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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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schüttelte sich. »Ich glaube, ich trinke nie wieder einen Schluck Wein.«
    »Das ist der größte Blödsinn, den ich je gehört habe. Komm, wir setzen uns noch ein bisschen. Im Moment können wir sowieso nicht schlafen.« Er legte den Arm um sie.
    »Karl, ich muss noch das Appartement sauber machen.«
    »Das hat Zeit bis morgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Carabinieri hier so bald auf der Matte stehen. Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie bei uns überhaupt jemals auf der Matte stehen.«
    Christine konnte es nicht verhindern. Sie drehte sich um und erbrach sich ins Spülbecken.
    Karl legte die Hand auf ihre Schulter und streichelte sie sanft.
    Christine nahm kurz darauf das Glas Wasser, das er ihr reichte, dankbar entgegen. Sie trank langsam, und es dauerte eine Weile, bis sie sich endlich entspannen konnte.
    Karl hatte ein riesiges Problem mal wieder wunderbar gelöst. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, Paola in den Rotwein zu kippen.
    Er war einfach ein toller Mann, und das wusste sie jetzt schon seit fast dreißig Jahren.

52
    Um kurz nach neun am nächsten Morgen rief Vasco an.
    Karl war am Apparat. Er hatte nur drei Stunden geschlafen, war aber keineswegs müde, sondern klar und hellwach. Fühlte sich beinahe ein bisschen überdreht und in der Lage, nicht nur Bäume, sondern einen ganzen Wald auszureißen.
    »Was gibt’s, Vasco?«
    »Ist Paola bei euch?«
    Vasco sprach tiefer und langsamer als sonst, und Karl spürte den unterdrückten Zorn in seiner Stimme.
    »Nein. Aber ich wollte dich heute sowieso anrufen. Es geht einfach nicht, dass Paola nicht zur Arbeit erscheint. Dass sie einfach zu Hause bleibt, ohne einen Ton zu sagen. Wir hatten vorgestern eine goldene Hochzeit und alle Hände voll zu tun, und wer nicht kommt, ist Paola! Das passt eigentlich gar nicht zu ihr!«
    Karl sprach schnell und gab sich Mühe, wütend und erbost zu klingen.
    Vasco war im ersten Moment baff. Damit hatte er nicht gerechnet.
    »Zu Hause ist sie auch nicht«, erklärte er schleppend. »Tja, nun, wir hatten vorgestern einen kleinen Streit, aber das ist doch kein Grund, einfach abzuhauen! Jetzt ist sie schon zwei Tage und Nächte weg, und ich dachte, sie ist bei euch.«
    »Nein, ist sie nicht. Wenn sie hier wäre, wäre es ja prima.«
    »Aber wo kann sie denn sein?« Vasco klang jetzt weinerlich. »Bei ihrer Tante in Radda hab ich schon angerufen. Da fährt sie manchmal hin. Aber da ist sie auch nicht.«
    »Dann kann ich dir nicht helfen, Vasco.«
    Karl hörte, dass Vasco am anderen Ende der Leitung anfing zu schnaufen. Die Weinerlichkeit war wie weggeblasen.
    »Weißt du was? Die Schlampe kann mir gestohlen bleiben. Und ich sag dir eins: Wenn sie nicht innerhalb der nächsten zwei Tage wieder auftaucht und mich auf Knien um Verzeihung bittet, dann kann sie bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und zwar für immer! Das lass ich mir von der Hure nicht bieten.«
    Karl zuckte zusammen, sagte aber nur: »Mach’s gut, Vasco. Wenn sie wiederkommt, schick sie hierher. Sofort! Hörst du? Sofort!«
    »Bin ja nicht taub«, knurrte Vasco und legte auf.
    So gründlich und sorgfältig hatte Christine in ihrem ganzen Leben noch nicht geputzt. Sie reinigte die Matratze mehrmals mit Teppichschaum, bis alle Flecken verschwunden waren, dann bezog sie das Bett neu. Den Bettvorleger saugte sie, reinigte ihn auch mit Teppichschaum und saugte ihn erneut. Den Fußboden säuberte sie mit Wasser und Putzmittel, dann wachste sie ihn. Alle glatten Flächen, wie Stühle, Tische, Fensterbänke, Spiegel, Türen, Türklinken und Fenster, wischte sie mit warmem Wasser ab und trocknete sie nach. Auch Badewanne, Dusche und Toilette schrubbte sie, als hinge ihr Leben davon ab.
    Anschließend war sie sehr zufrieden mit sich, aber völlig erschöpft.
    Mit einem Glas eiskaltem Zitronenwasser mit ein paar Blättern Minze, die hinter dem Haus wucherte, setzte sie sich auf die Terrasse, sah zur Kapelle und dachte daran, dass es erst zwei Tage her war, dass Don Lorenzo dort eine Messe gelesen hatte.
    Da war ihr Leben noch in Ordnung gewesen. Jetzt war nichts mehr so, wie es war. Die Welt war aus den Fugen.
    Sie trank ein paar Schlucke und schloss die Augen.
    Eine Viertelstunde später kamen Maria und Stella aus dem Haus und setzten sich zu Christine.
    »Ich würde gern Paolas Job übernehmen und immer auf Stella aufpassen«, erklärte Maria ohne große Vorrede und ohne jegliches Fingerspitzengefühl. »Ich glaube, wir verstehen uns gut, oder,

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