Bewahre meinen Traum
Gayle.
„Und es geht ihnen gut“, beruhigte Adam sie.
Nina beobachtete die beiden und spürte eine ganz besondere Wärme in ihrem Herzen aufsteigen. Sie war mit Gayle in die Schule gegangen. Gayle war ein stilles, etwas molliges Mädchen mit glatten braunen Haaren und einer Hornbrille gewesen. Als Erwachsene hatte sie sich kaum verändert, doch wenn sie mit ihrem Mann zusammen war, schien sie von innen heraus zu strahlen. Verliebt zu sein machte einen Menschen tatsächlich hübsch. Das war wirklich ein magisches Phänomen. Wenn man ein Pärchen wie Gayle und Adam ansah, sah man etwas, das unsichtbar war und zugleich so greifbar und wirklich wie die Erde selber. Genau so sollte Liebe sein. Das wollte Nina für Sonnet eines Tages. Okay, und auch für sich. Vielleicht war sie verrückt, weil sie immer noch glaubte, dass es möglich war.
Es ist das Inn, dachte sie, und seine romantische Atmosphäre, an der sie so hart gearbeitet hatten. Guter Gott, die färbte sogar auf sie ab.
„Ist heute ein besonderer Tag für euch?“, fragte sie.
Ein Licht flackerte in Gayles Augen auf und verglimmte wieder. Sie presste die Lippen aufeinander und nickte. Ihre Hand fand die ihres Mannes. „Adams Einheit der Nationalgarde wird entsandt.“ Ihre Stimme zitterte. „Er rückt nächste Woche aus.“
Ein Schauer lief über Ninas Rücken, aber sie behielt ihr Lächeln bei. „Wir werden dieses Wochenende zu etwas ganz Besonderem für euch machen“, versprach sie. Die Gänsehaut blieb, als sie den beiden nachschaute. Wahre Liebe hat auch eine Kehrseite, dachte sie. Den Schmerz, der durch Trennung verursacht wird, die Angst vor der Gefahr.
Während die Wrights sich zu ihrem Zimmer begaben, begrüßte Greg bereits das nächste Pärchen. Jack Daly und Sarah Moon aus Chicago. Sie waren jung und sahen erfolgreich aus, vielleicht ein wenig zurückhaltend.
„Ist das ein besonderer Anlass für Sie?“, fragte Greg.
Sie beiden tauschten ein leicht ironisches Lächeln aus. Jack war schlank und attraktiv, trug die Haare kurz geschnitten und erinnerte in seiner sehnigen, athletischen Art an Lance Armstrong. „Ja, tatsächlich“, sagte er, erklärte es aber nicht weiter. Er schnappte sich die Schlüssel vom Tresen und ging zur Treppe.
Seine Frau setzte schwungvoll ihre Unterschrift ins Meldebuch. Sie besaß eine stille Schönheit, die aus ihrem Lächeln strahlte, das sie einsetzte, um die Schroffheit ihre Mannes wettzumachen. „Ich bin froh, dass wir eine ganze Woche bleiben“, sagte sie. „Wir brauchen die Zeit.“
Als das Pärchen sich zu ihrer Suite mit Seeblick aufmachte, tauschten Nina und Greg einen Blick. „Ich frage mich, was das zu bedeuten hat“, murmelte sie.
„Das geht uns nichts an“, erinnerte er sie.
Sie schnüffelte. „Du machst keinen Spaß.“
Er lachte leise. „Ich mache ganz viel Spaß. Du hast mir bisher nur noch keine Chance gegeben.“
„Eine Chance wofür?“
„Tu nicht so, als ob du das nicht wüsstest.“ Das Telefon klingelte, und er nahm ab, ohne seinen Blick von ihr zu wenden.
Von der Glocke gerettet, wie es in der Schule so schön heißt. Sie tat so, als wenn sie ihre Unterhaltung vergäße, und beschäftigte sich mit anderen Dingen. So blieb es den ganzen Nachmittag und weit in den Abend hinein. Sie genoss jede Minute, genau so, wie sie es immer gedacht hatte. Es gefiel ihr, sich um die Gäste zu kümmern, sicherzustellen, dass sie nicht nur alles hatten, was sie brauchten, sondern auch Dinge, von denen sie gar nicht wussten, dass sie sie wollen – wie zur Schlafenszeit eine frisch gestärkte Leinenmatte am Fuß des Bettes, zusammen mit einem Paar weicher Hausschuhe.
Bis alle Gäste eingecheckt waren und sie alles für den nächsten Tag vorbereitet hatten, war es beinahe zehn Uhr abends.
„Wow“, sagte Greg und schaute sich im Salon um. „Das war unglaublich.“
„Gut unglaublich oder schlecht unglaublich?“, fragte Nina.
„Einfach … unglaublich.“
Sie nahm ihre Tasche aus dem Schränkchen unter dem Tresen. „Und stell dir mal vor, morgen darfst du das alles wieder machen.“
„Ich kann es kaum erwarten.“
„Gute Nacht, Greg.“ Sie zog sich eilig zurück, weil sie nicht scharf darauf war, noch länger mit ihm zusammen in dem gedämpft beleuchteten, blumengeschmückten Salon allein zu sein. Sie ging den Weg zum Bootshaus hinunter. Auf dem Steg stand ein Pärchen in inniger Umarmung, und das silbrige Mondlicht spielte auf dem Wasser. Die Art, wie die beiden sich
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