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Bevor du gehst

Bevor du gehst

Titel: Bevor du gehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Preller
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deinem Bett landet wie in Donnie Darko. Vor allem wenn du gerade im Bett liegst und schläfst – das ist nicht gut. Das hier ist viel schlimmer .« Roberto mimte mit den Händen, wie das Flugzeug das Dach durchschlug, das flammende Inferno, das Nichtgute an der ganzen Sache.
    Jude lachte. Es machte ihm Spaß, mit Roberto zu reden, vielleicht sollten sie mal gemeinsam was machen. Außer dem war seine Anspielung auf Donnie Darko cool, ein absoluter Kultklassiker. Roberto hatten einen lebhaften Verstand, voll von plötzlichen Wendungen und Überraschungen.
    Auf einmal wurden Robertos Augen groß. »Ich hab’s, der perfekte Vergleich. Der Unterschied zwischen Kenny und Jessup ist wie der Unterschied zwischen Ernie und Bert.«
    »Aus der Sesamstraße ?«
    »Kennst du einen anderen Ernie und Bert?«
    Jude schüttelte den Kopf.
    »Lass mal deine Fantasie spielen, Lumbus.« Roberto hatte gerade einen neuen Spitznamen für Jude erfunden, kurz für Columbus. »Muss ich es dir vorbuchstabieren? Kenny ist Ernie – bei Ernie möchte jeder gern arbeiten. Er ist verrückt, er ist wild, sein Kopf ist orange. Ernie hat’s drauf.«
    »Stimmt.« Jude nickte.
    »Aber Bert«, setzte Roberto düster hinzu, »ist Jessup. Da steht uns vielleicht noch ein langer Sommer bevor.«
    Jude erinnerte sich noch, dass er als Kind Berts Taubensong gemocht hatte. Wenn das Lied kam, tanzte er vor dem Fernseher immer mit. Was ist aus diesem Kind geworden? , fragte sich Jude. Wo ist es hin?
    Neugierig schielte Jude nach dem Mädchen auf der Bank. Becka McCrystal. Sie war noch immer allein. Doch ihr Buch hatte sie jetzt zugeklappt. Mit geschlossenen Augen hob sie das Kinn Richtung Sonne, um die Wärme zu genießen. Sie wirkte ruhig und zufrieden wie eine Gestalt aus einem Gemälde.
    »Ich mach das hier«, sagte Roberto. »Geh raus und freunde dich mit ihr an, Lumbus.«
    Jude ignorierte den Spitznamen in der Hoffnung, dass er wie ein streunender Hund verschwand, wenn er ihn nicht beachtete. »Bist du sicher, dass es okay ist?«
    »Ja. Geh schon, Mann. Denzel macht hinten Inventur. Ich pass hier auf alles auf. Drück einfach auf den Gefällt-mir-Button.«

8
    Bewaffnet mit Besen und Kehrschaufel schlenderte Jude nach draußen und nahm eine besonders zuversichtliche Haltung ein, als er sich, wie ein Segelboot von steuerbord nach backbord schwankend, einen Weg zu Becka bahnte. Einfach ein ganz normaler Angestellter, der den Abfall wegfegt – ham-ti-tam, ti-tam-tam – kein Haftbefehl nötig. Becka schien seine Annäherung gegen den Wind nicht bemerkt zu haben, ihr Gesicht war weiter der Sonne zugekehrt.
    »Lässt du dich bräunen?« Jude gab sich Mühe, seine Frage möglichst wenig wie ein Stalker auszusprechen. Mit einem Lächeln signalisierte er, dass er bloß ein harmloser Typ war, der sich ein bisschen unterhalten wollte.
    Becka wandte sich ihm zu und erwiderte sein Lächeln. »Die Sonne fühlt sich so gut an, vor allem, wenn man vorher den ganzen Tag drinnen gehockt hat.«
    Jude schaute nach oben und hielt sich schützend die Hand vor die Augen. Er deutete auf die Bank. »Macht’s dir was aus, wenn ich …?«
    Sie rutschte ein Stück, um Platz zu machen.
    Jude setzte sich neben sie und ahnte schwach den Duft ihres Haars. Sie roch frisch, nach Pfirsichen. Überall um sie herum liefen Leute in Badeanzügen zwischen den Toiletten und den Außenduschen hin und her. Sie waren umwerfend, betrunken, dick, sexy, gruselig, sommersprossig, großflächig tätowiert, narbig, milchweiß, rot von der Sonne wie Hummer, braun wie Leder – die Menschheit in allen Formen, Größen und Schattierungen, bloß mit viel weniger Kleidung als üblich. Das Leben in all seiner Pracht.
    »Wie gefällt dir die Arbeit an der Kasse so?«, fragte Jude. »Bestimmt besser als Burger wenden.«
    »Oder Sicherheitsdienst.« Beckas Augen funkelten. »Ja, schon okay, bloß bisschen langweilig. Ich schau gern den Leuten zu. Geb ihnen Namen, stell mir ihr Leben vor.«
    »Wie meinst du das?«
    Becka deutete auf ein händchenhaltendes Paar, das gerade vorbeikam. »Der Typ da, das ist, sagen wir, Dwight. Sie sind seit zwei Jahren zusammen. Er ist beim Bau.«
    »Nein«, konterte Jude. »Siehst du das Tattoo auf seinem Bizeps? Semper fi. Das ist das Motto der Marines: Immer treu. Der ist gerade aus dem Nahen Osten zurückgekehrt.«
    Becka machte große Augen. »Und sie hat ihn betrogen!«
    Jude lachte. »Ich heiße übrigens Jude.«
    »Ach, wie in dem Lied?«
    Er nickte; diesen Spruch bekam er

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