Bewahre meinen Traum
Mutter zu verbringen.“
Das war das uralte Dilemma Geschiedener, wie Nina wusste. Sie beneidete ihn nicht.
„Max scheint das alles gut zu verkraften, aber ich weiß, dass es Zeiten gibt, in denen er wegen der Scheidung total am Boden zerstört ist und ich mich wie der letzte Halunke fühle.“ Gregs Offenheit war entwaffnend.
„Er ist ein typisches Kind“, versicherte sie ihm. „Alle haben ihre Hochs und Tiefs.“ Das klang wie eine leere Phrase. Für ein Scheidungskind konnte das Leben kompliziert sein. Für Max bedeutete der Besuch seiner Mutter eine komplizierte Reise und einen genauen Zeitplan sowie die Unterstützung hilfsbereiter Verwandter.
„Anfangs, als wir uns gerade getrennt hatten“, sagte Greg, „dachte Sophie, beide Kinder würden mit ihr zusammen nach Übersee ziehen. Sie hatte schon die Schule ausgesucht, ein Haus … aber sie hatten von Anfang an Probleme und bettelten, in den USA bleiben zu können. Sie haben diese Stadt, dieses Leben gewählt. Ich tue nicht so, als wäre es meinetwegen. Und wenn ich mir überlege, wie sich die Dinge für Daisy entwickelt haben, wünschte ich …“
„Nicht“, unterbrach Nina ihn. „Das ist total sinnlos.“
„Ich hasse einfach den Gedanken, dass ich einen Fehler gemacht, sie im Stich gelassen habe. Max ist in dem ganzen Drama um Daisy beinahe verloren gegangen. Auf viele Arten ist er ein typisches Kind – ganz Junge, nur Unsinn im Kopf. Manchmal scheint er glücklich zu sein mit dieser idyllischen Kleinstadtkindheit – dem See, Baseball, dem Familien-Sommercamp die Straße rauf. An anderen Tagen benimmt er sich, als würde er gefoltert.“
„Weshalb du erleichtert sein solltest, dass er jetzt seine Mutter besucht.“
„Gutes Argument.“
„Hör mal, kann ich dir …“
„Ich hoffe, es macht dir nichts aus …“
Sie sprachen beide gleichzeitig und hörten auch beide zusammen wieder auf. Greg lachte. „Nach dem heutigen Tag war es so komisch, auf einmal nichts mehr zu tun zu haben, also dachte ich, ich statte dir einen Besuch ab.“
Sie war lächerlich erfreut, das zu hören. „Ich gebe zu, ich bin auch ein wenig aufgedreht. Möchtest du ein Glas Wein? Ich habe auch Bier.“ Sie biss sich auf die Lippe. Bier war so … gewöhnlich. Sie hätte es nicht erwähnen sollen. In Gregs Gegenwart fühlte sie sich immer so ungebildet. Sie fragte sich, ob er es bemerkt hatte.
„Danke. Ein Bier wäre toll.“
Sie ging schnell rein und öffnete eine langhalsige Flasche einer örtlichen Brauerei. Wenigstens war es kein Supermarktbier. „Möchtest du ein Glas?“, rief sie ihm zu.
„Nein, danke, ich trink aus der Flasche.“
Nina Romano, was zum Teufel tust du hier? fragte sie sich. Dann unterdrückte sie die kleine Stimme in ihrem Kopf. Sie brachte ihm das Bier und hielt danach ihr Weinglas in seine Richtung. „Auf einen großartigen Anfang des Inns.“
„Darauf trinke ich“, sagte er. „Wir haben das heute sehr gut gemacht. Wir beide.“
Nina war hin- und hergerissen zwischen Freude und Enttäuschung. „Dann hat sich die ganze harte Arbeit also gelohnt.“
„Total.“
„Du hast niemals mit dem Gedanken gespielt, aufzugeben?“
„Vor der Eröffnung? Auf gar keinen Fall.“
„Angenommen, die viele Arbeit und der ganze Stress wird dir irgendwann zu viel.“
Er lachte ein leises, samtiges Lachen, das sie viel zu anziehend fand. „Kommt nicht infrage“, sagte er schlicht und nahm einen Schluck Bier. „Was ist, erwartest du, dass ich mein Spielzeug einpacke und nach Hause gehe? Ich bin keiner, der aufgibt. Ich habe während meiner Kindheit und Jugend zwar alle Privilegien genossen, aber ich bin nicht verwöhnt worden. Ich arbeite gerne. Ich scheue mich nicht vor etwas, nur weil es schwierig ist. Und du hast auch verdammt hart für dieses Haus gearbeitet. Warum sollte ich da aussteigen?“
In den letzten Wochen hatte sie ausreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu beobachten, und dabei war ihr aufgegangen, dass aufzuhören für ihn keine Option war. Er war auf Erfolg gepolt, egal, was er tat. Vielleicht nahm ihn die Scheidung deshalb so mit, dachte sie. Vielleicht würde sie ihn eines Tages danach fragen. Nein. Das war viel zu persönlich. Hierbei – bei ihrer Beziehung zu Greg – ging es ums Inn, um ein geschäftliches Unternehmen. Sie ermahnte sich, sich darauf zu konzentrieren. Sie stellte sich ihre Gäste vor, die sicher in ihren Zimmern ruhten, in denen nicht das kleinste Detail dem Zufall überlassen war, von der frischen
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