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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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wie Sergiu –, als wäre es seine Muttersprache.
    Und der Chinese räumte sanft lächelnd ab. Gewann fast jedes Spiel.
    Mit den Hundefressern sollte man sich nicht einlassen, dachte Raffael und überlegte gerade, vielleicht sogar den Tisch zu wechseln, als er ein sensationelles Blatt bekam. Einen Nut Flush Draw , das hieß: nur noch eine Karte fehlte ihm zum Straight Flush oder zum Royal Flush . Er hatte Herz-König, Herz-Dame, Herz-Bube, Herz-Zehn in der Hand, und dazu ein Pik-Ass. Mit einem Herz-Ass wäre es ein Royal Flush .
    Raffael konnte es nicht verhindern, dass er anfing zu zittern und ungewöhnlich ernst und konzentriert aussah, obwohl er gleichgültig rüberkommen wollte.
    Er gab nur eine Karte, das Pik-Ass, weg, was von den Mitspielern sehr wohl registriert wurde. Es war selten, dass jemand, der bisher nur mit Verliererblättern und dem ständigen Kaufen von zwei Karten auf sich aufmerksam gemacht hatte, plötzlich nur eine Karte kaufte, die Albernheiten sein ließ und sein Blatt anstierte, als wäre es der Goldschatz der Bundesbank.
    Raffael bekam eine neue Karte und konnte sich kaum noch unter Kontrolle behalten. Es war die Herz-Neun. Am liebsten hätte er laut geschrien, gejubelt und getanzt. Es war zwar kein Royal Flush geworden, aber er hatte einen Straight Flush! So eine Situation erlebten eingefleischte Poker-Spieler eventuell ihr ganzes Leben nicht.
    Aber er, Raffael Herbrecht, Glückskind, hatte ein Traumblatt, so etwas hatte er noch nie in seiner Hand gesehen, am liebsten hätte er es fotografiert.
    Der Schweiß brach ihm aus. Jetzt kam es darauf an, seinen Mitspielern zu signalisieren, dass er zwar mitging, aber nichts Besonderes auf der Hand hatte.
    Aber das stellte sich als Problem dar, da er bisher nur zögerlich mitgegangen und nur zaghaft Einsätze gezahlt hatte. Plötzlich wollte er bereitwillig einsetzen und konnte sich kaum noch zurückhalten. Und Raffael verfluchte sein Scheißleben, in dem er nicht mehr als fünfhundert Euro zur Verfügung hatte. Am liebsten hätte er eine Million auf sein sensationelles Blatt gesetzt.
    Drei Runden liefen ganz normal, die Einsätze waren relativ moderat, und Raffael schaffte es mit Müh und Not, so unauffällig wie möglich mitzuhalten. Obwohl der Chinese Raffael argwöhnisch beobachtete und sich seine ohnehin schon schmalen Augen in feine Striche verwandelten. Unvorstellbar, dass er so überhaupt noch irgendetwas sehen konnte, dachte Raffael.
    Dann war Raffaels Geld verbraucht, und unter normalen Umständen hätte er passen und aussteigen müssen.
    »Kannst du mir was pumpen?«, zischte er Bruno zu, aber dieser schüttelte den Kopf.
    »Ich bin auch fast blank.«
    »Sergiu!«, rief Raffael ungeachtet jeder Pokertaktik. »Ich möchte weiterspielen, aber bin ein bisschen klamm. Was kannst du mir geben?«
    Sergiu grinste. »Fünftausend. Weniger geht nicht.«
    Raffael schluckte. So viel Geld hatte er noch nie auf einem Haufen gesehen. Aber dieses Spiel war die Chance seines Lebens. Er durfte jetzt nicht ängstlich werden und zurückzucken.
    »Okay. Gib’s mir.«
    Das Spiel wurde unterbrochen. Der Chinese bestellte sich ein Glas Wasser, die Übrigen saßen stumm da, legten ihre Hände auf den Tisch und dachten sich ihren Teil. Während eines Spiels durfte keiner der Beteiligten auf die Toilette gehen.
    Sergiu verschwand im Hinterzimmer und kam nur zwei Minuten später mit einem Stapel Banknoten wieder. Hundert Scheine à zehn Euro, hundert à zwanzig und vierzig à fünfzig. Der Stapel vor ihm erschien Raffael weniger hoch, als er gedacht hatte, aber er wollte sich keine Blöße geben, dankte Sergiu und zählte noch nicht einmal nach. Er vertraute Sergiu nicht, aber bei der Zählerei wäre er sich albern vorgekommen und befürchtete, seine Mitspieler zu lange auf die Folter zu spannen. Es war sowieso schon allzu offensichtlich, dass er ein Spitzenblatt in der Hand hatte.
    »Spinnst du?«, raunte Bruno, aber Raffael reagierte nicht.
    Die Runden gingen weiter. Einer nach dem andern stieg aus. Bald waren nur noch Raffael und der Chinese im Spiel. Im Pot lagen achttausenddreihundert Euro.
    Raffael hatte noch eintausendachthundert Euro vor sich und wagte einen All In , das heißt, er setzte alles. Sein gesamtes geliehenes Geld. Auf der einen Seite war er das Katz-und-Maus-Spielchen leid, konnte die innere Spannung nicht länger ertragen, auf der anderen Seite hoffte er, den Chinesen durch den Vorstoß schocken und zum Aussteigen bewegen zu können.
    Aber der

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