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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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irgendwann einmal zur Kur oder im Krankenhaus war, würde er auch keine Skrupel haben, an einem heißen Tag im Hochsommer im Ofen ein Feuer zu machen.
    Vom getrockneten Blut waren T-Shirt und Hose steif. Einen Augenblick lang hatte er überlegt, ob diese rotbraunen, mysteriösen Flecken nicht vielleicht doch Rotwein sein könnten – aber Rotweinflecke versteiften nicht den Stoff.
    Nein, es war eindeutig Blut.
    Jetzt musste er die Sachen anfassen. Und zwar nicht nur mit spitzen Fingern, sondern mit der ganzen Hand, um sie zusammenzuknüllen und in den Ofen zu stopfen. Zum Glück war die Lederjacke sommerlich leicht aus dünnem Nappaleder, sodass sie sich gut zusammendrücken ließ und nicht so viel Platz beanspruchte.
    Als er alle drei Kleidungsstücke in den Ofen gepresst und die Klappe auch noch problemlos wieder verschlossen hatte, war er unsagbar erleichtert.
    Das, was ihm Angst machte, war unsichtbar geworden. Einfach verschwunden. Es stand ihm nicht mehr permanent vor Augen, jetzt konnte er versuchen, nicht mehr daran zu denken.
    Aber er zweifelte daran, jemals wieder gut schlafen zu können, solange er nicht wusste, was geschehen war oder was er getan hatte.

5
    Lilo stand am Herd und kochte Gemüsesuppe mit Rindfleisch.
    Raffael zuckte regelrecht zusammen, als er im Gegenlicht ihren schmalen Rücken sah, und steckte die Zigarette weg, die er sich gerade anzünden wollte.
    Sie drehte sich um und lächelte, als sie ihn hereinkommen hörte.
    »Hallo, Raffael«, sagte sie. »Schon ausgeschlafen?«
    »Nicht wirklich«, antwortete er, »aber ich muss gleich wieder ins Theater. Scheißumbau zu Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung .«
    Lilo nickte. »Wie war Romeo und Julia ?«
    »Ach, na ja … Ich weiß nicht. Schade, dass du nicht da warst.«
    Lilo seufzte. »Ich war auch ganz unglücklich, denn ich liebe dieses Stück. Ich hab es in meinem Leben schon x-mal gesehen, und ich seh es immer wieder gern. Aber dreieinhalb Stunden sitzen – das schaff ich nicht mehr.«
    »Ich weiß. Aber schade war’s trotzdem.« Raffael goss Wasser in die Kaffeemaschine, füllte Kaffee in den Filter und schaltete sie an. Er hatte eigentlich keine Lust, noch länger übers Theater zu reden, er hatte jetzt überhaupt keine Lust, mit Lilo zu reden, ihm gingen ganz andere Dinge durch den Kopf, aber sie ließ nicht locker.
    »Erzähl doch mal ein bisschen! Ich bin wach geworden, als du nach Hause gekommen bist. So gegen halb fünf. Das muss ja eine ziemlich lange Premierenfeier gewesen sein.«
    Halb fünf. Du meine Güte! Hatten sie so lange bei Erika in der Kantine gesessen und gesoffen, oder wo war er gewesen?
    »Mein Gott«, kicherte Lilo, »ich war ja auch mal jung und hab die Nächte durchgefeiert.«
    Raffaels Gedanken rasten, während er mit zitternden Händen im Küchenschrank nach einer Tasse suchte und die Maschine noch weiterarbeitete.
    War er nach dem Besäufnis mit Bruno und Joachim etwa noch einmal um die Häuser gezogen? Aber wohin ging man nachts um zwei oder drei oder vier, wenn man total betrunken war?
    Er musste unbedingt ins Theater! So schnell wie möglich.
    »Du kannst morgens auch noch nicht reden, was?«, fragte Lilo plötzlich. »Dabei bin ich so schrecklich neugierig. Denn bei ’ner Premiere passiert doch immer was!«
    »Später, Lilo. Wenn wir ein bisschen mehr Zeit haben. Ich muss jetzt gleich los.«
    Lilo schüttelte den Kopf. »Junge, du musst doch aber erst mal was essen! Du hast ja noch gar nichts gefrühstückt! Soll ich dir ein paar Brötchen oder ein Stück Kuchen in der Mikrowelle auftauen?«
    »Nein!« Raffael wirkte jetzt richtig gehetzt. »Lass mich in Frieden! Ich hab keinen Hunger.«
    »Aber das ist nicht gut! Du kannst nicht immer nur trinken! Kaffee, Schnaps oder Bier. Damit machst du dich kaputt!«
    »Ich will, dass du mich überlebst, Lilo«, meinte Raffael, und es gelang ihm sogar ein Grinsen. Er schenkte sich Kaffee ein, trank ihn in einem Zug aus und stellte den Becher in die Spüle. »Mach’s gut. Bis später!«
    Damit war er wieder in seinem Zimmer verschwunden.
    Ratlos sah ihm Lilo hinterher.
    Raffael war nie da, er war so wenig greifbar. Vollkommen unberechenbar. Es war fast unmöglich, sich mit ihm zu verabreden. Mal war er vierundzwanzig Stunden verschwunden, dann tauchte er plötzlich auf und schloss sich zwei Tage in seinem Zimmer ein. Mal war er mürrisch und schlecht gelaunt und redete kein Wort, aber dann gab es Tage, an denen er sich zu ihr setzte und scheinbar alle Zeit

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