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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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schlang das Seil darum und bat Christine zu halten. Dann zog er mit aller Kraft zu und verschnürte sie, sodass sie schließlich wie ein schmales, längliches Paket vor ihnen lag.
    »Und nun?«, fragte Christine. »Wo willst du mit ihr hin?«
    »In den Weinkeller.«
    Christine riss entsetzt die Augen auf, wagte aber nicht zu widersprechen oder weiter zu fragen.
    »Ich trage sie«, sagte Karl. »Geh du immer vor und sieh, ob auch wirklich niemand unterwegs ist. Das ist jetzt das Allerwichtigste.«
    Beim Tragen der Leiche erwies sich die Leichenstarre als hilfreich. Es war leichter, einen starren als einen schlaffen Menschen zu tragen.
    Christine sah sich im Hof um und überprüfte, ob auch wirklich niemand am Fenster stand und in den Mond sah.
    Es war alles dunkel. Die Luft war rein.
    Sie lief zum Keller, öffnete die Tür weit, stellte zwei Wein kartons davor und winkte Karl.
    »Alles okay.«
    Karl wuchtete das schwere Paket über den Hof und verschwand im Weinkeller.
    Als er sich anschickte, Paola die steinerne Treppe hinunterzutragen, überwand Christine ihren Widerwillen und ihren Ekel und packte an den Füßen mit an.
    Jetzt ging es schneller und leichter, und ohne Probleme erreichten sie den hinteren Teil des Weinkellers mit den riesigen Fässern.
    »Wir tragen sie die Galerie hoch, legen sie dort ab, ich öffne das Zweitausendfünfhundertliterfass, und dann kippen wir sie von oben hinein. Alles klar?«
    »Das ist Wahnsinn, Karl.«
    »Vielleicht. Aber hast du eine bessere Idee? Kein Mensch wird sie in diesen Fässern suchen. Keiner. Das schwöre ich dir.«
    Christine schwieg.
    »Also los.«
    Bis zum Fass ging es leicht, aber dann war es schwer, die Leiche die schmale eiserne Treppe hinaufzuwuchten. Oben gab es rund um das Fass an der Wand eine ungefähr fünfzig Zentimeter breite Balustrade, auf die sie Paola legten. Dann öffnete Karl das Fass. Die Öffnung hatte einen Durchmesser von ebenfalls fünfzig Zentimetern. Jetzt, mit gebrochenen Knochen, passte die schmale Paola leicht hindurch.
    »Das Fass ist fast voll. Das ist günstig, sie wird vollständig im Wein untertauchen. Hilf mir mal!«
    Gemeinsam schoben sie Paola bis zur Fassöffnung.
    »So. Stopp. Halt sie fest! Halt sie ganz fest, okay? Dass sie auf keinen Fall runter- oder ins Fass fällt.«
    »Was machst du?«
    »Ich hole was.«
    Karl lief die Treppe hinunter und aus dem Keller, kam aber nach Sekunden mit einem etwa zwanzig Kilo schweren Stein, einem weiteren Seil und einer Tasche wieder. Er hob den Stein in die Tasche, verschloss und verknotete sie mit dem Seil, schleppte die Tasche hoch auf die Balustrade und schlang das Seil um Paolas Hals.
    »O mein Gott!«, stöhnte Christine.
    »Es sieht brutal aus, aber es muss sein. Und sie ist tot, Christine, bitte vergiss das nicht, sie ist tot! Und ich will nicht, dass die Leiche hochtreibt, wenn vielleicht doch mal irgendjemand das Fass öffnen sollte.«
    Anschließend kippte Karl den Leichnam leicht an, warf zuerst den Stein in das Fass und stemmte den Körper dann mit aller Kraft fast in die Senkrechte, bis er endlich ins Fass rutschte.
    Man hörte den Wein plätschern und blubbern, als Paola darin versank.
    Karl seufzte laut auf vor Erleichterung.
    Er wartete eine Weile. Dann schraubte er das Fass wieder zu.
    Schweigend kletterten Karl und Christine von der Balustrade.
    Christine fiel auf, dass Karl offensichtlich schon vorher ein Schild mit der Aufschrift Riserva an das Fass gehängt hatte, und Karl bemerkte ihren Blick.
    »Ich werde Emilio sagen, dass er den Wein auf keinen Fall verkaufen soll, weil ich ihn noch ein paar Jahre reifen lassen will.« Er grinste.
    Karl war sich absolut sicher, dass sich sein Angestellter, der sich nur um den Wein, den Weinkeller und den Verkauf kümmerte, niemals dieser Anweisung widersetzen und das Fass in Ruhe lassen würde, ohne die Anordnung zu hinterfragen.
    Paolas Leiche war verschwunden, und vorerst hatten sie Ruhe.
    Sie gingen wieder nach oben in den Turm.
    »Wie lange dauert es, bis sich eine Leiche im Wein vollkommen aufgelöst hat?«
    Karl zuckte mit den Schultern. »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
    »Und wir können ja auch niemanden fragen.«
    »Besser nicht. Außerdem – wer hat schon Erfahrung mit so was? Da findest du wahrscheinlich noch nicht mal Informationen im Internet.«
    »Wahrscheinlich schmeckt der Wein in ein paar Wochen scheußlich.«
    »Davon bin ich überzeugt. Aber was interessiert das? Du musst ihn ja nicht kosten.«
    Christine

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