Bewahre meinen Traum
Überraschung“, sagte er. Er umarmte Sophie steif. Sie stießen ungelenkt aneinander, wussten nicht mehr, wie sie zueinanderpassten, obwohl das früher doch so leicht und mühelos erschienen war. Sie fühlte sich total anders an. Sogar ihr Geruch war ein anderer. Und er hätte schwören können, dass sie fülliger war. Verdammt. Hatte sie sich die Brüste machen lassen?
Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Sie waren monatelang getrennt gewesen und kannten einander nicht mehr. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er schwankte noch zwischen „Gut dich zu sehen“ und „Ich dachte, wir hätten Schluss gemacht“, als sie ihren Kopf ins Auto steckte und nach etwas auf der Rückbank griff. Terry Davis ging mit stoischer Miene an den Kofferraum, um ihre Taschen auszuladen.
Großartig, sie hat Gepäck, dachte Greg. Ganz offensichtlich plante sie, mindestens über Nacht zu bleiben.
„Woher wusstest du, wo ich zu finden bin? Und warum hast du nicht erst einmal angerufen?“ Er ertappte sich dabei, wie er einen Blick auf ihren Hintern warf, als sie sich ins Auto beugte. Ihr Hintern hatte ihm immer gefallen, und heute sah er besonders gut aus. Vielleicht hatte sie während ihrer Zeit in Japan ein wenig zugelegt. Es stand ihr gut.
„Dein Zimmergenosse hat mir gesagt, wo ich dich finden kann. Und ich habe entschieden, nicht vorher anzurufen, weil ich Angst hatte, sonst in letzter Sekunde einen Rückzieher zu machen“, sagte sie über die Schulter. Dann richtete sie sich auf und drehte sich um.
Einige Sekunden lang starrte Greg sie in vollem Unverständnis an. In ihren Händen hielt sie zwei graue Plastikgriffe, die an einer Art Korb befestigt waren. In dem Korb lag ein Haufen blasser, weich aussehender Decken.
Nein, dachte er. Einfach … nein . Es rauschte durch seinen Kopf, ein Leugnen, das so stark war, dass er nichts von dem hörte, was Sophie sagte. Er sah, wie ihre Lippen sich bewegten, aber kein Wort durchdrang das panische Heulen in seinem Kopf.
Okay, dachte er. Tief durchatmen. Er zwang sich, sich zu konzentrieren.
„… der Ausdruck auf deinem Gesicht“, sagte Sophie gerade. „Das ist der andere Grund, warum ich nicht erst angerufen habe.“ Sie hielt kurz inne, um Mr Davis für die Fahrt zu danken, dann wandte sie sich wieder an Greg. „Gibt es hier einen Platz, wo wir ungestört reden können?“
„Ja, da drüben.“ Er nahm ihren Rollkoffer und zog ihn über den unebenen Weg, der zum Steg unterhalb des Haupthauses führte. Jetzt, wo alle Camper weg waren, lag er einsam und verlassen da. Die Abenddämmerung brach herein, und eine warme Brise kräuselte die Wasseroberfläche.
Aber die unberührte Schönheit des Abends bedeutete Greg nichts. Ihn interessierten weder die letzten Sonnenstrahlen, die auf dem Wasser tanzten, noch das sanfte Plätschern der Wellen an die Pfeiler des Stegs. Es war nur ein Ort, an dem er ausflippen konnte, während alles, was er sich für sein Leben vorgestellt hatte, auf den Kopf gestellt oder auf links gedreht oder zumindest in etwas verwandelt wurde, was er nicht wiedererkannte.
Mit äußerster Vorsicht setzte Sophie den Korb ab.
Greg konnte immer noch nicht sprechen. Er hielt seinen Blick auf Sophie gerichtet – wenn er es nicht anschaute, müsste er es nicht zur Kenntnis nehmen, und dann wäre es auch nicht wirklich. Es würde nicht passieren.
Sie erwiderte seinen Blick mit schonungsloser Ruhe. „Als wir letztes Jahr Weihnachten Schluss gemacht haben, wusste ich nicht, dass ich schwanger war“, sagte sie. „Ich schwöre es. Ich dachte – ich nahm an –, ich hätte mir etwas eingefangen, einen Magen-Darm-Virus oder so. Es ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen …“ Sie wandte den Blick ab und räusperte sich. „Ich hatte viel Stress. Die Abschlussprüfungen, und dass wir beide nicht mehr miteinander klarkamen.“
Was für eine Untertreibung. Am Ende ihre Beziehung war das Zusammensein, wie wenn man die Haut von einer Blase abzieht. Das Wissen, dass sie das nächste Semester auf verschiedenen Kontinenten verbringen würden – er in Granada in Spanien, sie in Nagoya in Japan –, bot den idealen Ausweg aus dem Schmerz. Greg hatte angenommen, dass er und Sophie im Herbst als höfliche Fremde zurückkehren würden. Nach und nach würden die Erinnerungen verblassen. Sie würden Dinge vergessen, die sie einmal voneinander gewusst hatten – die Namen der Haustiere aus der Kindheit, die Lieblingsfarbe, das Lied, das gespielt hatte, als sie
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