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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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schweißnasse Hand. Und plötzlich war auch Elvis neben ihr, leckte ihr Gesicht ab und drängte mit dem Kopf zu der Leine, während sein Schwanz eifrig gegen den Kinderwagen klopfte.
    Was kriechst du denn hier dumm auf dem Boden rum , schien er zu fragen.
    Cindy befestigte die Leine an seinem Halsband und rappelte sich auf die Füße. Kyle lag auf dem Rücken, strampelte mit den Beinen und gluckste zufrieden. »Danke, Gott«, flüsterte Cindy, schob den Kinderwagen Richtung Poplar Plains Road und weiter zur Edmund Street. Überall wurde gebaut, dachte sie abwesend, als sie den neuen Zaun, der um ein ausladendes Haus im Tudor-Stil errichtet wurde, und die Betonveranda bemerkte, die vor einem modernen Stadthaus direkt gegenüber hochgezogen wurde. Überall sah man große Laster. Arbeiter mit Helmen und Jeans schleppten schwere Steine und Leitern und nickten ihr zu, als sie vorbeiging. Wie lange hatten sie schon in diesem Viertel zu tun? So lange, dass ihnen Julia aufgefallen war?
    Niemand stolziert über die Straße wie Julia , hatte Ryan bemerkt.
Cindy bog links in die Edmund Street, während ihr Blick nervös von den stattlichen Zweifamilienhäusern auf der einen Straßenseite zu den Einfamilienhäusern und großen Apartmentkomplexen auf der anderen Straßenseite zuckte. Befand sich Julia in einem dieser Gebäude?
    Cindy hatte die Gegend um die Avenue Road und die St. Clair Avenue immer für sicher gehalten.
    War sie das wirklich?
    Hatte Julia nicht genau um diese Tageszeit, um kurz nach elf, just jene Straßen betreten und war spurlos verschwunden?
    Ein kalter Schauer lief über Cindys Rücken, und trotz des ungewöhnlich heißen Herbsttages fröstelte sie unvermittelt. Sie beschleunigte ihre Schritte und wäre beinahe mit einer Frau mit krausem Haar kollidiert, die mühsam einen leeren Buggy schob, während sie mit der anderen Hand ihr zappelndes Kleinkind festhielt. So ist es richtig, ermunterte Cindy die Mutter stumm. Halten Sie ihn gut fest. Nichts ist so sicher, wie man glaubt.
    Nirgendwo ist es sicher.
    Elvis sträubte sich, als sie wieder in die Balmoral Avenue bogen, weil er spürte, dass sich der kurze Spaziergang seinem Ende näherte. »Tut mir Leid, Junge«, erklärte Cindy ihm, als sie ihn die Stufen zu ihrem Haus hochzerrte. Ihn in der Küche einzusperren war offensichtlich zwecklos. »Ich mache einen ganz langen Spaziergang mit dir, wenn Ryan nach Hause kommt. Versprochen. Aber pinkele bitte nicht auf den Fußboden.«
    Sobald sie das Haus der Sellicks wieder betraten, fing das Baby an zu schreien. Cindy trug es in die Küche, nahm eine weitere Flasche abgepumpte Milch aus dem Kühlschrank und wärmte sie in der Mikrowelle auf. Sie fütterte den Kleinen, trug ihn nach oben, hob den unangerührten Zettel auf, den sie für Faith hinterlassen hatte, und wechselte Kyles Windel, wobei sie dieses Mal sorgfältig darauf achtete, nicht in die Schusslinie zu geraten. Nachdem sie ihn fest in eine weiche blaue Baumwolldecke
gewickelt hatte, legte sie ihn auf den Rücken in sein Bettchen und rieb ihm sanft den Bauch, bis er eingeschlafen war.
    Mittlerweile hatte ihr eigener Magen zu knurren begonnen, und ihr fiel auf, dass sie nicht einmal gefrühstückt hatte. Wie oft hatte sie in den vergangenen Wochen trotz des Drängens ihrer Mutter und ihrer Schwester vergessen, etwas zu essen? Ihr Gesicht wirkte schmaler, beinahe ausgezehrt. Ihr BH saß neuerdings lockerer. Frauen nehmen von unten nach oben zu und von oben nach unten ab , hatte Julia einmal bemerkt.
    Und Julia würde es wissen. Mit so etwas kannte sich Julia aus.
    Cindy steckte den Kopf in Faiths Schlafzimmer, um zu sehen, ob sie wach war und Hunger auf ein Mittagessen hatte, doch sie schlief immer noch fest, die nackten Zehen erneut unter der Decke hervorgestreckt. Cindy schloss die Tür und ertappte sich dabei, den Flur hinunter zu einem weiteren Zimmer auf der Vorderseite des Hauses zu starren. Sie fragte sich, was in diesem Zimmer war. Warum war die Tür geschlossen?
    Verbarg sich dahinter Julia, dachte sie plötzlich, ging den Flur hinunter und griff nach der Klinke, obwohl sie wusste, dass sie sich albern benahm. Doch sie konnte solche Gedanken einfach nicht aus ihrem Kopf vertreiben. Was, wenn die Sellicks ein Paar von geistesgestörten Perversen waren, die Julia gekidnappt hatten und nun sadistische Lustgefühle daraus zogen, sowohl die Mutter als auch die Tochter gleichzeitig unter einem Dach zu haben?
    (Bild: Die gefesselte und geknebelte Julia

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