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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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sein kann – ich mag Partys. Schickt mir’ne SMS, wenn euch irgendwelche guten Kirchenlieder einfallen!«
    Völlig verdattert lassen wir die beiden stehen und biegen um die Ecke in die Haushaltswarenabteilung, mitten unter Besteck und Edelstahl.
    »Das sind Idiotinnen, Zoey. Die haben von nichts’ne Ahnung.«

    Sie heuchelt Interesse an einer Zuckerzange. »Ich will nicht drüber reden.«
    »Komm, wir machen was Verrücktes, um uns aufzuheitern. So viele verbotene Sachen, wie wir in einer Stunde schaffen!«
    Zoey lächelt widerwillig. »Wir könnten Scotts Haus abfackeln.«
    »Glaub kein Wort von dem, was die erzählen, Zoey.«
    »Warum nicht?«
    »Weil du ihn besser kennst als die.«
    Noch nie habe ich Zoey weinen gesehen, kein einziges Mal. Nicht, als sie die Ergebnisse ihrer Mittlere-Reife-Prüfung bekam, nicht einmal, als ich ihr meine endgültige Diagnose verraten habe. Ich habe immer gedacht, sie könnte nicht, wie ein Vulkanier. Aber jetzt weint sie. Im Supermarkt. Sie versucht, es zu verbergen, und schüttelt ihr Haar so, dass es ihr Gesicht verdeckt.
    »Was? Was ist?«
    »Ich muss zu ihm«, sagt sie.
    »Jetzt?«
    »Tut mir leid.«
    Ganz nüchtern sehe ich ihr beim Weinen zu, vom Gefühl her wie: Wie kann ihr Scott so viel bedeuten? Sie kennt ihn doch erst seit ein paar Wochen.
    »Wir sind noch nicht fertig mit Gesetzesverstößen.«
    Sie nickt; die Tränen laufen ihr die Wangen runter. »Lass den Korb einfach stehn und geh raus, wenn du fertig bist. Tut mir leid. Ich kann’s nicht ändern. Ich muss weg.«
    Ich war schon mal hier und habe haargenau das Gleiche gesehen: ihr abziehender Rücken, ihr wippendes goldenes Haar, während sie immer weiter von mir verschwindet.
    Vielleicht fackle ich stattdessen ihre Bude ab.
    Aber ohne sie macht es keinen Spaß, also stelle ich den Korb ab und tue dabei so, als fiele mir eben ein, dass ich mein Portemonnaie
zu Hause vergessen hätte, bleibe kurz stehen und kratze mich am Kopf, ehe ich die Türen ansteuere. Aber kurz bevor ich draußen bin, packt mich wer am Handgelenk.
    Ich dachte, Zoey hätte gesagt, Ladendetektive wären leicht zu erkennen. Ich dachte, sie wären in einen hässlichen Anzug mit Krawatte gekleidet und würden nichts drüber tragen, weil sie den ganzen Tag drinnen sind.
    Dieser Mann trägt eine Jeansjacke und hat kurz geschorene Haare. Er sagt: »Haben Sie vor, die Artikel in Ihrer Jacke zu bezahlen?« Und: »Ich habe Grund zu der Annahme, dass Sie Artikel aus den Gängen fünf und sieben in Ihrer Bekleidung verborgen haben. Ein Mitglied unseres Teams kann das bezeugen.«
    Ich hole den Nagellack aus meiner Tasche und halte ihn ihm hin. »Den können Sie wiederhaben.«
    »Bitte folgen Sie mir.«
    Die Röte steigt mir vom Nacken in Gesicht und Augen. »Ich will ihn gar nicht.«
    »Sie haben die Absicht erkennen lassen, das Geschäft zu verlassen, ohne zu bezahlen«, sagt er und zieht mich am Arm.
    Wir gehen durch einen Gang zum hinteren Bereich. Alle können mich sehen, und ihre Blicke brennen. Ich weiß nicht recht, ob er mich so zerren darf. Vielleicht ist er überhaupt kein Ladendetektiv, sondern versucht, mich an einen einsamen ruhigen Ort zu bekommen. Ich stemme mich mit aller Macht dagegen und halte mich an einem Regal fest. Das Atmen fällt mir schwer.
    Er zögert. »Alles in Ordnung? Haben Sie Asthma oder so was?«
    Ich schließe die Augen. »Nein, ich... ich will nicht...«
    Ich kann den Satz nicht beenden. Zu viele Wörter purzeln mir von der Zunge.
    Stirnrunzelnd holt er sein Funkgerät raus und fordert Hilfe an. Zwei kleine Kinder, die in einem Einkaufswagen sitzen, glotzen
mich an, während sie vorbeigeschoben werden. Ein Mädchen in meinem Alter schlendert einmal vorbei, dann mit hämischem Grinsen noch mal zurück.
    Die herbeieilenden Frau trägt ein Namensschild. Sie heißt Shirley und funkelt mich böse an. »Ab hier übernehme ich«, sagt sie zu dem Mann und scheucht ihn weg. »Kommen Sie.«
    Hinter der Fischtheke befindet sich ein geheimes Büro. Normalerweise bemerkt man es nicht. Shirley macht die Tür hinter uns zu. Das ist so ein Zimmer, wie man es aus Krimiserien im Fernsehen kennt – klein und fensterlos, mit einem Tisch und zwei Stühlen und dem flackernden Licht einer Neonröhre von der Decke.
    »Setzen Sie sich«, sagt Shirley. »Leeren Sie Ihre Taschen aus.«
    Ich leiste Folge. Auf dem Tisch zwischen uns sehen die Sachen, die ich gestohlen habe, schäbig und billig aus.
    »Tja«, sagt sie, »so was nenne ich

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