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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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noch, wie er von außen abschloss, und fragte sich, ob diese ungewöhnlich lange Verabschiedung vielleicht ein Zeichen war, dass er nicht vorhatte, so schnell wieder zurückzukehren.
    Gegen acht Uhr abends verließ er die Wohnung.
    In Lilos Zimmer war es still. Wahrscheinlich schlief sie jetzt. Oder sie starrte an die Decke. Was sollte sie auch machen?
    Raffael fühlte sich ausgesprochen gut. Er war frei, sie konnte ihn nicht mehr kontrollieren und irgendwelche Ausbruchsversuche starten.
    Als er auf dem Weg zu Käthes kleine Kneipe war, rief Bruno an.
    »Hi, hier is’ Bruno, wie geht’s denn so?«
    »So lala.«
    »Is ’ne Sauerei, dass der Alte dich rausgeschmissen hat.«
    »Du sagst es.«
    »Ich hab heute frei. Wie sieht’s aus, hast du Lust auf ein Spielchen?«
    Raffael überlegte kurz, dann sagte er: »Ja klar, warum nicht?«
    »In ’ner Stunde in der Knesebeck?«
    »Okay.«
    Raffael trank noch ein schnelles Bier bei Käthe, dann ging er zurück nach Hause, um das Geld zu holen, das er Lilo weggenommen hatte.
    In der Wohnung war es immer noch unverändert still. Er steckte seine Sonnenbrille und die fünfhundert Euro ein und machte sich auf den Weg in die Knesebeckstraße.
    Er fühlte sich großartig, das war die Voraussetzung für eine gelungene Pokerpartie, und schließlich war es nicht verkehrt, aus fünfhundert vielleicht tausend Euro oder mehr zu machen.
    Als er kam, wartete Bruno bereits vor dem Haus, in dem der illegale Spielclub im vierten Stock lag und nach außen hin als Werbeagentur getarnt war.
    Raffael klingelte.
    »Ja?«, fragte eine Stimme hinter der Tür.
    »Raffael und Bruno«, sagte Raffael, und die Tür wurde aufgemacht.
    »Kommt rein.« Sergiu war Rumäne und der Chef des Clubs. Er kannte Raffael und Bruno, weil sie schon einige Male da gewesen waren. Sie spielten zwar nur um kleinere Beträge, hatten aber noch nie Ärger gemacht. Und das war Sergiu wichtig.
    »Wollt ihr was trinken?«
    »Ja. Zwei Bier«, antwortete Bruno ziemlich schnell. »Ich lad dich ein, Raffael. Bist ’ne arme Socke, so ohne Job.«
    »Okay. Wenn ich gewinne, revanchier’ ich mich.«
    Sie stellten sich an die Hausbar und sahen sich um. An fünf Tischen wurde gespielt.
    Sergiu schob ihnen die Biere rüber. »Ihr könnt da hinten an den Vierertisch mit ran. Wir spielen wie immer: Mindesteinsatz fünf Euro, davon ein Euro Rake , die Firma dankt. Raked hand versteht sich von selbst.«
    Das war etwas, was Raffael aufregte. Dass man auch zahlen musste, wenn man nur Karten erhalten hatte und gar nicht vorhatte, zu setzen und das Spiel mitzuspielen. Weil man einfach ein Scheißblatt auf der Hand hatte. Seiner Meinung nach war Raked hand Halsabschneiderei, aber so war es eben. Die illegalen Spielclubbetreiber waren alle Verbrecher.
    »Ansonsten Five Card Draw, Pot Limit . Aber das ist ja nichts Neues für euch.«
    Das bedeutete, dass alle Karten verdeckt gegeben wurden und man als Höchstgrenze nur so viel setzen durfte, wie bereits im Pot war. Damit wurde verhindert, dass jemand mit hunderttausend Euro aufkreuzte, immer oder oftmals alles setzte, und niemand war in der Lage mitzugehen. Damit machte er das Spiel kaputt, konnte jedoch die Einsätze einstreichen.
    Diese Pot-Limit -Regel fand Raffael durchaus sinnvoll.
    Aber bei einem Einsatz von fünf Euro pro Spiel konnte er mit fünfhundert Euro keine großen Einsätze machen. Es war wichtig, schnell zu gewinnen, sonst war der Spaß nach einer halben Stunde vorbei.
    Er setzte seine Sonnenbrille auf, damit niemand seine Mimik studieren, das Entsetzen in seinen Augen oder das hoffnungsvolle Flackern sehen konnte. Aber er achtete darauf, dass er seine Karten so hielt, dass sie sich nicht in seiner Brille spiegeln konnten.
    Doch es nutzte nicht viel. Bei den ersten fünf Spielen hatte er bis auf ein einziges Pärchen nichts vorzuweisen, und er spürte, wie er bereits sauer wurde. Und es gab eine Binsenweisheit beim Glücksspiel: Wer sich aufregte, ärgerte oder wütend wurde, bekam nur noch schlechte Karten und verlor.
    Es war zum Verrücktwerden, aber so war es. Mit positivem Denken versuchte er sein Schicksal auszutricksen, versuchte sich selbst vorzuspielen, dass er gar keine schlechte Laune hatte, sondern nur Lust am Spiel und absolute Gelassenheit gegenüber seinen Konkurrenten.
    Neben Bruno, der sich wacker mit mittelmäßigen Blättern über Wasser hielt, saßen am Tisch noch zwei Türken, ein Deutscher und ein Chinese, der aber so hervorragend Deutsch sprach – beinah

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