Beweislast
»Ist Bedienung in einem Nachtclub in der Stuttgarter Innenstadt.«
Häberle grinste. »Da haben wir die beiden wohl am Sonntagvormittag ein bisschen zu früh gestört.«
»So hats jedenfalls ausgesehen«, kommentierte Linkohr die Bemerkung seines Chefs. »Eckert ist seit seiner Lehrzeit bei dieser Firma Pottstett-Bau, die ihren Sitz im Stuttgarter Süden hat. Er selbst ist ein paar Mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen …« Linkohr schichtete Zettel um. »… Er neigt offenbar zum Rasen und hat mal vier Wochen den Führerschein abgeben müssen, weil er durch einen Tempo-60-Bereich auf der Autobahn mit 120 durchgedonnert ist. Und auch sonst gibts einige Einträge im Verkehrszentralregister.«
Häberle hörte aufmerksam zu.
»Aber auch strafrechtlich ist was aufgelaufen«, fuhr Linkohr fort, »… vor 3 Jahren war was mit illegaler Beschäftigung. Es ging um drei Polen – naja, kein Wunder, bei seinen Beziehungen …« Der Jung-Kriminalist lächelte vielsagend. »Man hat wohl nicht seinem Chef, sondern ihm persönlich nachweisen können, dass er Schwarzarbeiter beschäftigt hat.«
»Ist leider Gottes auf dem Bau keine Seltenheit«, stellte Häberle fest. »Und sonst? Körperverletzungen, Gewalttaten?«
»Fehlanzeige!«
»Wen haben wir noch?«
»Diese beiden Intimfeinde«, grinste Linkohr, »bei denen können Sie kreuz und quer durchs Strafgesetzbuch alles finden. Jedenfalls, soweit es nicht Mord und Totschlag anbelangt. Auch wenn sie sich gegenseitig regelmäßig beschuldigen, Opfer eines Mordanschlags des jeweils anderen geworden zu sein. Bei beiden hats aber schon mehrfach zu Verurteilungen wegen Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und Bedrohung gereicht. Von den unzähligen Beleidigungen mal ganz abgesehen.« Linkohr blätterte in einem dicken Schnellhefter. »Der Blücher vom Eulengreuthof scheint besonders aggressiv zu sein – aber wahrscheinlich steht ihm der Schorsch vom Steinberghof in nichts nach.«
»Ich schätz die Lage so ein, dass eines Tages vielleicht der eine den anderen totschlägt. Aber bisher deutet doch nichts darauf hin, dass sie auch auf Fremde losgehen«, meinte Häberle.
Linkohr zuckte mit den Schultern. »Das würd ich so nicht unbedingt behaupten. Es kommt sicher auf die jeweilige Situation drauf an. Wenn einer von ihnen – egal welcher von beiden – jemanden trifft, der mit dem anderen sympathisiert, kann sich auch auf eine völlig unbeteiligte Person der ganze Zorn entladen.«
Häberle stimmte seinem Kollegen insgeheim zu. »Wen haben wir noch?«
»Wir haben auch den Hudelmaier vom Erlenhof überprüft. Er scheint in diesem Tal dort hinten der Einzige zu sein, mit dem der Eugen vom Eulengreuthof derzeit Kontakt hat. Wir sind nur nicht dahintergestiegen, warum.«
»Und Hudelmaier?«
»Nichts«, stellte Linkohr fest, »sozusagen ein absoluter Saubermann. Er ist verheiratet – seit Menschengedenken fast. Die Kinder – Sohn und Tochter – sind schon lange weggezogen und es sieht ganz danach aus, als gäbe es für den Erlenhof keine Nachfolger.«
»Deswegen lässt er es auch verkommen«, meinte Häberle, »sieht ja schon ziemlich vergammelt aus.«
»Naja. Es scheint, als ob er damit sogar noch Geld verdienen will – mit Abenteurern und Outdoor-Fans, die in diesem uralten Gemäuer ein paar Urlaubstage verbringen möchten.«
»Ach?«, staunte der Chefermittler, »Ferien auf dem Bauernhof – ha …« Er grinste. »Mitten drin also im urschwäbisch bäuerlichen Leben. Bei Mist und Kuh. Und dem ganzen Ungeziefer, das es dort mit Sicherheit gibt.«
Sein Kollege nickte. »Wir haben dann auch noch den Hornung gecheckt – Grauers direkten Vorgesetzten. Einer dieser pseudomodernen Bürokraten. 36 Jahre alt, stammt aus Tübingen, hat vor 5 Jahren geheiratet und in Plochingen ein Haus gekauft.«
»Pseudomoderner Bürokrat«, wiederholte Häberle genüsslich. Diese Formulierung gefiel ihm. Linkohr hatte schon etwas von ihm gelernt. Auch wenn es noch eine andere Bezeichnung gab, wie der Ermittler insgeheim dachte: Sesselfurzer.
»Ja, der schwärmt mächtig von der modernen Verwaltung und wie flexibel das Arbeitsamt geworden sei, seit es in die ›Agentur für Arbeit‹ umgebaut worden sei.«
»Schwätzer«, gab Häberle zurück, »nichts als Schwätzer. Manchmal überleg ich mir, ob die selbst glauben, was sie verzapfen. Ich kann das Gesülze nicht mehr hören und nicht mehr lesen. Wie toll der Service sei – und wie unbürokratisch man den Arbeitslosen helfe.« Bei
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