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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Etablissement betreten dürfen.
    Es war Brunos Schuld. Hätte der ihn nicht angerufen und dazu gedrängt, wäre alles anders gekommen.
    Am Donnerstag schlief er bis zum Nachmittag, dann stand er auf, holte sich zwei Tiefkühlpizzen, sechs Bier, drei Flaschen Sekt und eine Flasche Wodka und fing gegen Abend an zu saufen.
    Dieser elende Betrüger, dieser widerliche Chinese ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, und je mehr er in sich hineinschüttete, umso saurer wurde er. Er ärgerte sich, dass er sich so einfach hatte austricksen lassen. Er hätte den kleinen Chinesen nehmen und zusammenschlagen sollen. Das wäre das einzig Richtige gewesen, aber so hatte er sich benommen wie ein Weichei, wie ein braves Kind, das nichts hinterfragt, sondern alles tut, was die Mami sagt. Er hätte diesen ganzen Scheißladen kaputt schlagen sollen. Oder die Polizei rufen, um das ganze Gesocks auffliegen zu lassen. Ganz egal. Alles wäre besser gewesen, als zu kuschen und sich von Verbrechern ausnehmen zu lassen.
    Er dachte an nichts anderes und soff zwölf Stunden, bis er nicht mehr denken konnte und, nachdem er sich ein paarmal übergeben hatte, halb ohnmächtig einschlief.
    Als er erwachte, war es Freitagabend, zehn nach sieben.
    O Mann, dachte er und versuchte zu sortieren, was in den letzten vierundzwanzig Stunden geschehen war, aber in seiner Erinnerung war nur noch grauer, dicker Nebel.
    Wie Messerstiche schoss ihm der Schmerz durch die Schläfen, als er sich schwerfällig aufsetzte, und er überlegte, ob er nicht einfach im Bett bleiben und noch weitere zwölf Stunden schlafen sollte, bis diese elenden Kopfschmerzen aufhörten.
    Er schloss die Augen.
    Und da fiel ihm Lilo ein. Verflucht. Wie lange war er nicht bei ihr gewesen? Einen Tag, zwei oder drei Tage?
    Er wusste es beim besten Willen nicht mehr.
    Hoffentlich lebte die Alte überhaupt noch.
    Keine Chance, er musste aufstehen.
    Mühsam kämpfte er sich hoch. Die Stiche im Kopf wurden stärker. Alles tat ihm weh. Die Knochen, die Muskeln …, und er schleppte sich ins Bad wie ein alter Mann.
    Unter der Dusche kam er allmählich wieder zu sich, und die Stiche im Kopf wurden zu einem Dauerschmerz. Außerdem war ihm übel, und er hatte ständig das Gefühl, kotzen zu müssen.
    Raffael beugte sich über die Kloschüssel, öffnete den Mund weit und streckte die Zunge heraus. Aber da kam nichts.
    Okay, dachte er, dann nicht. Dann ist mir eben einfach nur übel. Vielleicht brauche ich einen Kaffee.
    In seinem Zimmer zog er sich an und schmierte sich jede Menge Nivea-Creme ins Gesicht. Seine Haut fühlte sich an wie trockenes, rissiges Packpapier. Dann ging er in die Küche.
    Im ersten Moment wunderte er sich, dass die Küche leer und Lilo nicht da war, aber dann fiel es ihm wieder ein. Richtig, sie lag ja in ihrer Scheiße und wartete auf ihn.
    Er warf die Kaffeemaschine an und sah in den Kühlschrank, ob es da irgendetwas gab, auf das er Appetit hatte und was ihm über seine Übelkeit hinweghelfen könnte. Aber da war nichts. Gar nichts. Der Kühlschrank war leer. Im Grunde konnte er ihn auch ausschalten.
    Zum Kaffee aß er Knäckebrot mit Marmelade. Die Erdbeermarmelade war zwar verschimmelt, aber das störte ihn nicht. Immerhin war der Schimmel nicht zu schmecken.
    Gedankenverloren stand er anschließend am Fenster und sah hinaus.
    Es war verdammt warm, und Raffael öffnete das Fenster weit.
    Die Sonne war noch nicht untergegangen, in die Straße fiel ein warmes, orangefarbenes Licht, und ein lauer Wind wehte ins Zimmer. Er konnte den Sommergeruch nicht deuten und überlegte, ob es der Duft von Kastanien oder dem Staub der Straße war, und erinnerte sich daran, wie oft er schon eine Welle des Glücks gespürt hatte, wenn sich der Sommer so offensichtlich ankündigte …
    … als er den schwarzen Audi sah, der vor dem Haus in die Einfahrt fuhr.
    Und erst in diesem Moment dachte er wieder daran. Erst jetzt fiel es ihm wieder ein.
    Verdammte Scheiße. Es war Freitag. Er sah auf die Uhr. Zwanzig Uhr und drei Minuten. Die Arschlöcher waren gekommen, die sechstausendzweihundertfünfzig Euro zu holen, die er Sergiu schuldete. Mammamia. Der Karton mit dem Geld war noch in Lilos Zimmer, er hatte überhaupt nicht daran gedacht, ihn schon mal herauszuholen, er hatte es im Suff vergeigt, jetzt musste er sich beeilen.
    Ihm brach der Schweiß aus.
    Er raste den Flur entlang und schloss Lilos Zimmertür auf.
    Sie hatte wieder fest geschlafen und schreckte hoch, als er plötzlich vor ihr

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