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Bevor Alles Verschwindet

Bevor Alles Verschwindet

Titel: Bevor Alles Verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Scheffel
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Seite seines Lebens gestrichen, hat den Tabakduft eingesogen, Cremon Latakia Blend, immer der gleiche, solange sie ihn kennt, und im Nachhinein ist sie froh, dass Ernst trotz Verbot auch im Bett, auch beim Lesen an seiner Pfeife gezogen hat. Nun ist es zu spät, die Einladung anzunehmen.
    »Greta, ich bringe dich nach Hause«, sagt Jeremias.
    »Nein, ich mache das«, ruft David, der plötzlich wie aus dem Nichts neben Greta auftaucht. »Bitte«, sagt er und hat die Hände wie fast immer in den Jackentaschen. Jetzt eilt auch Wacho hinüber zum Salamanderhaus, und beruhigenderweise kann Greta bei ihm den Weg, den er zurücklegt, mitverfolgen.
    »Du bleibst schön hier, Freundchen«, ruft Wacho.
    »Wacho«, sagt Jeremias mit betont fester Stimme. »Ich denke nicht, dass es ein Problem ist, wenn David Greta zum Friedhof begleitet. Er kennt den Weg.« Jeremias schaut zu Wacho hinauf, der etwa einen halben Kopf größer ist als er. Normalerweise verschafft Jeremias sich mit Blicken Respekt, aber heute bleibt Wacho hart. Er greift nach Davids Arm, und der zuckt zusammen, auf seiner Stirn Furchen. David öffnet den Mund, und Greta fürchtet, er könne seinem Vater die Meinung sagen, aber dann schließt David den Mund wieder.
    »Mach bloß kein Theater«, sagt Wacho, und David versucht, kein Theater zu machen, und drückt mit der freien Hand umso fester irgendetwas in seiner Tasche.
    »Wie auch immer«, sagt Eleni. »Auf jeden Fall muss Greta von irgendwem nach Hause gebracht werden, und wenn David das machen würde, wäre ich ihm sehr dankbar, dann kann ich Jeremias nämlich mit ins Bett nehmen, dann weiß ich, wenn ich die Tür hinter mir zumache, dass ich alle gut im Haus habe.«
    Fragend schaut Eleni David an, der starrt auf den Boden, Eleni sieht zu Wacho, der blickt ihr wütend ins Gesicht.
    »Schön für dich«, sagt Wacho. »Dass du alle da hast.« Er krallt seine Hand in Davids Arm, der presst die Lippen aufeinander, immer noch kein Theater. »Mein lieber Herr Sohn«, sagt Wacho, »mein lieber David hingegen zieht es nämlich vor, sich herumzutreiben, während der vernünftige Teil der Menschheit sich zu einer wichtigen Besprechung versammelt. Ja, so ist es. Meinem Sohn ist alles scheißegal. Ich übrigens
auch, ich an erster Stelle. Mein Sohn ist auf der Suche nach einem Fremden, anstatt sich nützlich zu machen. Guck nicht so, Jula, das geht dich nichts an.« Jula grinst Wacho an und geht dann ins Haus.
    »Arschloch.«
    »Wir kommen auch gleich, Schatz«, sagt Eleni und zu Wacho: »Reiß dich bitte zusammen, ja?«
    »Nein«, sagt Wacho und schleudert David demonstrativ hin und her, so dass der das Gleichgewicht verliert, mit den Knien auf den Boden schlägt und merkwürdig schief an Wachos Arm hängen bleibt. David ist zu groß, um sich so eine Position gefallen zu lassen. Aber wie er da am Boden hängt, wirkt es fast trotzig. »Steh auf«, sagt Wacho. »Und mach nicht so seltsame Verrenkungen.« David gehorcht. Greta ist entsetzt, dass David sich das bieten lässt und mit welcher Vehemenz.
    Wacho blickt erst zu Jeremias, dann zu Greta: »Er kommt mir abhanden.« Was sollen sie dazu sagen? Wacho wartet noch einen Moment, dann fährt er fort: »Das nächste halbe Jahr über werde ich ihn sehr gut im Blick behalten.« Greta macht einen Versuch:
    »Ich würde mich sehr freuen, wenn David mich nach Hause begleitet, er wird danach sofort wieder zurückkommen. Nicht, David?« David nickt.
    »Ich lass mich von euch doch nicht verarschen«, faucht Wacho. »Ihr haltet mich für verrückt, das weiß ich. Ich bin Bürgermeister! Und von ein paar roten Kreuzen und Zahlen lasse ich mich nicht aus der Fassung bringen, und meinen Sohn habe ich auch unter Kontrolle, stimmt's, David?« David nickt und Wacho lächelt stolz: »Seht ihr? Mein Junge. Er geht jetzt mit mir nach Hause. Und ihr könnt uns gar nichts, gar nichts könnt ihr uns, ihr könnt machen, was ihr wollt, ihr könnt unser Haus meinetwegen rot ansprühen, von oben bis unten, bis es aussieht wie ein verdammter Puff, aber uns bei
den könnt ihr nichts!« Wacho starrt Greta und Jeremias noch einmal wild an und zieht dann David hinter sich her übers Kopfsteinpflaster und die weiße Treppe hinauf. Neben der Tür drückt er ihn gegen die Wand, brummt »Warte.« Mit fahrigen Fingern schließt er auf, packt David und stößt ihn hinein. »Gute Nacht allerseits«, brüllt Wacho quer über den Platz und dann schlägt er die Haustür hinter sich zu.
    »Da kann man nichts

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