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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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suchen sollte. Genug Geld hatte er. Aber nach der ersten Runde hatten sie sich die Zeche immer redlich geteilt, und das war Gianni sicher nicht leichtgefallen. Da konnte er jetzt nicht wie ein Großkotz in einem Hotel verschwinden.
    Nein, er musste bleiben. Ganz egal, wie schrecklich die Nacht werden würde.
    Und dann traute Raffael seinen Augen nicht. Gianni zauberte doch wahrhaftig eine Wolldecke aus dem untersten Fach seines Kleiderschranks, sodass er wenigstens nicht auf dem nackten Fußboden liegen musste.
    »Grazie, Gianni«, murmelte er noch, streckte sich aus und war augenblicklich eingeschlafen.
    Gianni lag dagegen noch eine Weile wach. Jetzt in der Dunkelheit der Nacht sah er die Dinge ganz klar. Sein Vater hatte gesagt, der Typ wäre in Ordnung, aber das war überhaupt nicht so.
    Mit Raffael stimmte irgendetwas nicht. Bei der kleinsten Kleinigkeit flippte er aus, und dann war er unberechenbar. Wahrscheinlich war er zu allem fähig.
    Je länger er darüber nachdachte und je länger die Nacht dauerte, desto mehr Angst bekam Gianni. Er wusste nicht genau warum, aber er roch die Gefahr.

51
    An diesem Abend waren Karl und Christine im Hof die Letzten.
    Die Nacht war warm, auch um Mitternacht konnte man noch ohne Jacke draußen sitzen, und als um halb eins ein Ehepaar noch einmal aus seinem Appartement kam und verkündete, jetzt noch im Pool schwimmen zu gehen, verzweifelte Christine fast.
    Sie wurde immer nervöser.
    Normalerweise gingen Karl und sie gegen Mitternacht ins Bett und überließen es den Gästen, noch weiter zu feiern, zu reden und zu trinken, heute mussten sie jedoch warten, bis alle schliefen.
    Um zehn nach eins saß niemand mehr im Hof, Christine räumte die Gläser weg, nur das junge Paar badete noch. Am liebsten hätte Christine das Ventil geöffnet und das Wasser im Pool ablaufen lassen – so genervt war sie.
    Karl wirkte wesentlich gelassener. Vielleicht war er auch einfach nur völlig auf das konzentriert, was sie in dieser Nacht noch erledigen mussten.
    Raffael war nicht nach Hause gekommen, und sie gingen auch nicht davon aus, dass er noch auftauchte. Ein Auto hatte er nicht, und Gianni würde ihn sicher nicht nachts um zwei nach Hause fahren. Zumal sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Sienas Kneipen unsicher gemacht und ganz bestimmt nicht nur Mineralwasser getrunken hatten.
    Dass Raffael nicht plötzlich vor ihnen stehen würde, war zumindest ein Vorteil.
    Um halb zwei hatte sich endlich auch das Ehepaar verabschiedet und war in seinem Appartement verschwunden.
    Karl und Christine warteten noch eine halbe Stunde, bis in den Zimmern alle Lichter gelöscht waren, dann schlossen sie Paolas Wohnung auf.
    Im Zimmer war es stickig, warm und feucht. Wie in einem modrigen Keller, in dem es faulig roch. Die Scheiben waren beschlagen, und der süßlich stechende Geruch machte Christine zu schaffen. Sie drückte ein Taschentuch vors Gesicht und musste sich zusammenreißen, um sich nicht zu übergeben.
    Paolas Haut hatte sich leicht grünlich verfärbt. Die Leiche hatte nichts mehr mit der Paola zu tun, die sie einmal gekannt und gemocht hatten.
    Siedend heiß wurde Karl klar, dass er bereits einen Fehler gemacht hatte. Er raufte sich die Haare.
    Ich hätte sie gleich in ein Laken wickeln sollen, ich Idiot, heute Morgen, als es noch möglich war, dachte er verzweifelt. Denn jetzt hatte die Leichenstarre eingesetzt, Paolas Glieder waren steif wie Stamm und Äste eines Baumes.
    »Hol mir einen großen Hammer und ein Seil!«, flüsterte er.
    »Wozu?«
    »Bitte!« Eine weitere Erklärung gab er nicht, weil er davon ausging, dass Christine dann nicht tun würde, was er wollte.
    Christine rannte ins Magazin.
    Karl zog sich Handschuhe an, schob Paolas T-Shirt hoch und zählte zehn Messereinstiche.
    Hier hatte ein gefühlloser Mörder gewütet, und Karl konnte es nicht begreifen. Was war denn bloß mit dem Jungen los?
    Er musste der Tatsache ins Gesicht sehen, dass er ein Monster gezeugt hatte.
    Dann versuchte er, Paola in das Laken, auf dem sie lag, einzuwickeln. Das Problem war, dass ein Arm weit ausgestreckt auf dem Bett lag.
    Er wartete, bis Christine mit Hammer und Seil wiederkam.
    »Dreh dich um und sieh weg«, sagte er knapp.
    Dann schlug er zu.
    Er brach Paolas Schultergelenk, sodass sich der Arm anwinkeln ließ.
    »Sorry«, meinte er, »aber es musste sein.«
    Anschließend rollte er sie in ein weiteres, nicht blutiges Laken ein, drückte ihre leicht gespreizten Beine aneinander,

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