Form oder als elektronische Datei, an Tausende von hohen Beamten, Polizeichefs und Leiter von Verwaltungseinrichtungen, um ihnen seine Gedanken näher zu bringen.
Die Medien berichteten über die Aktion und warnten eindringlich vor den „Wahnideen“ Tschistokjows und seinem „hetzerischen Machwerk“.
Scheinbar hatte er damit sogar ein wenig Erfolg, denn als er Anfang August eine weitere Kundgebung in der kleinen Grenzstadt Surazh durchführte, war ein Teil der wenigen Polizisten, welche den Marsch der etwa 4000 Demonstranten beobachteten, ungewöhnlich freundlich und verhielt sich demonstrativ ruhig.
Auch Frank und Alfred waren von dem mutigen Auftreten ihrer russischen Gesinnungsgenossen beeindruckt und flankierten die Menschenmasse an diesem Tag erneut als bewaffnete Ordner.
Special Forces Frank
„Langsam nimmt die Sache richtig Gestalt an“, meinte Frank begeistert
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