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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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brennen.«
    »Hier?«
    »Ja«, sagte er. »Hier.«
    »Sag so etwas nicht, Dag.«
    »Die ganze Ausrüstung ist jetzt in Vatneli«, fuhr er fort. »Also, wenn etwas passieren sollte, dan n … Es würde lange dauern, alles zusammenzupacken.«
    »Hoffen wir, dass es in dieser Nacht nicht mehr brennt«, antwortete sie.
    »Tja«, erwiderte er, ohne den Blick abzuwenden.
    »Noch mehr Brände ertrage ich einfach nicht.«
    »Nein«, sagte er ruhig. »Wir hatten genug davon.«
    »Ich bete zu Gott, dass nichts mehr passiert.«
    »Ja«, antwortete er langsam, bevor er sich umdrehte und zu seinem Wagen ging. »Das ist das Beste, was du tun kannst, Else. Bete zu Gott.«
    Alma saß angekleidet am Küchenfester, der Kaffeekessel stand glänzend und kalt auf dem Herd. Sie hatte ein ganz frisches Brot angeschnitten, eines von denen, die sie Sonntagvormittag gebacken hatte, als alles ruhig war. Sie hatte Marmelade, Wurst und ein bisschen Käse hingestellt, falls Dag Zeit hatte, sich zu setzen und ein wenig zu essen, wenn er nach Hause kam.
    Ingemann hatte einige Stunden mit ihr im Wohnzimmer gesessen, dann war er aber doch ins Bett gegangen. Direkt, nachdem der Alarm ausgelöst worden war. Er hatte in voller Montur dagesessen, in dem dunkelblauen Overall, der noch immer nach Rauch roch, aber als er aufstehen und gehen wollte, spürte er Stiche in der Brust und konnte nicht mitfahren.
    »Es ist das Herz, Dag«, hatte er gesagt. »Es ist das Herz.«
    Dag fuhr mit dem Feuerwehrwagen davon. Alma und Ingemann hatten schweigend die Sirenen am Haus vorbeiheulen hören, das Blaulicht hatte auf den Wänden des Wohnzimmers geflackert, über dem Klavier und dem Regalbrett mit den Pokalen. Sie blieben sitzen, als sich die Sirenen langsam entfernten, keiner der beiden hatte ein Wort gesagt, und schließlich war Ingemann auf dem Dachboden zu Bett gegangen. Das ganze Zimmer hatte nach Rauch gerochen.
    Einige Stunden später kam Dag nach Hause. Er blieb einen Moment im Flur stehen und erzählte ganz außer Atem von den beiden Bränden in Vatneli und dem Motorradunfall in Fjeldsgård, bevor er aus der Tür rannte und Alma im Flur stehen ließ. Das Blut pochte ihr in den Schläfen.
    In diesem Moment wurde es ihr klar: Er roch nach Benzin.
    Sie trat ans Fenster, aber es gab nichts zu sehen, nur das undeutliche Spiegelbild ihres eigenen Gesichts. Sie ging zur Treppe. Der Nebel hing seidenweich über dem Boden, es begann allmählich hell zu werden, aber es war noch nicht möglich, bis zur Straße zu sehen. Gerade wollte sie wieder hineingehen, als sie das Auto hörte. Es kam aus Brandsvoll, näherte sich, fuhr langsamer, schaltete herunter und bog auf den Weg. Im Licht der Scheinwerfer glänzte der Nebel in einer seltsamen Glut. Sie erkannte den Fahrer, aber der Wagen hielt nicht auf dem Hof, er fuhr langsam weiter den Hügel hinauf zur Feuerwache.
    Plötzlich entschied sie sich. Sie ging hinein und griff zu der großen Windjacke von Ingemann, die mit den Taschen und Reißverschlüssen an beiden Ärmeln, dann stand sie wieder im Morgengrauen, überquerte den Hof und lief den Hügel hinauf. Als sie das Auto vor der Feuerwache sah, war sie weder erleichtert noch überrascht. Sie näherte sich und lief gleichzeitig langsamer. Schließlich ging sie wie immer. Das Auto stand dort mit offener Tür, nur Dag war nicht zu sehen. Der warme Motor gab tickende Geräusche von sich. Es roch nach Abgasen und feuchter Erde, Wald und sommerlicher Dunkelheit. Die Tür zur Feuerwache war verschlossen. Als einziges Licht brannte die Birne über dem Garagentor. Er war nicht da. Sie blieb stehen und überlegte hin und her, dann ging sie ein Stückchen weiter. Es war ja nicht weit bis zu Nerbøs und Sløgedals Häusern. Die ganze Zeit spürte sie, dass er ihr in der Dämmerung vorausging. Sie sah es vor sich: Er ging voran, sie folgte direkt hinter ihm. Oder umgekehrt: Er ging hinter ihr und konnte sie jederzeit einholen und ihr die Hände auf die Augen legen, so wie er es damals in der Küche getan hatte. Sie meinte Schritte zu hören, doch jedes Mal, wenn sie stehenblieb, war alles ganz still. Sie sah sein Gesicht vor sich und hörte, wie er auf dem Dachboden Selbstgespräche führte. Seine Stimme klang viel heller als gewöhnlich, als wäre er wieder ein Kind. Sie sah dieses seltsam starre Gesicht vor sich, das sich einen kurzen Moment über das alte legte. Es dauerte einige Sekunden, bis es zersprang und verschwand.
    Sie ging immer schneller, und schließlich rannte sie,

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