Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
Form eines gelben Post-it-Zettels, den er Lange nicht ohne Genugtuung reichte.
»Warum weiß ich davon nichts?« Lange brummelte, während er las.
»Ist gerade erst reingekommen.«
Dann nickte Lange und gab Thor den Zettel zurück, worauf er die Mordkommission mit hastigen Schritten wieder verließ. Thor starrte dem Polizeidirektor hinterher, dann eilte er in den Konferenzraum, wo sich die vorläufige Ermittlergruppe bereits versammelt hatte und nur noch auf seine Ankunft wartete. Teils waren es seine festen Mitarbeiter mit Tage Ewald und Daniel Kraus an der Spitze, teils Kriminaltechniker vom KTC und die übrigen Mitarbeiter der Abteilung, die seit der gestrigen Jagd auf Amager an den Ermittlungen beteiligt waren. Thor bahnte sich den Weg zu einem freien Platz auf der anderen Seite des Tischs und gab das Signal, sofort mit der Besprechung anzufangen. Noch einmal studierte er den gelben Zettel mit der hastig niedergekritzelten Nachricht, sah jedoch schnell wieder auf, als Ewald mit seinem Bericht begann.
»Die verschwundene Frau heißt Anisa Dini Farah. 1981 in Ruanda geboren, inzwischen aber dänische Staatsbürgerin. Sie arbeitet für Kintu, Fotos und weitere persönliche Daten liegen auf dem internen Netzwerk. Gestern haben acht Kollegen im Gebiet um Helgoland Befragungen durchgeführt. Sie haben sämtliche Anwohner in einem Radius von fünfhundert Metern um die Badeanstalt befragt, und die Hundestaffel der ersten Kategorie hat nach der Frau gesucht. Hätten wir auch einen Helikopter oder freiwillige Helfer hinzuziehen sollen?«
»Dafür ist es jetzt jedenfalls zu spät«, erwiderte Thor. »Eine Einsatzgruppe fahndet nach dem Mädchen, und es wird sicher bald gefunden. Was ist mit dem Opfer? Was wissen wir über den Mann?«
Er blickte Kraus an, der ausnahmsweise einmal so aussah, als sei er mit dem falschen Fuß aufgestanden.
»Mikkel Spang-Hansen war freiberuflicher Journalist, arbeitete aber sehr regelmäßig für Euroman und Weekendavisen «, berichtete Kraus. »Mindestens genauso bekannt wie für seine mutigen Reportagen und seinen Enthüllungsjournalismus war er dafür, dass er sich in Kopenhagens mondänen Promikreisen bewegte. Obwohl er dort nicht gerade hineingeboren wurde.«
Kraus warf einen kurzen Blick in seine Papiere.
»Er kam im September 1979 in Nysted zur Welt und wuchs bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Er scheint das Ergebnis eines One-Night-Stands zu sein und hatte keinen Kontakt zu seinem Vater, der viele Jahre lang in der sogenannten Dritten Welt arbeitete. Spang-Hansen machte sein Abitur an der Nykøbing Katedralskole und studierte zunächst in Odense Jura, bis er im Jahr 2002 an der Journalistenschule in Aarhus aufgenommen wurde. Er absolvierte ein Praktikum bei einer Filmproduktion in Stockholm und schrieb direkt im Anschluss an sein Studium schon für Politiken und verschiedene Zeitschriften. Ich habe ein paar seiner Artikel im Internet gelesen, und es ist eine ziemlich wilde Bandbreite an Themen. Politische Skandale, die Enthüllung eines Kriegsverbrechers auf Sozialhilfe, Reportagen über Entwicklungshilfe, das Kopenhagener Männerwohnheim und Kokainkonsum in der Filmbranche.«
»Ehrgeizig und schon von Anfang an auf der Überholspur«, kommentierte Thor. »Bei seinem sozialen Aufstieg ist er sicherlich einigen Menschen auf die Füße getreten. Wir müssen alles durchforsten, seine Familie, Freunde, Kollegen, die anderen Eisbader. Was ist mit dieser Anisa Farah? Gibt es zwischen den beiden irgendeine Verbindung?«
Kraus schüttelte den Kopf.
»Aber bisher wissen wir auch nur sehr wenig über sie. Ihre Wohnung wurde ohne Ergebnis durchsucht, aber heute Nachmittag will ich selbst noch mal dorthin fahren.«
Thor nickte und konnte sich ein Lächeln nicht länger verkneifen.
»Okay. Sie muss so schnell wie möglich gefunden werden«, sagte Thor. »Aber es ist genauso wichtig, nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Ich habe starke Zweifel daran, dass sie die Täterin ist.«
Er hob eine Hand, um Kraus’ Protesten Einhalt zu gebieten.
»Wir haben bereits gestern darüber gesprochen«, fuhr Thor fort. »Sie ist zu klein und schmächtig, um einen so brutalen Mord zu begehen. Im Moment ist sie natürlich unsere Verdächtige Nummer eins. Aber ich glaube, dass wir unseren Täter ganz woanders finden werden.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, fragte Ewald.
Thors Lächeln wurde noch breiter, bis er endlich den gelben Zettel auseinanderfaltete. Mit der Miene eines
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