Bevor ich verbrenne
versammelte sich eine Reihe von Leuten, die sich alle den heftigen Flammen zuwandten. Die Neuigkeit hatte sich verbreitet, obwohl es mitten in der Nacht war. Immer mehr Autos hielten an der Straße. Die Leute stiegen aus und näherten sich leise. Sie gingen so nah heran, dass die Hitze ihnen ins Gesicht schlug. Sie redeten kaum miteinander, sondern standen nur da und starrten auf das Feuer. Noch herrschte tiefe Dunkelheit, und der Anblick war erschreckend und beinahe verlockend zugleich. Nach zwanzig Minuten brach das Fachwerk zusammen, ein Funkenregen stieg wie Feuerfliegen zum Himmel und die Flammen bekamen neues, gewaltiges Leben. Dann hörte man jemanden lachen. In der Dunkelheit ließ sich unmöglich erkennen, wer es gewesen war.
Zwei Brände in zehn Tagen. Was sollte man dazu sagen?
Der nächste Tag war der 17 . Mai, der Nationalfeiertag. Er begann wie gewöhnlich mit einem Gottesdienst, die Kirche war voll wie immer an diesem Tag. Die Sonne fiel durch die Fenster über dem Altarbild, das Jesus während des letzten Abendmahls zeigte, und ließ den Staub im Raum glitzern. Zwei kleine Birken waren an den römischen Bogen befestigt, und frisches Birkenlaub bekränzte die Kanzel. Omland hielt den Gottesdienst. Er trug sein schwarzes Pastorengewand und sprach über die Stämme im Fluss, die die Markierung der Bauern und Eigentümer tragen. Auch die Hölzer in den Nebenarmen des Flusses, die ihr Ziel nicht erreichen, weisen diese Markierungen auf, und auch diese Stämme können den rechten Weg finden und ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden.
Nichts über die Brände. Natürlich nicht. Noch ahnte niemand etwas.
Dann gab es eine gemeinsame Mahlzeit in dem engen Keller unter dem Herrenhaus, der so niedrig war, dass sich fast alle bücken mussten, wenn sie zur Tür hineinkamen. Hinterher wurde von Brandsvoll aus ein Umzug veranstaltet, drei Kilometer weit ging es am Haus von Knut Frigstad, an der alten Arztpraxis mitten in der Kurve und am Haus von Anders und Agnes Fjelsgård vorbei. Der Zug führte am glitzernden Bordvannet entlang, an dessen Ufer Birken mit dürrem Laub standen, bis hin zur Schule von Lauvslandsmoen, wo man die Flagge gehisst hatte und die Alten in der Sonne saßen und warteten.
Meine Eltern standen auch dort, und ich lag in dem tiefen Kinderwagen und schlief. Der Zug näherte sich über die Ebene von Lauvslandsmoen, zuerst die Reihe der sechs Fahnenträger, dann das Musikkorps mit ihren roten Uniformen und den zylinderförmigen Kopfbedeckungen; dabei wachte ich auf und Mutter nahm mich auf den Arm, damit ich sah, woher die Musik kam.
Abends wurde im Herrenhaus von Brandsvoll ein Volksfest veranstaltet. Meine Großeltern saßen im Saal. Ebenso wie Ingemann und Alma. Aasta und ihr Mann Sigurd waren dort. Olga Dynestøl saß ganz hinten am großen Ofen, allein. Nur meine Eltern fehlten. Sie brauchten ihren Schlaf, und das ist ja auch verständlich bei einem zwei Monate alten Kind im Haus.
Wie in jedem Jahr las Syvert Mæsel mit fester Stimme ein zum Anlass des Tages geschriebenes Gedicht. Er stand allein auf dem kleinen Podium mit der gewebten Wandverkleidung im Rücken. Alle hörten ruhig und andächtig zu, denn was er sagte, hatte stets Gewicht. Man dachte vielleicht an all die Dinge, die er während seiner drei Jahre in Sachsenhausen gesehen und gehört hatte. Danach wurde Finslan d – meine Heimat gesungen.
Bald scheint die Sonne auf die schneebedeckten Berge, Und in den Wolken glüht die Abendsonne auf. Unser Land, es schläft während des Winters Lauf, Liegt dort, so hart unter dem Eise.
Fünf Strophen. Teresa saß am Klavier, das direkt unter dem Podium stand.
In der Pause gingen einige auf Ingemann zu und erkundigten sich nach den Bränden. Zwei Brände in so kurzer Zeit. Was hatte es damit auf sich? Ingemann zuckte die Achseln. Sie sahen ihn an und er sah sie an, mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. Er hatte keine Antwort. Er blickte zu Boden.
Dann gab es Kaffee und Kuchen und ein Unterhaltungsprogramm, und bevor alle nach Hause gingen, erhob man sich und sang die Nationalhymne.
In der Nacht blieb es ruhig.
Der neue Feuerwehrwagen wurde wirklich beansprucht. Nach jedem Einsatz musste die Ausrüstung in Ordnung gebracht werden. Die Schläuche waren auszurollen, damit sie in der Sonne trocknen konnten, dann wurden sie wieder zusammengerollt und am Wagen befestigt. Die Pumpen mussten unter Einsatz der Fettpresse geschmiert und kontrolliert werden. All dies
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