Bewegungswissenschaft
kognitive Faktoren
Psychische und kognitive Faktoren beeinflussen im Kontext verschiedener Lebenslagen menschliche Verhaltensweisen in einem erheblichen Maße. Die auf motorische Lern- und Trainingssituationen einwirkenden Persönlichkeitsdispositionen umfassennachweisbar die Intelligenz, den Verhaltenstyp, das psychische und kognitive Wohlbefinden, die emotionalen Reaktionen und die Leistungsmotivation. Während im Bereich der normal entwickelten Intelligenz keine positiven Korrelationen zwischen den Intelligenzkennziffern und den motorischen Testleistungen bestehen, zeigen Kinder und Jugendliche mit niedrigen Intelligenzkennwerten oder zerebralen Dysfunktionen gegenüber normal entwickelten Altersgleichen auffällige körperliche und motorische Entwicklungsdefizite.
Für den alpinen Skilauf belegt W ILLIMCZIK (1986) einerseits hohe theoriekonforme und Alltagserfahrungen entsprechende Zusammenhänge zwischen der motorischen Lernfähigkeit und der Leistungsmotivation sowie der persönlichen Fähigkeitseinschätzung. Andererseits bestehen negative Korrelationen mit verschiedenen Dimensionen der Angst. M ATHEY (1971, zit. in R OTH & W INTER , 1994) weist für das spätere Erwachsenenalter sowohl positive Zusammenhänge zwischen dem Koordinationsniveau und dem lebenszufriedenen Verhaltenstyp als auch negative Korrelationen mit dem Konstrukt „Ängstlichkeit“ nach. P ROHL und S CHEID (1991, zit. in R OTH & W INTER , 1994) belegen für dispositionell ausgeglichenaufmerksame Kleinkinder ein höheres motorisches Lernniveau als für zurückhaltend-scheue Kinder. B RETTSCHNEIDER und B RÄUTIGAM (1990), W INTER und B AUR (1994) gehen davon aus, dass die beträchtlichen Divergenzen der psychosozialen Lebenslagen, des Freizeitverhaltens und des Sportinteresses im frühen Erwachsenenalter zu einer markanten Beeinflussung des motorischen Lernens führen.
Sozialkulturelle und materiale Umweltfaktoren
Sozialkulturelle und materiale Umweltfaktoren stellen wichtige Voraussetzungen für die Ontogenese dar. Diese können den Entwicklungsverlauf fördern, behindern oder schädigen. Sozialkulturelle Umweltfaktoren umfassen die von Mitmenschen ausgehenden Einwirkungen und die von der Umwelt erzeugten Reize und Informationen (familiäre Einflüsse, elterlicher Erziehungsstil usw.). Derartige Einflussfaktoren zeichnen sich maßgeblich für gesellschaftstypische Entwicklungsverläufe verantwortlich. Materiale Umweltbedingungen gelten als sozial vermittelt und beziehen sich auf den unmittelbaren Lebensraum des Individuums oder auf gesellschaftlich übergreifende Bereiche (Bewegungsspielzeug, Spielplätze, Wohnungsgröße usw.). Der mehrheitlich angenommene geringe Einfluss einzelner Bedingungsfaktoren auf die motorische Entwicklung darf nach W ILLIMCZIK (1983) nicht unterschätzt werden, da sozialkulturelle und materiale Umweltfaktoren im Regelfall nicht einzeln, sondern kumulierend wirken. „Kinder aus unteren Sozialschichten besuchen in geringerem Umfang den Kindergarten, leben in beengteren Wohnverhältnissen, haben meist kein eigenes Kinderzimmer und weniger Bewegungsspielzeug“ (S. 272).
Bewegungsbiografie
Ein zentraler Bedingungsfaktor der kognitiven, emotionalen und motorischen Entwicklung stellt nach B AUR (1989) die durch alltägliche, schulische, berufliche und sporttypische Bewegungserfahrungen geprägte Bewegungsbiografie dar. Die Quantität und die Qualität der Bewegungserfahrungen bestimmt maßgeblich das individuelle Ausprägungsniveau der motorischen Fähigkeiten und der sporttypischen Fertigkeiten. Dies belegen Interventionsstudien zur Effektivität von Bewegungsangeboten und Bewegungsfördermaßnahmen. Positive Auswirkungen sind dann zu erwarten, wenn die Bewegungsangebote abwechslungsreich ausgerichtet werden (A LLMER , 1983; Z IMMER , 1996).
Bei der Charakterisierung der Bewegungsbiografie spielt die Art, die Häufigkeit, die Dauer und die Intensität der körperlichen Betätigung eine große Rolle. Bei sportlichen Tätigkeiten interessieren zusätzlich der zeitliche Trainingsumfang, die Regelmäßigkeit des Sporttreibens, die Anzahl der erprobten Sportarten, die Dauer der Zugehörigkeit zu einer Sportgruppe (Sportverein), das Leistungsniveau und die Wettkampfteilnahme.
Üblicherweise sind für die individuelle Ausprägung der Bewegungsbiografie zwei Lebensabschnitte von herausragender Bedeutung. Während der Kindheit und der Jugendzeit sammelt der Heranwachsende im Rahmen des täglichen Spiels, der
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