Bewahre meinen Traum
eine Miene stählerner Entschlossenheit, und einen Moment lang sah sie Sophie so ähnlich, dass er glaubte, Halluzinationen zu haben.
„Los geht’s, Daddy-O“, sagte sie.
„Ich bin bereit, Daisy-O“,, erwiderte er.
Sie presste wie eine Weltmeisterin, koordinierte ihre Bemühungen mit den Wehen, genau wie man es ihr beigebracht hatte. Gregs Welt schrumpfte auf den Anblick seiner Tochter zusammen – das Gesicht rot und verkrampft, die Zähne zusammengebissen, Tränen in den Augen und schweißnasses Haar. Es brach ihm das Herz, sie so zu sehen, aber er wankte nicht und flüsterte ihr weiter Ermutigungen zu. Er hörte die Ärztin den Fortschritt kommentieren, und endlich, als es schien, dass Daisy vor lauter Erschöpfung aufgeben würde, schnappten alle kollektiv nach Luft. „Da ist er ja“, verkündete die Ärztin. Es gab ein leicht gurgelndes Geräusch, gefolgt von einem dünnen, vibrierenden Schrei. „Er sieht fabelhaft aus.“
Sophie fing an zu schluchzen. Das Geräusch war Greg so fremd, dass er erst nicht wusste, wo es herkam. Dann sah er, wie sie den Mundschutz vom Gesicht schob und sich vorbeugte, um Daisy einen Kuss auf die Stirn zu geben.
Ein blutverschmiertes Bündel lag auf Daisys Brust. Den Bruchteil einer Sekunde zeigte sich pure Panik in ihren Augen. Dann umfingen ihre Arme das kleine Menschlein in einer mächtigen Umarmung. „Hallo, Baby“, flüsterte sie. „Hallo, mein wundervolles kleines Baby.“
Gregs Knie wurden ganz weich. Und auch der Rest seines Körpers schien sich aufzulösen, als er voller Staunen auf das schaute, was er vor sich sah. Jemand legte ihm ein Instrument in die Hände.
„Wollen Sie das tun?“
Er schaute auf seine zitternden Hände. Oh, ja. Oh, Mist. Er musste die Nabelschnur durchschneiden. Er biss die Zähne zusammen, zwang seine Hand, mit dem Zittern aufzuhören, und trat nach vorn. Jemand hielt die abgebundene Nabelschnur zwischen behandschuhten Händen. Ruhig wie ein Felsen trennte er sie mit einem entschlossenen Schnitt durch.
Unter ihren Freunden und der Familie erlangte Daisy vorübergehend einen kleinen Promistatus. Bis zum nächsten Abend war beinahe jeder, den sie kannte, mit Blumen oder einem Geschenk vorbeigekommen, um sie zu beglückwünschen. Auf der Wöchnerinnenstation des Krankenhauses wurden die Patienten nicht wie Kranke behandelt. Besucher durften zu beinahe jeder Tageszeit kommen und gehen. Sie wurden lediglich angewiesen, sich die Hände mit Desinfektionsmittel zu waschen und ansonsten die Wünsche der jungen Mutter zu respektieren.
Greg und Sophie wechselten sich damit ab, bei ihrer Tochter zu sitzen. Emile Charles Bellamy war ein perfekter Gesundheitszustand attestiert worden, und so durfte er im Zimmer seiner Mutter sein. Er war untersucht, geimpft, gebadet und gewickelt worden und schlief nun in einem Bettchen mit durchsichtigen Seitenteilen. Sein kleines Köpfchen wurde von einer hellblauen Mütze bedeckt. Etwas roter Flaum schaute unter der Mütze hervor. Der Anblick war ein kleiner Schock für alle, die das Baby das erste Mal sahen. Es war der erste konkrete Beweis für etwas, worüber die Bellamys nie wirklich nachgedacht hatten – das Baby hatte irgendwo auch einen Vater. Einen Vater mit roten Haaren.
Sophie kehrte in ihr Hotel zurück, um zu duschen und sich umzuziehen, und Max kam zusammen mit Gregs Eltern. Die drei standen um das Bettchen herum und schauten den Kleinen in stummer Faszination an. Endlich schaute Gregs Mutter Jane auf. Sie strahlte und weinte gleichzeitig. „Er ist einfach fabelhaft.“
Max stimmte zu. „Er ist ziemlich süß.“
Daisy grinste. „Findest du?“
„Total. Wann wird er aufwachen?“
„Ich denke, er soll jetzt erst einmal eine Weile schlafen. Wir hatten eine lange Nacht.“
Für Greg fühlte es sich surreal an, hier zu stehen und zu hören, wie seine Kinder sich mal nicht stritten, sondern sich wie Erwachsene unterhielten. Sein Herz fühlte sich enorm an, als wenn es zu groß für seine Brust geworden war. Er war vollkommen erledigt; er wagte es kaum, seine Eltern anzuschauen. Denn wenn er es täte, würde er vielleicht zusammenbrechen, wie alle anderen um ihn herum es auch schon getan hatten.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, fragte Daisy Max. „Sag Olivia bitte, dass es mir leidtut, ihre Hochzeit unterbrochen zu haben.“
„Machst du Witze? Sie freut sich für dich. Sie sagt, sie kann es kaum erwarten, dich zu besuchen. Sie und Connor wollen vorbeikommen und das Baby
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