Bewahre meinen Traum
letztlich waren sie alle nicht mehr als ein Bündel hormongetriebener Lüste.
Sie fühlte sich wie die Ballkönigin und tanzte mit einem Jungen nach dem anderen. Einer erzählte ihr, dass alle fünfzig Staaten in der Klasse vertreten wären.
Laurence war die perfekte Begleitung, und vollkommen ahnungslos, was ihr richtiges Alter betraf. Sie hatte ihn im letzten Herbst kennengelernt, als sein Footballteam in die Stadt gekommen war und die Avalon Knights besiegt hatte. Die meisten Bewohner der Stadt hatten die Niederlage nicht sonderlich gut hingenommen, aber Nina war es vollkommen egal gewesen. Laurence war der Quarterback, er war total heiß und glaubte, dass sie schon auf der Senior-Highschool war, wie er. Im Frühling hatte sie erfreut zur Kenntnis genommen, dass er der Pitcher des Baseballteams seiner Schule war, und sie hatten ihren Flirt wieder aufgenommen. Sie hatten schon früher unter den Zuschauerbänken herumgemacht, also war das hier technisch gesehen schon ihr zweites Date.
Er hatte sie zu Hause abholen wollen, aber sie hatte sich eine ausgefeilte Erklärung ausgedacht und ihn davon überzeugt, sie hier im Club zu treffen. Jetzt stand er vor ihr wie ein heidnischer Gott, groß und breitschultrig, das schmale Gesicht wie aus Ebenholz geschnitzt. Sogar das reflektierende Licht von der sich drehenden Lichtmaschine an der Decke schien seine Wichtigkeit zu betonen und beleuchtete ihn von hinten wie einen Rockstar. Er war bei Weitem der am besten aussehende Junge im Raum und der beste Tänzer. Nina nahm ihn nur zu gerne als nächsten Tanzpartner. Über die tief im Magen vibrierenden Bässe von „Get It Started“ von M. C. Hammer lernten sie einander besser kennen. Er war erst siebzehn und würde sein Zuhause das erste Mal verlassen. Sie log über ihr Alter und war vermutlich schon zum hundertsten Mal aus dem Haus geschlichen, aber das verriet sie ihm nicht.
Sie tanzten enger und enger, bis sie sich berührten. Nina stand sofort in Flammen, als wenn er ein Streichholz wäre, was sie an ihr entzündet hatte. Vielleicht ist es das, dachte sie. Vielleicht ist heute die Nacht der Nächte. Und warum auch nicht? Er war der perfekte Junge, um ihr Erster zu sein – freundlich, gut aussehend und ehrenwert. Nina hatte ihre älteren Schwestern oft genug belauscht, um zu wissen, dass das Qualitäten waren, die man nicht jeden Tag in einem Jungen fand. Sie wäre verrückt, ihn abzuweisen.
Nach einer Weile beugte er sich zu ihr und sagte: „Lass uns nach draußen gehen.“ Er führte sie an der Hand zu der Terrasse, von der aus man den Golfplatz überblicken konnte. Nina legte den Kopf in den Nacken und hieß die Brise willkommen, die ihr über Gesicht und Hals strich.
„Es ist heute Nacht so heiß“, murmelte sie. Sie fühlte sich sündig und mächtig und erfüllt von der Sehnsucht, ihn zu berühren und von ihm berührt zu werden.
„Hast du Durst?“ Er hielt ihr eine Flasche Snapples-Eistee hin. „Ich habe ihn ein wenig mit Wodka aufgepeppt.“
„Das gefällt mir.“ Mutig legte sie den Kopf in den Nacken und trank die halbe Flasche aus, wobei sie sich bemühte, trotz des beißenden Geschmacks nicht zu würgen.
Gemeinsam gingen sie hinunter auf den im Dunkeln liegenden Golfplatz und ließen ihre Schuhe am achtzehnten Loch stehen. Der perfekt gemähte Rasen fühlte sich unter ihren nackten Füßen wie ein kühler Teppich an. Ein Hauch von Luxus und Privilegiertheit schien in der Luft zu liegen.
Laurence lachte leise. „Wir sind definitiv nicht mehr in Kansas.“
„Was meinst du damit?“
Er erklärte, dass er in einem sozialen Wohnungsbau groß geworden war – ein ungeschlachtes Gebäude am Südende der Stadt, das man in keiner Touristenbroschüre des Hudson Valley je zu sehen bekam. Er war bei seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, die für die Wohlfahrtsbehörde gearbeitet hatte. „Demografisch gesehen bin ich einer, der jetzt eigentlich schon im Knast sitzen sollte.“
„Und sieh dich an“, sagte sie. „Du bist ein Star. Du gehst nach West Point. In fünf Jahren bist du Offizier.“
„Es kommt mir noch so irreal vor.“ Er packte sie und küsste sie, und es war ein erstaunlicher Kuss, süß und sexy zugleich. „Und du scheinst mir auch nicht real“, sagte er.
„Vielleicht bin ich das ja auch nicht“, sagte sie. „Vielleicht ist alles nur ein Traum.“ Sie schaute zurück zu dem hell erleuchteten Clubhaus. Der dunkle Ballsaal wurde nur von zuckenden Stroboskoplichtern erhellt. Im
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