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Bevor Alles Verschwindet

Bevor Alles Verschwindet

Titel: Bevor Alles Verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Scheffel
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Abendessen haben sie aufgegeben, dass es die Kinder noch gibt, merken Eleni und Jeremias an einem fehlenden Milchriegel, einem Stück Wurst auf dem Küchenboden, einem Joghurtbecher im falschen Mülleimer. Die Eltern sitzen allein.
    »Ich habe mir etwas überlegt«, sagt Eleni, »wegen des Umzugs.« Jeremias kaut stoisch sein Brot. Er ahnt, was gleich kommt und warum Eleni so schnell spricht: »Ich bleibe erst einmal hier. Ich warte auf die Kinder, bis die bereit sind.«
    »Aber der Hausbau muss überwacht werden, jemand muss präsent sein, sonst machen die, was sie wollen«, sagt Jeremias und es klingt ihm viel zu sehr nach einer Verteidigung.
    »Deshalb wirst du fahren«, sagt Eleni.
    »Meinst du das ernst?«
    »Natürlich, es spricht nichts dagegen und vieles dafür«, sagt Eleni und lehnt sich zurück in ihrem Stuhl. Es ist alles gegessen, alles gesagt, aber Jeremias will sie noch nicht aufgeben, seine Idee eines geordneten Rückzugs.
    »Und wann, meinst du, sind die Zwillinge bereit? Ich fürchte nämlich, sie werden es nie sein. Sie werden hier ausharren, bis ihnen der See bis zum Hals steht, und danach schwimmen sie, aus lauter Trotz.«
    »Warum sollten sie?«
    »Weil sie aus dem Ganzen einen Wettbewerb machen. Ir
gend so ein Wer-meint-es-ernster-Ding«, sagt Jeremias. Eleni nickt.
    »Könnte sein.« Jeremias nutzt die Chance und greift nach ihrer Hand. Er spricht leise und wählt seine Worte vorsichtig:
    »Ich will nicht, dass wir beide auch so ein Ding anfangen. Das wird doch nichts. Das bringt nur Streit.«
    »Du hast schon verloren«, sagt Eleni, und sie löst ihre Hand aus seiner Umklammerung und schneidet sich ein dickes Stück Käse ab. »Du hast als Erster gesagt, dass es gut wäre umzuziehen. Damit musst du jetzt leben.«
    »Damit kann ich leben«, sagt Jeremias und: »Aber das ist doch kindisch.«
    »Hausboot«, sagt Eleni. »Ich sage nur Hausboot.«
    »Na und«, sagt Jeremias. »Es ist doch nur eine Idee, wie gesagt. Ein Hausboot hat nichts mit einem kindischen Verhalten zu tun.«
    »Womit dann?«, fragt Eleni. Jeremias kratzt das Hausboot mit dem Fingernagel in die alte Tischplatte, das hält bis morgen, dann reinigt der Tisch sich irgendwie selbst, oder die Sonne übernimmt das, falls die jemals wieder auftauchen sollte.
    »Ein Hausboot wäre eine Option. Ich weiß nicht, was wir in diesem neuen Ort sollen, ob wir da überhaupt hinpassen«, gibt Jeremias zu. Eleni zieht die Augenbrauen hoch.
    »Es heißt doch immer, wir sind der Ort. Die Verantwortlichen sagen, dass wir gestalten, was da kommt. Wir dürfen sogar den Namen aussuchen. Passender kann es gar nicht sein. Es wird alles für uns gebaut. Liest du denn nicht die Broschüren?« Sie will ihn provozieren, aber er lässt sich nicht darauf ein, schüttelt nur stumm den Kopf. Eleni setzt nach:
    »Ich meine, du hast dann schließlich das Türmchen an deinem Haus. Von da aus kannst du auf den See blicken oder in die andere Richtung, wenn du willst. Du kannst dir wieder wie ein Entdecker vorkommen.« Sie grinst ihn an, er grinst
zurück, aber sein Grinsen ist wieder eine dieser Totenkopffratzen.
    »Kann es sein, dass du mich verarschst?«
    »Nein«, sagt Eleni. »Ich versuche lediglich, die Vorzüge aufzuzählen.«
    »Spar dir das«, sagt Jeremias.
    »Streitet ihr?«, fragt Jula, die mit ihrem Bruder plötzlich im Raum steht.
    »Nein«, sagt Jeremias. »Wir diskutieren nur. Es sieht wohl so aus, als würde ich mich schon mal um das neue Haus kümmern und vorfahren. Ihr kommt dann mit eurer Mutter nach.«
    »Mach doch«, sagt Jules und geht.
    »Jetzt ist er wütend«, sagt Jula. »Aber wird schon wieder.«
    »Wir wollen es hoffen«, sagt Eleni.
    »Ich weiß doch auch nicht, wie man so etwas macht«, sagt Jeremias. »Ich werde doch auch das erste Mal umgesiedelt. Scheiße noch eins, wie soll man da verdammt noch mal gleich alles richtig machen?«
    »Machen wir das mit dem Hausboot echt?«, fragt Jula.
    »Nein, Schatz«, sagt Eleni. »Papa hat nur gesponnen.«
    »Ach so«, sagt Jula und dann folgt sie ihrem Bruder. Immerhin verstehen sich die beiden wieder, denkt Jeremias. Immerhin ist das wieder in Ordnung.
    »Dann fahre ich morgen«, sagt er.
    »Mach das«, sagt Eleni, sie kramt im Altpapier.
    »Was suchst du?«, fragt Jeremias. Er steht auf, um ihr zu helfen. Eleni sucht, als wäre es dringend.
    »Nichts«, sagt sie. »Schon gut. Ich dachte nur, hier ist vielleicht Post weggekommen.« Jeremias wühlt im Papier, er findet nur Werbeprospekte und den

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