Bevor du gehst
Bucks«, meinte Becka. »Meine Eltern wollen halbe-halbe mit mir machen.«
»Halbe-halbe?« Jude lachte.
»Du weißt schon, was ich meine.« Leichte Röte stieg in Beckas Wangen. »Seit einem Jahr gaffe ich diese Gitarre an. Sie ist mein Ziel für diesen Sommer. Ich brauche sie einfach.«
Jude wusste genau, wie sie sich fühlte. Er war ständig scharf auf eine neue Gitarre und überlegte sich, die alte einzutauschen. Jede Gitarre hatte ihren eigenen Sound, einen eigenen Charakter. Das verstanden die meisten Leute nicht. Jude und Becka redeten über Gitarren und Musik, verglichen iPods und Lieblingssongs, begeistert über diese Gemeinsamkeit.
»Ich würde dich gern mal spielen hören«, meinte Jude.
»Manchmal jamme ich mit meinen Brüdern und ihren Freunden, nichts Ernstes, bloß so zum Spaß in der Garage. Schau doch einfach mal vorbei.«
»Du weißt doch gar nicht, wie ich spiele.«
»So was merke ich gleich. Das gehört zu meinen Ninja-Fähigkeiten. Ich weiß, dass du gut bist.« Weit ausholend beförderte Becka den grünen Ball vom Abschlagspunkt in ein Gebüsch.
»Super Schuss, Tiger«, spottete Jude. »Ich sag es ungern, aber für eine Ninja bist du ziemlich hoffnungslos. Ich bin eher wie Chuck Norris. Bei meinem letzten Spiel auf einem Achtzehnlochfeld habe ich es mit zwölf Schlägen geschafft – zwei weniger als meine persönliche Bestleistung.«
Becka lachte. »Chuck Norris wirft beim Bowling keinen Strike, er schießt einen Pin weg, und die anderen neun fallen in Ohnmacht.«
Bei den nächsten Löchern überraschte ihn Becka mit ihrer Kenntnis kitschiger Chuck-Norris-Witze. »Hab ich von meinem Bruder Matt gelernt«, erklärte sie. »Er ist ein Popkulturkiller – kaut die Witze so lang wider, bis nur noch Matsch davon übrig ist.«
Sie ist wirklich cool , dachte Jude – wie ein Typ. Wenn sich jetzt auch noch herausstellte, dass Beck auf Chicken Wings und College-Basketball stand, musste er auf die Knie fallen und ihr einen Antrag machen.
In diesem Moment öffnete sich krachend der Himmel. Der Regen, der sich schon den ganzen Tag angekündigt hatte, prasselte in Sturzbächen nieder, und schon nach wenigen Sekunden waren sie klatschnass. Jude und Becka warfen sofort die Schläger weg und rannten los in Richtung Auto. Kurz stellten sie sich unter eine hallende Unterführung. Lachend und zitternd standen sie zusammen und hörten dem trommelnden Regen zu.
Becka hatte ein Handtuch im Wagen und trocknete sich ab. Sie versuchte sogar, ihm ein Batgirl-T-Shirt zu leihen, aber Jude konnte sich nicht überwinden, das Teil anzuziehen. »Da sterbe ich lieber an Unterkühlung.«
Becka zuckte die Achseln und fuhr zu Judes Haus – echter Tür-zu-Tür-Service. »Da sind wir.« Sie stoppte am Randstein.
»Danke, Beck.« Er zögerte. »Hat mir wirklich Spaß gemacht.«
»Mir auch.« Sie lächelte ihn an und betrachtete sein Haus. »Ist gar nicht weit von hier zu mir, weißt du. Ich wohne gleich auf der anderen Seite vom Expressway.«
Jude wartete, er wollte noch nicht aussteigen. Der Regen war nach wie vor ziemlich stark. Becka schaltete die Scheibenwischer aus und ließ das Wasser ungehemmt über das Glas strömen. Die Scheiben beschlugen sich, und der Nebel breitete sich um sie wie der Vorhang eines Himmelbetts.
Wieder spähte Becka durchs Fenster. »Ich sag’s nicht gern, aber der Baum da vor eurem Haus sieht wirklich furchtbar aus.«
Sie war nicht die Erste, die das angemerkt hatte.
»Ich weiß«, antwortete Jude. »Aber meine Mutter mag ihn. Sie nennt ihn ihren Riesensonnenschirm, der vor Sonne und Regen schützt.«
Becka schüttelte den Kopf. »Den Regen kann nichts aufhalten.«
Jude nickte und zog die Mundwinkel nach unten. »Hast du heute Abend schon was vor?«
Einen winzigen Moment lang wirkte Becka gestresst. Dann hatte sie sich wieder gefangen. »Ja, irgendwie schon. Und du?«
Jude zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich das Übliche – Samstagabend-Kumpeltreffen.«
Becka lachte. »Kumpeltreffen, aha. Klingt wild. Was treibt ihr da so? Videospiele spielen und Rumrülpsen?«
»So was in der Richtung«, bekannte Jude. »Niemand muss sich entschuldigen, wenn er furzt. So läuft das bei uns. Aber im Ernst, wir werden sicher nicht groß einen draufmachen. Ich muss morgen um neun in der Arbeit sein.«
»Echt? Ich auch.«
»Dann bis morgen.« Jude zog am Griff und machte die Tür einen Spalt auf.
»Du hast noch keinen Führerschein, oder?«
Jude schüttelte den Kopf. »Ich dachte,
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