Bevor ich verbrenne
in ihre Richtung.
Es wurde allmählich hell, doch die Vögel verhielten sich noch ruhig. In dem großen Haus in Brandsvoll hatte Else nicht geschlafen, seit Alfred kurz nach zwölf aufgebrochen war. Sie wusste nicht, was passiert war, nur, dass es irgendwo im Osten der Gemeinde brannte. Als kurz nach Mitternacht Alarm ausgelöst wurde, hatte sie hinter der Gardine ihres Schlafzimmers die Blaulichter flackern sehen. Sie war ans Fenster gelaufen und hatte dem Feuerwehrwagen nachgeblickt.
»Er fährt nach Kilen!«, hatte sie gerufen.
Nachdem Alfred losgefahren war, wagte sie nicht, wieder zu Bett zu gehen, sie hatte schließlich drei Kinder, die unter dem Dach schliefen. Ihr Jüngster war erst zehn. Sie stellte den Fernseher an, drehte den Ton aber leise. Lange blieb sie auf der Sofakante sitzen und starrte auf die Spieler, die über den Platz liefen, als würden sie einem Muster folgen, das sie nicht verstand. Hin und wieder ging sie zur Treppe an der Eingangstür, blieb lange dort stehen und horchte. Sie sah nichts und sie hörte nichts. Wäre sie auf die Ostseite des Hauses gegangen, hätte sie vermutlich das wogende Feuermeer am Himmel sehen können. Aber das tat sie nicht, sie wagte nicht, auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen. Nur bis zur Tür, und die wies nach Westen. Von dort konnte sie Licht in den Fenstern von Teresa sehen, während das Haus von Alma und Ingemann hinter einem Kiefernhügel verborgen lag.
Schließlich setzte sie sich mit einer Decke aufs Sofa. Sie wurde müde, aber sie war fest entschlossen, nicht einzuschlafen. Lange saß sie so da. Dann schlief sie doch ein.
Die Uhr zeigte kurz nach halb vier, als sie mit einem Schlag erwachte.
Einen Augenblick später stand sie im Windfang, griff nach einer Jacke und lief auf die Treppe. Sie erkannte gerade noch, wie die Scheinwerfer von der Straße abbogen, einen kurzen Moment wurde sie geblendet, dann senkten sie sich wieder und ein Auto fuhr auf den Hof. Ein Scheinwerfer war eindeutig kaputt, das Licht strahlte direkt in den Himmel. Sie ahnte nicht, wer es sein könnte, bevor die Tür aufging und er ausstieg. Sofort wurde sie ein wenig ruhiger.
»Ach, du bist es«, sagte sie. »Ich dachte, du würdest den Feuerwehrwagen fahren?«
»Der steht in Vatneli«, antwortete er. »Wir brauchen ihn zum Löschen, darum musste ich meinen Wagen holen.« Er kam auf sie zu, wobei er sich die Hände rieb. Es war nicht zu übersehen, dass er fror.
»Ich dachte, du würdest die letzten Neuigkeiten hören wollen?«, sagte er.
»Die letzten Neuigkeiten?«
»Ja«, erwiderte er und kam näher.
»Was denn?«
»Der Pyromane hat es in Solås versucht.«
»In Solås? Wo in Solås?«
»Am Haus von Agnes und Anders«, antwortete er leise.
Sie blieb regungslos stehen, das Blut gefror ihr zu Eis in den Adern.
»Anders und Agnes«, wiederholte sie, als würde sie seinen Worten nicht trauen. »Das ist nicht weit von hier.«
»Er hat Benzin durch ein Fenster gegossen und es angezündet.«
»Und ich habe auf dem Sofa geschlafen«, sagte sie leise.
»Heute Nacht ist es gefährlich zu schlafen«, erklärte er.
»Aber das ist doch Wahnsinn«, flüsterte sie. »Das ist doch das Werk eines Verrückten.«
»Ja«, antwortete er und kam ein wenig näher. »Das ist das Werk eines Verrückten.«
Sie sah sein Gesicht deutlich im Licht der Hoflampe. Blanke, leuchtende Augen. Zerwühlte Haare. Er hatte Ruß im Gesicht und am Hemd. Plötzlich hatte sie den Eindruck, dass er aussah wie zu Kinderzeiten. Er erinnerte sie an damals, als er hin und wieder angelaufen kam und sie ihm in der Küche ein Glas Saft gegeben hatte. Der gute, brave Sohn von Alma und Ingemann.
»Hast du dich verletzt?«, erkundigte sie sich.
»Ach, das ist nichts«, erwiderte er. »Nur ein paar Schrammen.«
»Willst du mit reinkommen und dich aufwärmen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wer auch immer dahinter steckt«, begann er, »der, de r … Wir werden ihn kriegen, früher oder später. Er wird uns nicht entwischen.«
»Es ist kaum zu glauben, dass all dies tatsächlich geschieht«, sagte sie.
Sie zog die Jacke enger um sich und sah hinauf zu den dunklen Fenstern, hinter denen die Kinder schliefen. Als sie sich wieder umdrehte, starrte er sie an, als hätte er sich in den wenigen Sekunden, in denen sie den Blick abgewandt hatte, verändert.
»Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte, weißt du, was das ist, Else?«
»Nein«, sagte sie zögernd.
»Wenn es hier anfängt zu
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