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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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– und die neigten dazu, egal welcher Religion sie auch angehörten, stets für sich die Wahrheit zu reklamieren. Dabei wird keine einzige Glaubensrichtung von sich behaupten können, die allein glückselig machende zu sein. Fest standen für ihn einige Eckpunkte, die er sich im Laufe des Lebens zurechtgerückt hatte: Auf der ganzen Welt wird an einen Schöpfer, an eine Macht, zumindest aber an etwas geglaubt, das hinter dem real wahrnehmbaren Universum steht. Dass dies alles zufällig entstanden sein könnte, durch Zellteilung über Jahrmillionen hinweg, das wollte ihm nicht in den Kopf.
    Allein das, was er von den Geheimnissen der Physik erfahren hatte, reichte ihm aus, nichts allein dem Zufall zuzuschreiben. Überhaupt: Gab es so etwas wie Zufälle? War nicht doch alles irgendwie und durch wen auch immer programmiert und so gewollt? Auch seine jetzige Situation, die er wie einen Sog empfand, dem er sich nicht entgegenstemmen konnte. Ein immer schneller drehender Strudel, der ihn in ein Loch zog – in ein schwarzes Loch.
    Gott, ja, das war diese Urkraft, die alles zusammenhielt. Der man sich unterwerfen musste, bedingungslos. Wer sich ihr entgegenstellte, schwamm gegen den Strom und wurde hinweggefegt.
    Wer diese allgegenwärtige Macht in sich aufnahm, durch Gebete, durch Meditation, durch innere Ruhe, der konnte in der Tat ein bisschen etwas am Schicksal ändern, nicht jedoch am Großen, das in der Flussrichtung der Zeit lag. Glaube versetze Berge, hieß es schließlich – und er war davon überzeugt, noch immer und trotz allem. Auch wenn er spürte, wie zunehmend Zweifel aufkamen. Er versuchte, sie dann zu verdrängen. Das Schicksal hatte ihn aus der Bahn geworfen. Aber sollte er deswegen mit dieser großen Macht hadern? Mit einer Macht, die eine Tsunami-Monsterwelle zuließ, die Kriege, Terror und Katastrophen nicht verhinderte?

12
     
    Innerhalb einer Stunde war das lang gezogene Tal entlang des Höhenzugs des Rehgebirges von der Polizei belagert. In grünen Omnibussen der Bereitschaftspolizei waren Beamte gekommen, die das Gelände im weiten Umkreis um den Tatort durchkämmen sollten. Wonach, wusste eigentlich niemand so genau. Doch in solchen Fällen erschien dies angebracht, um irgendwelche Gegenstände sicherzustellen, die der Täter möglicherweise bei seiner Flucht weggeworfen hatte.
    Häberle war mit Specki zum Erlenhof gefahren, der gut und gern einen halben Kilometer vom Tatort entfernt war. Der dunkelblaue Ford Fiesta war zwischen Scheune und Stallungen abgestellt, sodass er weder vom Zufahrtsweg noch von dem Wohngebäude aus hatte gesehen werden können.
    Die Spurensicherer hatten ihre Arbeit bereits beendet. Sie hatten das Blech an den Türen und die Seitenscheiben mit rostrotem Pulver bestrichen, um Fingerabdrücke nehmen zu können. Inzwischen öffnete ein Verkehrspolizist die verriegelte Fahrertür mit wenigen geübten Griffen und einem Taschenmesser. Zum Glück handelte es sich bei dem Auto um ein älteres Modell, dessen Schloss mit einigen Tricks leicht zu überlisten war. Der Uniformierte trat mit stolzem Gesichtsausdruck zurück, damit die beiden Kriminalisten in das Innere des Fahrzeugs blicken konnten.
    Es sah sauber und gepflegt aus. Häberle beugte sich über den Fahrersitz, um die Beifahrertür zu entriegeln, die der Kollege von außen öffnete. Er stülpte sich Plastikhandschuhe über und ließ das Handschuhfach aufschnappen. »Schau dir das an«, sagte er überrascht. »Ein Fernglas.«
    »Ein stattliches Ding«, stellte Specki fest und legte es auf den Beifahrersitz.
    Der Chefermittler hatte unterdessen in der Türablage einen kleinen digitalen Fotoapparat entdeckt. »Hat dies was zu bedeuten, was meinst du?«, fragte er, ohne eine Antwort zu erwarten.
    Specki blickte in gebückter Haltung durch das Wageninnere zur Fahrertür hinüber. »Wir können ja mal nachsehen, ob was auf dem Fotochip drauf ist.«
    Häberle nickte und reichte den Apparat einem Kollegen der Spurensicherung weiter. »Haben die Bewohner hier eine Ahnung, wann das Auto abgestellt wurde?«, fragte er in die Runde.
    Ein Uniformierter meldete sich zu Wort: »Sie meinen, es sei so gegen 16 Uhr gestern gewesen. Es sei noch hell gewesen.«
    Specki staunte: »Und das ist denen nicht komisch vorgekommen – ich meine, die Kiste steht jetzt immerhin seit rund 24 Stunden hier rum.«
    Der Uniformierte zuckte mit den Schultern: »Sie sagen, es käme immer mal wieder vor, dass junge Leute ein Auto abstellen, um dann irgendwo

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