Bevor du gehst
zuständig.
Außerdem fand er es eigentlich beunruhigender, dass Billy tatsächlich ein Wort wie Leerkörper benutzte. Das war viel schlimmer. Als Witz konnte man so was natürlich sagen, mit hochgezogener Augenbraue, aber es war etwas ganz anderes, wenn man so was ohne jede Ironie von sich gab, als würde man es tatsächlich meinen. So ähnlich ging es Jude übrigens auch, wenn die Leute geilomat und dufte sagten. Für Jude war das wie mit einem grausam schlechten Film, den man gerade deswegen genießt. Zusammen mit Corey sah er sich gern solche Streifen an, und sie konnten sich stundenlang halb kaputtlachen über die besten schlechtesten Filme aller Zeiten. Klassiker wie Road House , Anaconda , Beastmaster und vor allem der unschlagbare Plan 9 from Outer Space . Das Entscheidende war, man musste wissen , dass es schlecht war – nur dann war es wirklich lustig. Wenn jemand so was ganz im Ernst mochte – Scheiße, Mann, das war nur deprimierend.
Jude beobachtete Jessup, der zu den Kassiererinnen ging und sich lässig mit ihnen unterhielt, voller Selbstvertrauen. Groß, muskulös, gut aussehend – ein echter Überflieger, der einem normalen Durchschnittstypen voll auf die Nerven gehen konnte.
Als Kath aus der Pause zurückkam, erhob sich Becka, um mit ihr zu tauschen. Jude beugte sich vor, um sie besser ins Bild zu kriegen. Sie hatte schmale Hüften, war dünn, aber nicht zerbrechlich, ungefähr eins fünfundsechzig. Becka kam um den Tresen, ging an Jude vorbei und sagte etwas zu Roberto, das ihn zum Lachen brachte. Sie nahm sich eine Flasche Wasser und zog eine Brezel aus dem Wärmebehälter. Er sah, wie sie das Gebäck genau inspizierte, daran schnupperte, das überflüssige Salz wegwischte und ein unglaublich winziges Stückchen abbrach. Allein in der großen, weiten Welt mit ihrer Brezel führte sie ein seltsames Ritual auf, ohne zu wissen, dass sie beobachtet wurde, zum Anbeißen süß.
Er ließ sie nicht aus den Augen, als sie ins Hinterzimmer schlüpfte, ihre schwarze Mähne aus dem Hut befreite, sich ein Taschenbuch aus ihren Sachen angelte und durch die Tür hinaus in die Sonne trat. Nachdem Jessup in sein Büro zurückgekehrt war, ging Jude hinüber zu Roberto, um ihn nach dem Mädchen zu fragen.
»Das ist Becka McCrystal.« Roberto lutschte an einer Limo. »Ich kenne sie irgendwie noch aus der Schule.«
»Irgendwie?«
Roberto zuckte die Achseln. »Wir waren zusammen in zwei Kursen. Einmal haben wir im Labor einen Frosch seziert – sie hat geschnitten, ich hab gesägt. So was verbindet.«
»Was weißt du sonst noch über sie?«
Roberto musterte ihn. »Bist du jetzt Christopher Columbus? Bist du auf der Mayflower angesegelt? Willst du ihr eine Fahne reinpflanzen und sie für König Ferdinand beanspruchen?«
»Alter!« Jude musste lachen. »Die Mayflower ? Das waren die Pilgerväter. Plymouth Rock. Columbus ist auf der Santa Maria gefahren.«
»Ich dachte, er ist auf einer Tussi mit dem Namen Nina geritten.« Roberto prustete, und sein dicker Bauch wackelte vor Begeisterung.
Jude ließ sich nicht ablenken. »Im Ernst jetzt, wie ist sie?«
Roberto zuckte die Achseln und machte Schlürfgeräusche mit seinem Strohhalm. Dann wandte er den Blick ab. » Möglicherweise ist sie vergeben.«
»Vergeben? Sie hat einen Freund?«
»Nein, sie treibt sich mit Aliens rum. Letzte Woche wurde sie von grünen Männchen entführt. Sie sind gerade dabei, den Planeten zu erobern. Liest du denn den National Star nicht?« Roberto schüttelte den Kopf und musterte Jude wie einen Volltrottel. Dann kringelte er sich vor Lachen. »Ja, Jude, ein Freund. Ein älterer Typ, glaub ich.« Vielleicht hatte Roberto die Enttäuschung in Judes Gesicht bemerkt, denn er fügte schnell hinzu: »Sicher weiß ich es nicht. Frag sie doch selbst – sie sitzt gleich da hinten auf der Bank bei den Blumen.«
Jude spähte aus dem Fenster und sah Becka, die einen Fuß unter den Schenkel geschoben hatte. Sie knabberte an ihrer Brezel und schmökerte ganz altmodisch in ihrem Taschenbuch.
»Was ist eigentlich mit diesem supercoolen Chef, den wir kriegen sollten?«, fragte Jude.
»Der durchgeknallte Kenny Mays?« Roberto runzelte die Stirn. »Keine Ahnung, was da passiert ist. Steht nicht auf dem Arbeitsplan. Ich hab Denzel gefragt – er meint, Kenny ist drüben in Zack’s Bay eingesprungen.«
»Wie lange?«
»Keiner weiß es.«
»Das ist nicht gut«, sagte Jude.
»Nicht gut? Nicht gut ist, wenn ein Flieger durchs Dach kracht und auf
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