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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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Hochlandpisten und der Ringstraße überhaupt nicht aus, deswegen musste ich immer in Sichtweite bleiben, doch der Mann schien nichts zu merken. Irgendwo schon ziemlich weit hinter Selfoss bog er auf einmal rechts von der Hauptstraße ab. Ich folgte, schaltete aber die Scheinwerfer aus. Nach ein paar Kilometern hielt er an. Ich konnte sehen, dass es eine gute Jagdstrecke für den Morgenstrich war, und es war nicht mehr lang bis zur Dämmerung. Die Entfernung zum nächsten Hof war groß genug, dass wir beide unsere Ruhe haben würden, er, um auf seine Gänse zu warten, und ich, um den Kampf vorzubereiten. Obwohl es noch dunkel war, konnte ich den Mann im Fernglas beobachten. Er marschierte über einige Wiesen und stellte die Lockvögel an einer Stelle auf, wo zwei Entwässerungsgräben aufeinander trafen. Dort bezog er Stellung, und jetzt konnte ich mich auf den Weg machen. Das Camo-Outfit hatte ich inzwischen wieder angezogen, aber ich hatte keine Farbe fürs Gesicht dabei. War ich vielleicht zu leichtsinnig geworden? Ich weiß es nicht, aber es sollte auch überhaupt keine Rolle spielen. Den ersten Schuss auf den Mann gab ich aus etwa sechzig Metern Entfernung ab. Wahrscheinlich habe ich ihn getroffen, auf jeden Fall schrie er wie am Spieß. Bei so einer Distanz konnte ich ihm aber kaum eine lebensgefährliche Wunde beigebracht haben. Es hätte mehrere Möglichkeiten für ihn gegeben: in Deckung zu gehen oder den Schuss zu erwidern. Aber was für eine Enttäuschung! Der Kerl warf das Gewehr von sich, kletterte aus dem Graben und rannte schreiend davon, als sei der Teufel hinter ihm her. Er lief in Richtung des nächsten Hofes, und ich musste ihm nachsetzen, denn falls es ihm gelang, die Leute dort zu alarmieren, wäre ich in einer üblen Lage gewesen. Deswegen rannte ich so schnell ich konnte hinter ihm her. Jetzt spürte ich aber die Wunden und blauen Flecken vom Vortag, und beim Laufen tat alles weh, weil ich
    Jóhann stand auf und redete im Stehen weiter: »Am Sonntag habe ich dann in den Rundfunknachrichten von dem Trittbrettfahrer gehört. Das war zwar verdammt komisch, aber jetzt war es erst mal Essig mit weiteren Kämpfen. Zumindest für einige Zeit. Und dann hast du dich mit mir in Verbindung gesetzt, das fand ich irre, und da kam mir die Idee mit dem Quiz. Hab mich selten so gut amüsiert. Und dann merkte ich, dass ich auch Hjördís eins auswischen konnte, indem ich eure Aufmerksamkeit auf sie lenkte. Ich werde es nie vergessen, wie ich dir aufgebunden habe, sie hätte die Postkarten aus Spanien geschrieben. Du hattest zwar ein Pokerface aufgesetzt, aber ich hab trotzdem gesehen, wie du aufgehorcht hast. Ich wusste nämlich, dass die Bullen in Akureyri die Postkarte von Leifur in Händen hatten, um sie mit dem Abschiedsbrief zu vergleichen. Das waren so Indizien, wie man sie in Krimis verwendet. Und du bist voll darauf abgefahren, dass ich Bulle werden wollte.«
    Jóhann lachte schallend, dachte dann eine Weile nach und wurde wieder ernst. »Mein Plan war, dass ich nach Hjördís’ Verhaftung weiterhin den guten Freund spielen würde, der anihre Unschuld glaubte. Das Beweismaterial hätte gereicht, um sie zu verurteilen. Ich hatte vor, sie im Gefängnis zu besuchen, um ihr zu beweisen, dass ich der einzige Freund war, den sie hatte. Und ich wollte sie in Empfang nehmen, wenn sie wieder aus dem Bau käme. Falls sie weiterhin lesbisch bleiben wollte, konnte sie es meinetwegen so haben, aber sie sollte mit mir zusammenleben. Für mich war’s genug, sie bei mir zu wissen und sie anzusehen Es musste nicht um jeden Preis Sex sein. Aber dann habt ihr sie gleich wieder aus der Untersuchungshaft freigelassen, und natürlich hat sie mich sofort angerufen und nach dieser Vergewaltigung gefragt. Ich hab Stein und Bein geschworen, dass ich nicht das Geringste damit zu tun hätte und dass ihr Bullen euch das ausgedacht hättet. Sie wollte mir aber nicht glauben, deswegen sagte ich ihr, sie solle zu mir kommen und wir würden hier darüber reden. Mein Hintergedanke war der, sie hierhin zu locken und dann wieder in die Stadt fahren zu lassen. Es sollte so aussehen, als hättet ihr beide euch hier getroffen und sie hätte dich erschossen. Dann wäre sie wieder verhaftet worden. Das hat aber leider nicht geklappt, denn sie wollte mir nicht glauben und weigerte sich, zurückzufahren. Sie war nicht schlecht erstaunt, als ich das Gewehr auf sie richtete und ihr befahl, in die Gondel zu klettern. Und dann habe ich das Ding in

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