Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Todesursache des Ermordeten gestanden: erdrosselt.
    Traknow hatte sich seine Beunruhigung darüber nicht anmerken lassen, sondern seiner Frau und der Schwiegermutter nur gesagt, dass er es für zweckmäßig halte, unter vier Augen mit Gerhard zu sprechen. Und weil der allein in einem Krankenzimmer lag, konnte er dies tatsächlich in Ruhe tun. Er zog sich den Besucherstuhl ans Bett und sah in das aschfahle Gesicht seines Schwiegervaters. »Du brauchst dich nicht zu beunruhigen«, sagte Traknow und strahlte dabei den Optimismus aus, der schon manchen Angeklagten vor der Urteilsverkündigung ermuntert hatte. »Wir kriegen das alles hin.«
    Sein Schwiegervater hob seinen Oberkörper und stopfte sich das Kopfkissen als Rückenstütze drunter. Dann strich er sich übers Haar und schaltete den Fernseher aus. Seine Stirn glänzte. »Wenn du erst mal in die Mühlen der Justiz geraten bist, bist du verloren«, sagte er leise. »Danke jedenfalls, dass du gekommen bist.«
    »Weißt du …«, begann Traknow, »… wir sollten einfach mal in Ruhe alles durchgehen.«
    »Ich hab dir doch schon alles gesagt.«
    »Natürlich – aber, um als Anwalt reagieren zu können, muss ich alle Umstände kennen.« Er holte einen Notizblock und einen Kugelschreiber aus dem Jackett. »Dass du diesen Grauer kennst, hast du mir gesagt.«
    »Ja, er war mein Arbeitsvermittler oder wie das heißt.«
    »Du hast ihn nicht sehr oft aufgesucht?«
    »Alle zwei, drei Wochen – aber halt auch am vergangenen Freitag.« Dies hatte er seinem Schwiegersohn bereits gestern nach dem Frühstück anvertraut. Dieser nickte deshalb verständnisvoll.
    »Aber als du abends zum Steinberghof gefahren bist, war da nichts, was dich stutzig gemacht hätte …?«
    Ketschmar schüttelte wieder den Kopf und verschränkte die Arme im Nacken. »Wenn ichs dir doch sage … nichts, gar nichts. Absolut nichts. Mir ist nichts aufgefallen, ich hab nichts gesehen – es war wie immer.«
    »Auch an dieser Baustelle?«
    »Ich fahr da ein-, zweimal die Woche vorbei. Da schaut man doch nicht jedes Mal, was sich dort tut. Ich kann dir nicht sagen, ob da noch einer gearbeitet hat oder ob da ein Auto gestanden hat. Keine Ahnung.«
    »Demnach beunruhigt dich nur der Blechschaden an deinem Auto …?«
    Wieder nickte er. »Das passt doch zusammen. Ich kenn diesen Grauer, fahr am Freitagabend dort oben rum und hab eine Beule im Auto.«
    Der Anwalt sah aus dem Fenster. Draußen war die Novembernacht ins Land gezogen. Sein Gesicht spiegelte sich in der Scheibe.
    »Sonst nichts«, wiederholte er und mied es, die Feststellung wie eine Frage klingen zu lassen.
    Ketschmar schwieg. Der junge Mann fühlte sich nicht wohl. Es war wie immer, wenn ihm ein Mandant gegenübersaß, der die wahre Geschichte nicht erzählen wollte.
    Dann versuchte er regelmäßig, darauf hinzuweisen, dass eine sinnvolle Verteidigung nur auf einem Vertrauensverhältnis basieren könne. Er war keiner von denen, die für fürstliche Honorare jeden Wunsch auf eine Freispruch-Verteidigung erfüllten. Und seis noch so aussichtslos. Aber wie sollte er dies seinem Schwiegervater erklären, ohne eine Menge Porzellan zu zerschlagen?
    »Die Polizei …«, begann er deshalb vorsichtig, zumal er nicht wusste, was Gerhard vor seinem Zusammenbruch noch mitgekriegt hatte, »die Polizei hat das ganze Auto durchsucht.«
    Ketschmar kniff die Lippen zusammen.
    »Da haben die im Kofferraum etwas gefunden, das möglicherweise zu Fragen Anlass geben könnte.« Er hasste es so geschwollen daher zu reden. Schon tat es ihm leid, diesen amtlichen Ton angeschlagen zu haben. Er blickte in die leeren Augen seines Schwiegervaters und wartete auf eine Reaktion. Es kam keine.
    Traknow zögerte, doch es gab keine andere Möglichkeit, als das Thema anzusprechen. »Einen Spanngurt haben sie gefunden.«
    Zwei, drei lange Sekunden verstrichen. Ketschmar schien mit sich zu kämpfen und atmete schwer. »Einen Spanngurt?«, fragte er vorsichtig und emotionslos. »Ja, und?«
    Die beiden Männer schauten sich in die Augen – und schwiegen.
    Traknow kämpfte gegen die peinliche Stille und suchte verzweifelt nach passenden Worten. Bei jedem anderen Mandanten hätte er jetzt sofort nachgefasst. »Natürlich werden sie irgendwann fragen, was du mit diesem Spanngurt gemacht hast«, sagte er schließlich.
    »Was ich damit gemacht habe?« Wieder dieses ungläubige Gegenfragen. »Was macht man mit einem Spanngurt? Etwas befestigen.«
    Traknow dachte nach. Soweit er sich

Weitere Kostenlose Bücher