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Beverly Barton, Hexenopfer

Beverly Barton, Hexenopfer

Titel: Beverly Barton, Hexenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Barton
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zur Vorsicht geraten hat. Selbst mit Drudwyn in Ihrer Nähe« – er warf einen prüfenden Blick durch den Raum – »im Übrigen, wo ist Ihr Gefährte?«
    Sie setzte sich Dallas gegenüber, nahm eine Leinenserviette von einem mit Rosen verzierten Porzellanteller und legte ein großes, dickes Sandwich frei. Dallas lief das Wasser im Mund zusammen. Seit dem Mittag hatte er keinen Bissen gegessen, und das war mehr als zehn Stunden her.
    »Der ist in der Küche geblieben«, erwiderte sie.
    »Freiwillig?«
    »In gegenseitigem Einvernehmen.«
    Sie blickte ihn unverwandt an. Ein eigenartiges Gefühl traf ihn in der Magengrube. »Los, Dallas, greifen Sie bitte zu.«
    Sein Name kam ihr über die Lippen, als wäre er mit Honig überzogen. Ein goldiger Südstaatenakzent. Eine feste Faust legte sich um sein Inneres. Hier stimmte doch etwas nicht. Es war nicht seine Art, so auf Frauen zu reagieren. Niemals.
    »Ich weiß noch gar nicht, wie Sie heißen.« Er zwang sich zu einem Lächeln. Zum Teufel, ihm war nicht nach Lächeln zumute; am liebsten wäre er verängstigt aus diesem Haus gerannt – nur fort von dieser fremden und dennoch eigenartig anziehenden Frau.
    »Genevieve Madoc. Aber die Leute nennen mich Genny.«
    Genevieve. Der Name passte zu ihr. Ebenso wie Genny. Altmodisch, ein bisschen romantisch sogar.
    »Ich weiß Ihre Gastfreundschaft zu schätzen, Genny.«
    »Sie sind herzlich willkommen.«
    Wieder streckte sie den Arm aus und berührte seine Hand, doch diesmal schloss sie die Augen. Was um alles in der Welt machte sie da? Mit einem Ruck zog sie die Hand fort.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte er.
    »Ihr Schmerz ist sehr groß«, erwiderte sie. »Beinahe mehr, als Sie ertragen können. Es war nicht Ihre Schuld, dass sie gestorben ist. Und es ist nicht Ihre Schuld, dass Sie ihren Mörder nicht gefunden haben. Aber das werden Sie. Und zwar bald.«
    Dallas ließ die Tasse fallen, die zerbrach, als sie auf dem harten Holzboden auftraf. Der Tee breitete sich auf der glänzenden Oberfläche aus. Ein paar Minuten lang starrte er Genny nur reglos an. Zeitlose Momente.
    »Tut mir leid wegen der Tasse«, sagte er, während er die Scherben auflas. »Wenn Sie mir einen Lappen geben, werde ich …«
    »Kein Problem. Ich mache das schon. Hier …« Sie nahm ihre Tasse, füllte sie mit Tee und reichte sie ihm. »Trinken Sie, essen Sie, entspannen Sie sich. Ich werde mich um Sie kümmern.«
    Bevor er antworten konnte, stand sie auf und eilte aus dem Zimmer. Dallas starrte ihr nach, verblüfft durch ihre Worte. Ich werde mich um Sie kümmern.
    »Woher wussten Sie von meiner Nichte?«, fragte er.
    »Jacob hat es bestimmt erwähnt«, erwiderte sie, als sie im Türrahmen stehenblieb.
    Er konnte es nicht genau beschreiben, aber Genny hatte etwas Eigenartiges an sich, etwas, das keinen rechten Sinn ergab. Komm wieder auf den Boden, schalt er sich. Du bist müde, du bist gestresst, und du hast seit sechs Monaten keine Frau gehabt. Auf schlichte Menschenfreundlichkeit reagierst du überreizt.
    Das mochte so sein, aber er konnte das beunruhigende Gefühl nicht abstreifen, dass Genevieve Madoc sein Leben für immer verändern würde.
    Er legte ihren schlaffen Körper in die Mitte des Bettes, schaute auf sie hinab und lächelte.
    Das zweite Opfer war ihm ebenso leicht wie das erste in die Arme gefallen. Die Vorsehung sorgte immer vor. Die ersten vier musste er nie auswählen – die kamen stets zu ihm. Er wartete einfach auf sie. Manchmal dauerte es nur ein paar Tage. Dann wiederum brauchte er Wochen. Aber sie waren wichtig. Ihr Blut ernährte ihn, verlieh ihm Kraft, bereitete ihn auf das fünfte Opfer vor.
    Sie würde ein paar Stunden lang bewusstlos bleiben. So lange, dass er ihr die Kleider ausziehen und sich befriedigen konnte. Da das Wetter so schlecht war, glaubte er nicht, dass ein Schauplatz im Freien klug wäre. Wo konnte er einen geeigneten Platz für die Darbringung des Opfers finden? Nur zwei Dinge brauchte er, um die Tat zu begehen: einen Altar und absolute Ungestörtheit.
    Hier konnte er sie nicht sehr lange lassen. Nicht ohne zu riskieren, entdeckt zu werden. Nein, er musste rasch eine Stelle suchen, irgendwo in der Nähe, denn bei diesem Schneesturm stand es außer Frage, weit zu fahren. Vor Tagesanbruch würde er sie auf den Altar legen, die feierlichen, heiligen Worte aussprechen, die ihm als Junge beigebracht worden waren, und dann, wenn der Morgen über dem östlichen Horizont heraufzog, würde er das Opfer

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