Bevor du gehst
schnappte sich eine Stofftasche von hinten und versprach, gleich zurück zu sein. »Ich muss zuerst aus diesen Sachen raus.«
Als sie wiederkam, hatte sie das Haar locker nach hinten gebunden und trug Shorts und ein Hemd mit Spaghettiträgern. Sie sah super aus, die Beine braun und trainiert. »Fühl mich schon besser.« Becka drehte den Schlüssel. »Jetzt bin ich endlich wieder ich selbst.« Sie fand einen Song im Radio, drehte laut auf und wiegte den Kopf im Takt. Becka war wie verwandelt, und das lag nicht nur an den Klamotten. Sie wirkte verspielter in der Realität, schneller bereit zu lächeln, witziger und viel sexyer.
»Hast du es eilig, nach Hause zu kommen?«, fragte sie.
»Überhaupt nicht«, antwortete er.
Becka lenkte den Wagen auf den riesigen Parkplatz von Field Four. »Laufen wir ein Stück auf dem Bohlenweg.«
»Spielst du Minigolf?«
»Wie ein Tier!«, antwortete sie. »Du hast keine Chance gegen mich.«
»Ach wirklich?« Jude machte keinen Hehl aus seiner Skepsis.
Becka nickte. »Beim Minigolf werde ich einfach zur Ninja.«
Jude lachte und stupste sie leicht an. »Ninja, was? Das werden wir ja sehen.«
Jones Beach hatte einen drei Kilometer langen Bohlenweg. Südlich davon lagen der Sand und der Atlantik, auf der anderen Seite verschiedene Imbisshallen, Pools und Sportanlagen. Es gab Felder für Shuffleboard, Tennis, Basketball und mehr. Wie der Bohlenweg selbst waren die Plätze halb verfallen. Der ganze Park hatte schon bessere Tage gesehen, selbst der Ozean hier. Trotzdem herrschte an glühend heißen Sommernachmittagen immer Hochbetrieb. Heute allerdings sah es eher aus, als wäre der Park nur zu Judes und Beckas Vergnügen gebaut worden.
»Es ist so ruhig«, bemerkte Jude. »Einfach toll.«
»Schau dir die Brandung an.« Staunend wandte sich Becka dem Meer zu. »Die Wellen schlagen ziemlich hoch. Das gibt ein Gewitter.«
»Ich komm mir wie ein Schwachkopf vor in dieser blöden Uniform«, sagte Jude.
»Zieh doch das Hemd aus.«
Jude war in den letzten Jahren viel am Strand gewesen. Für ihn war es keine große Sache, den ganzen Tag in Badehose und mit nacktem Oberkörper herumzulaufen. Er hatte einen festen Bauch, machte Liegestütze, sah ganz okay aus, musste sich garantiert nicht schämen. Aber hier allein mit Becka war es irgendwie anders. Er rollte die Ärmel über die Schultern hinauf und beließ es dabei.
Als Jude sich am dritten Loch des Minigolfkurses abmühte, den Ball sicher durch eine sich drehende Windmühle zu bugsieren, fragte er Becka, warum sie sich ausgerechnet für den Job in Jones Beach entschieden hatte statt für eine andere Arbeit.
Becka balancierte den Schläger in der Handfläche und bewegte sie leicht, damit er nicht herunterfiel. »Meine älteren Brüder haben hier gearbeitet und auch viele von ihren Freunden«, antwortete sie. »Ich wollte eben was Einfaches machen.« Sie ließ den Schläger in die Luft schnellen, wirbelte herum und fing ihn mit der rechten Hand auf.
Jude ließ sich zu einem kleinen Witz hinreißen. »Beim Zirkus war wohl nichts mehr frei.«
»Leider! Du solltest mich mal auf dem Einrad sehen. Willst du wissen, warum ich arbeite?«
Jude wagte eine Vermutung. »Du magst den Geruch nach Sonnencreme und Bratfett?«
»Klar, das mögen doch alle«, erwiderte Becka. »Nein, eigentlich spare ich für meine Traumgitarre.«
»Wirklich? Du spielst?«
»Mit zwölf hab ich angefangen. Ich liebe es.«
»Ich spiele auch«, sagte Jude. »Und was für eine Gitarre willst du dir kaufen?«
»Eine Rickenbacker 330.«
»Du magst wohl diesen Jangle-Sound.«
»John Lennon, Johnny Marr, Peter Buck – die haben alle eine Rickenbacker gespielt«, erklärte Becka. »Kennst du Guitar World in Massapequa? Da werd ich sie mir kaufen. Hab sie mir schon genau ausgesucht.«
»Erzähl mal.« Jude schubste den Ball ins Loch. Er machte sich nicht die Mühe, das Ergebnis aufzuschreiben. Jude hasste diese verbissenen Wettkämpfer, die Dinge wie Sportunterricht viel zu ernst nahmen. Zusammen mit Becka wechselte er willkürlich vom dritten zum elften Loch. Niemand war da, niemand beschwerte sich, und dort gab es mittendrin ein falsches Piratenschiff, was die Sache erst so richtig aufregend machte.
»Du müsstest sie sehen, eine Wahnsinnsgitarre«, schwärmte Becka. »Semiakustischer Korpus, lackiertes Palisandergriffbrett mit Dot-Inlays, Einspulentonabnehmer …«
»Wow, du kennst dich ja voll aus. Ist bestimmt nicht billig, das Teil.«
»Fast zweitausend
Weitere Kostenlose Bücher