Beverly Barton, Hexenopfer
gemacht hast. Angst, ich könnte die Nächste sein.«
Er schüttelte ihre Hände ab und lockerte den liebevollen Griff um ihr Gesicht. Dann nahm er ihre Hand und schaute ihr in die Augen. »Ich habe dich gerade erst gefunden, Schätzchen. Ich könnte es nicht ertragen, dich so bald schon wieder zu verlieren.«
Sie drückte seine Hand. »Du wirst mich nicht verlieren.«
»Doch. Eines Tages wirst du mich ansehen und einen alten Mann vor dir haben. Dann wirst du grünere Weiden aufsuchen.«
»Sei nicht albern.« Sie stellte sich auf Zehenspitzen, um ihn rasch auf den Mund zu küssen. »Ich bin zufällig in dich verliebt, Jim Upton. Ist dir das noch nicht klar geworden?«
Jim schüttelte den Kopf und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das dichte, weiße Haar. »Ich bin zu alt für dich. Ich könnte dein Vater sein.«
»Wenn die Leute über uns Bescheid wüssten, würden sie glauben, du seist ein alter Knacker, der mich aushält.«
Jim grinste. »Haben die eine Ahnung!«
»Wie bist du so früh am Morgen von zu Hause fortgekommen? Wird Reba sich nicht fragen, wo du steckst?«
»Ich habe eine Nachricht hinterlassen und erklärt, dass ich mich wahrscheinlich dem Suchtrupp anschließe, den Jerry Lee zusammengestellt hat.«
»Du hast gesagt, eine weitere Frau sei vermisst. Hat der Mörder sie? Ist … ist sie tot?«
Jim nickte. Erin sah ihrem Liebhaber an, dass ihn noch etwas anderes beunruhigte, etwas mehr als seine Besorgnis um ihre Sicherheit. Vom ersten Augenblick an, als sie ihn kennenlernte – ausgerechnet in der Kirche –, hatte sie sich zu dem großen, ruppigen Mann mit den schönen blauen Augen hingezogen gefühlt. Er war fünfundzwanzig Jahre älter als sie und verheiratet. Sie hatte noch nie etwas mit einem verheirateten Mann angefangen. Niemals. Und wenn sie darauf gewartet hätte, dass er den ersten Schritt tat, würde sie noch immer warten. Sie hatte sich spontan entschieden, so viel wie möglich über ihn in Erfahrung zu bringen, und lief ihm vorsätzlich überall über den Weg, wohin er ging. Sie konnte nicht genau erklären warum, aber sie hatte ihn begehrt wie schon lange nichts oder niemanden mehr. Die Leute könnten meinen, sie sei hinter seinem Geld her, doch das stimmte nicht. Sie brauchte Big Jims Vermögen nicht. Sie besaß selbst ein ansehnliches Vermögen, einen Treuhandfonds von ihrem Großvater seit ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr. Dieser Wohlstand hatte es ihr ermöglicht, ihren Traum zu verfolgen, Malerin zu werden. Aber jetzt war sie fast fünfzig, und auf ihrem erwählten Gebiet war ihr kein Erfolg beschieden.
»Komm rein und setz dich.« Erin ging ihm voraus zum Sofa. Sie setzte sich und klopfte auf das Polster neben sich. Jim ließ sich auf der karierten Couch nieder. »Was ist los?«, fragte sie.
»Ich habe dir doch gesagt – solange ein Mörder frei herumläuft, mache ich mir Sorgen, wenn du hier ganz alleine bist.« Er hob eine ihrer Haarsträhnen und kringelte sie um ihr Ohr.
Ihr gefiel, dass er die Hände nicht von ihr lassen konnte. Immer wenn sie zusammen waren, berührte er sie ständig, als bereiteten ihm diese einfachen Gesten unermessliches Vergnügen. Er berührte ihre Haare, ihr Gesicht, ihre Hände. Und wenn er mit ihr schlief, ließ er keinen Quadratzentimeter ihres Körpers unberührt. Er war der aufmerksamste, liebevollste Liebhaber, den sie je hatte.
»Jim, wir kennen uns vielleicht noch nicht so lange, aber ich bin mit deinen Stimmungen inzwischen so vertraut, dass ich weiß, wann dich etwas beunruhigt.« Sie streichelte seine Wange. »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin hier. Sprich mit mir.«
Er schloss die Augen, und ein Ausdruck schierer Pein spannte seine Gesichtszüge an. Erins Herz schlug schneller. Dieser schreckliche Schmerz in seinem Gesicht flößte ihr Angst ein.
»Herrgott, Jim, was ist los?«
Er sackte nach vorn, stützte sich mit den Ellbogen auf den Schenkeln ab und vergrub das Kinn in den Händen. »Ich möchte von dir hören, dass du mich für verrückt hältst, weil ich auch nur die Vermutung hege … ich habe das Gefühl, dass allein der Gedanke falsch ist. Wie kann ich ihn für fähig halten, etwas so Grauenvolles zu tun?«
Sie legte Jim die Hand auf den Rücken und streichelte ihn tröstend. »Du sprichst in Rätseln. Worum geht es? Wem unterstellst du was?«
»Jamie.« Jim sprang vom Sofa auf, drehte sich um und sah Erin an. »Er ist letzte Nacht wieder nicht nach Hause gekommen. Ich habe keine Ahnung, wo
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